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05.06.2013 Mietpreisbremse verschärft Wohnungsknappheit in Ballungszentren

Die politischen Forderungen nach mehr Regulierung bei Wohnungsmieten und der Einführung einer Vermögensteuer könnten die deutschen Immobilienmärkte erheblich belasten. Vor allem die aktuellen Vorschläge zur Mietpreisdeckelung wirken kontraproduktiv und führen zu einer Schieflage im Wohnungsmarkt. Das geht aus dem Gutachten „Immobilienpolitik 2013“ des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) im Auftrag des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) hervor, das heute auf dem „Tag der Immobilienwirtschaft“ in Berlin vorgestellt wurde. Das IW Köln hat die Positionen der Parteien CDU, CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bundestagswahlkampf zu den Themen Mietregulierung, Mietrecht, Subjekt- bzw. Objektförderung, Klimapolitik, Maklergebühren, Vermögen- und Grundsteuer verglichen und aus ökonomischer Sicht bewertet.

„Die Wohnungspolitik erlebt derzeit ein Comeback unter den großen Parteien. Beherrschend ist dabei das konsensfähige Ziel, die Wohnkostenbelastung zu verringern. Die Konzepte sind allerdings unbrauchbar. Einige politische Forderungen suggerieren den Wählern einfache und schnelle Lösungsmöglichkeiten. Wie in anderen Politikfeldern auch, gibt es jedoch auch in der Immobilienpolitik keine einfachen Rezepte“, erläutert Prof. Dr. Michael Voigtländer, IW-Leiter des Kompetenzfelds Immobilienökonomik und Mitautor des Gutachtens.

Begrenzung von Neuvertragsmieten verschärft Wohnungsknappheit
Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Grünen und der SPD geforderte Mietpreisbegrenzung würden den gerade wiederbelebten Wohnungsbau abwürgen, zu steigenden Mieten und einer Wohnungsnot in den deutschen Großstädten führen, warnt auch der ZIA. Eine Deckelung der Neuvertragsmieten würde es Wohnungsunternehmen nahezu unmöglich machen, in den Neubau zu investieren. „Wir appellieren an die Parteien, zugunsten des Gemeinwohls aller Bürger im Bundestagswahlkampf von populistischen Forderungen Abstand zu nehmen und in den Dialog zu realistischen und wirtschaftlichen Konsequenzen politischer Entscheidungen wieder einzutreten“, sagt ZIA-Präsident Andreas Mattner.

In den stark wachsenden deutschen Großstädten sind die Wohnungsmieten in den vergangenen Jahren gestiegen, weil der Neubau zuvor aufgrund der immer strenger staatlich reglementierend ausgerichteten Wohnungspolitik stark eingebrochen war. Während 1996 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes noch rund 292.000 neue Wohnungen (Gebäude mit 3 Wohnungen und mehr) in Deutschland geschaffen wurden, waren es im Jahr 2008 lediglich rund 55.000. Zuletzt zog der Wohnungsneubau wieder leicht an. Im vergangenen Jahr wurde der Bau von insgesamt 96.000 neuen Wohnungen (Gebäude mit 3 Wohnungen und mehr) genehmigt. Laut Experten müssten allein in Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten bis zu 250.000 Wohnungen gebaut werden, um eine Wohnungsnot zu verhindern.

„Bauen ist immer besser als regulieren. Durch eine Mietpreisbremse würde die ohnehin unzureichende Neubautätigkeit erneut massiv abgewürgt“, warnt Mattner. Ohne Aussicht auf kostendeckende Mieten seien Investoren und Wohnungsgesellschaften nicht bereit, Milliardenbeträge für die Schaffung neuen Wohnraums aufzubringen. „Als Folge wird sich das Wohnungsangebot in den Großstädten mit ihren stark wachsenden Einwohnerzahlen weiter verknappen“, so Mattner weiter. Dies würde zwangsläufig zu weiteren Mietsteigerungen führen und könnte letztendlich in einer neuen Wohnungsnot enden. Die Leidtragenden wären gerade die Bevölkerungsschichten, die sich steigende Mieten nicht leisten können und damit an die Stadtränder gedrängt würden. „Die Politik darf den Preismechanismus der Märkte nicht ausschalten, diese müssen vielmehr gesteuert werden“, so Mattner. Das bestätigt auch IW-Experte Voigtländer: „Alle internationalen Erfahrungen zeigen, dass solche Regulierungen sich gegen die Mieter wenden, weil sie dringend benötigte Neubauanreize nehmen und damit die Wohnungsknappheit verstärken. Somit wird es für die Mieter noch schwieriger eine neue Wohnung zu finden. Die Schieflage im Wohnungsmarkt wird damit verschlimmert, so dass der eigentlich intendierte Schutz der Mieter vor steigenden Mieten unterlaufen wird“, sagt Voigtländer.

Nach den Vorstellungen der SPD soll beispielsweise eine Mietpreisbremse bei Neuvermietungen von Bestandswohnungen die Mieten auf mit maximal zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete begrenzen. Dies würde auch bei Neubauten greifen, sobald der Erstmieter auszieht. Jedoch liegt die örtliche Vergleichsmiete in vielen Städten deutlich unter dem Mietniveau, die bei der Erstvermietung von Neubauten erzielt werden muss, um die hohen Neubaukosten überhaupt tragen zu können. „Eine solche Mietpreisbremse würde dazu führen, dass Wohnungsunternehmen bei Neubauten vom ersten Mieterwechsel an Verluste schreiben“, sagt Mattner. Aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots und des Insolvenzrechts wäre es daher Wohnungsgesellschaften untersagt, unter diesen Umständen in den Neubau zu investieren.

Hohe Grundstückspreise und steigende Baukosten
Aufgrund der hohen Grundstückspreise und der seit Jahren steigenden Baukosten können in Großstädten selbst in mittleren Lagen neue Wohnungen nur noch zu Preisen erstellt werden, die beim Erstbezug eine Kaltmiete von neun bis zehn Euro pro Quadratmeter erforderlich machen. Hingegen liegen die Vergleichsmieten in diesen Quartieren meist bei rund sieben Euro pro Quadratmeter. Bei der Anschlussvermietung nach dem ersten Mieterwechsel wären Wohnungsgesellschaften in diesen Fällen gezwungen, ihre Mietforderung auf maximal 7,70 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen. Dies würde einem Verlust von 2,30 Euro pro Quadratmeter und Monat entsprechen. „Die Wohnungsunternehmen würden somit durch Neubauten direkt auf ihre Insolvenz zusteuern“, erläutert der ZIA-Präsident weiter. Wesentliche Ursache der hohen Neubaukosten sind neben hohen Grundstückspreisen die seit 2002 dreimal um jeweils 30 Prozent verschärften Auflagen der Energieeinsparverordnung.

Vermögensteuer macht Mieten teurer und belastet Mittelständler
Das IW warnt in seinem Gutachten zudem vor einer Wiedereinführung der Vermögensteuer. Derzeit trifft Sie aufgrund der angedachten Freibeträge hauptsächlich Immobilienunternehmen, und zwar nahezu vollständig, da für juristische Personen (GmbHs, Aktiengesellschaften etc.) keine Freibeträge, sondern nur eine niedrige Vermögensfreigrenze in Höhe von 200.000 Euro vorgesehen ist. „Insgesamt verringert eine Vermögensteuer die Attraktivität für Investitionen in die Wohnungsmärkte, was aufgrund der Knappheiten in den Ballungszentren und den Herausforderungen der Energiewende kontraproduktiv ist“, schreiben die IW-Autoren im Gutachten.

Auch sei davon auszugehen, dass die Steuer in den stabilen Wohnungsmärkten langfristig zu einem Großteil auf die Mieten umgelegt wird. „Je nach Preis-Miet-Relation in einer Stadt, kann dieses zu einem Anstieg der Mieten in einer Größenordnung von 15 Prozent bis 25 Prozent führen“, erklärt IW-Experte Voigtländer die möglichen Folgen. „Die Vermögensteuer macht Mieten teurer“, bringt es Mattner auf den Punkt. Mindestens genauso schwerwiegend wirkt die Vermögensteuer laut IW in strukturschwachen Regionen. Dort erzielen Vermieter mit den Wohnungen oftmals keine Erträge. Fällt nun die Vermögensteuer an, müssen die Zahlungen aus der Substanz beglichen werden. Die Folge könnten zahlreiche Verkäufe sein, die den Preisrutsch noch verstärken, Instandsetzungs- und Modernisierungsinvestitionen erschweren und in letzter Konsequenz zu einem drastischen Rückgang der Qualität der Bausubstanz in Deutschland führen wird. „Generell ist die Politik einseitig bei dem Blick auf die Wohnungsmärkte. Aktuell leben in den von Preissteigerungen betroffenen Regionen weniger als 20 Prozent der Bundesbürger. Schrumpfung und Leerstand sind wesentlich gewichtigere Probleme im deutschen Wohnungsmarkt, doch wie die Politik hierauf reagieren will, bleibt bei allen Parteien offen“, kritisiert Voigtländer. Auch ZIA-Präsident Mattner warnt vor den unkalkulierbaren Effekten: „Die privaten und öffentlichen Wohnungsunternehmen verfügen mit ihren insgesamt 6,8 Millionen Wohnungen über 17 Prozent aller vermieteten Wohnungen. Die Vorschläge zur Wiedereinführung der Vermögensteuer sind Gift für Investitionen und werden vor allem diese mittelständischen Unternehmen schwächen. Als Folge wird die deutsche Wohnungswirtschaft weniger in Neubau, energetischer Sanierung und Instandhaltung investieren können. Aufgrund der Wohnungsengpässe in den Ballungszentren und den Herausforderungen der Energiewende ist das kontraproduktiv. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, sollten die Kommunen ausreichend Bauland zu vernünftigen Preisen ausweisen, die Grunderwerbsteuer als Teil der Erwerbsnebenkosten senken, die Genehmigungsverfahren beschleunigen und unnötige Bürokratiehürden abbauen“, fordert Mattner.


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