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27.09.2013 DAX & Co: Kommt die Jahresendrally?

Der DAX erklimmt ein Allzeithoch nach dem anderen – dabei kommen die empirisch gesehen stärksten Monate des Börsenjahres erst noch. Hat Deutschland wichtigster Aktienindex überhaupt noch Atem für eine Jahresendrally oder straft er die Statistik in diesem Jahr lügen? Welche Entwicklungen können die Treiber für weitere Kursaufschwünge sein? Renommierte Vermögensverwalter, Fondsmanager und Strategen geben Antworten.

„Aktien der Euro-Zone sind vergleichsweise stark unterbewertet – wir sehen noch genügend Luft nach oben“ Arndt Kussmann, Leiter Finanzanalyse der quirin bank AG:

„Bedingt durch die Euro-Krise ist der Euro Stoxx 50 gegenüber anderen wichtigen Aktienindizes in den vergangenen Jahren spürbar ins Hintertreffen geraten. Zwar ist die Euro-Krise wahrlich noch nicht ad acta gelegt, es mehren sich aber die Anzeichen dafür, dass der Euro Stoxx seinen signifikanten Rückstand kurz- bis mittelfristig zumindest verkürzen kann. Dafür spricht, dass der Euro-Raum in seiner Gesamtheit im zweiten Quartal 2013 das erste Mal seit Ende 2011 wieder Wachstum verzeichnet. Konjunkturindikatoren wie freundliche Einkaufsmanagerindizes deuten darauf hin, dass die Euro-Zone erstmals seit langer Zeit eine reelle Chance auf eine positive Wirtschaftsentwicklung besitzt. Zudem ist eine Verbesserung der Kreditbedingungen für viele Unternehmen zu verspüren und es wirken sich die in den vergangenen Monaten umgesetzten Strukturreformen positiv aus. Vielen Unternehmen geht es mittlerweile strukturell besser als noch vor der Krise und die Firmenbilanzen sind – mit Ausnahme der Banken – mehrheitlich solide. Vor allem Industrieunternehmen arbeiten (wieder) profitabel und produzieren Überschüsse.
Zudem sind wir von einer generell euphorischen Stimmung für Euro-Aktien derzeit noch weit entfernt. Der Stimmungsumschwung scheint noch nicht allzu ausgeprägt zu sein und steht gerade erst am Beginn. Das ist positiv zu werten, denn Euphorie ist oftmals ein Kontraindikator und markiert den Beginn von Gewinnmitnahmen an den Aktienmärkten.
Trotz der zusehends verbesserten Aussichten sind die Aktien der Euro-Zone im globalen Vergleich unterbewertet – sowohl große Standard- als auch Nebenwerte. Wir sehen für marktbreite europäische Aktienindizes – wie den Euro Stoxx 50 – daher noch genügend Luft nach oben. Zu unseren regionalen Favoriten zählt weiterhin der deutsche Aktienmarkt, auch wenn der DAX reif ist für eine Verschnaufpause.“

„Das Potenzial für neue Hochs ist da, aber es ist auch Vorsicht geboten“ Anja Welz, Vorstand der Laureus AG Privat Finanz:

„Verkehrte Welt – die wirtschaftliche Entwicklung in den USA und Europa ist weiterhin instabil und die Aktienkurse steigen auf ein Allzeithoch. Nach wie vor wird der DAX stark von den Entwicklungen in den USA beeinflusst. Das Signal der Fed, an der lockeren Zinspolitik festzuhalten, wird sicherlich noch zu weiteren kurzfristigen Kursanstiegen führen. Denn es mangelt an Alternativen, da mit Staats- oder Unternehmensanleihen kaum noch eine Rendite oberhalb der Inflationsrate zu verdienen ist. Darüber hinaus sind Aktien trotz der aktuelle Höchstkurse vergleichsweise niedrig bewertet. Es kann also gut sein, dass der DAX die 9.000 Punkte testet. Aufgrund der aktuellen Unwägbarkeiten wie dem Syrien-Konflikt oder zum Beispiel der Frage, wann die US-Notenbank ihre Politik umschwenken wird, ist jedoch auch Vorsicht geboten.“

Jahresendrally eher in den Schwellenländern: „Die aktuellen Marktsignale deuten auf einen guten Einstiegszeitpunkt hin.“ George Iwanicki, Schwellenländer-Stratege bei J.P. Morgan Asset Management:

„Die etablierten Märkte sind gut gelaufen, die Schwellenländer hängen zurück. Doch sind die Marktsignale in den Emerging Markets positiv, es wäre sogar eine Jahresendrally möglich.
Wir gehen davon aus, dass sich im weiteren Verlauf des Jahres ein Aufwärtstrend in den Schwellenländern einstellen dürfte und sich dort attraktive Anlagechancen bieten. Derzeit stecken die Märkte in den Schwellenländern gleichwohl in einem Umfeld fest, in dem wenig Momentum aus der Gewinnsituation der Unternehmen kommt. Auch die Rahmenbedingungen sind schwierig: So hat erstens die US-Notenbank angekündigt, das quantitative Lockerungsprogramm zurückzufahren. Zweitens will die chinesische Regierung der Kreditvergabe außerhalb des Bankensektors einen Riegel vorschieben. Das erste sorgt für schwächere Leistungsbilanzen bis hin zu Defiziten, das zweite verzögert die Erholung in den Schwellenländern. So negativ die Nachrichten aber auch sein mögen, sie stellen keinen Grund für eine Krise dar. Die Bewertungen befinden sich jedoch auf Krisenniveau. Historisch gesehen wurden Anleger bei diesen Niveaus dafür entlohnt, in die Anlageklasse zu investieren. Aus unserer Sicht deuten die aktuellen Marktsignale für längerfristige Anleger einen guten Einstiegszeitpunkt an: Die Schwellenländer sind eine junge Anlageklasse und entsprechend volatiler und zyklischer als die entwickelten Märkte. Es ist normal, dass sich das auch auf die Gewinne auswirkt. Und dann könnte es in den Emerging Markets sehr gut zu einer Jahresendrally kommen.“

„Überraschungen sind an der Börse jederzeit möglich“ Guy Kieffer, Partner Tareno (Luxembourg):

„Der Höhenflug der Aktienmärkte über die letzten Monate sollte uns daran erinnern, dass Prognosen ein sehr frustrierendes Geschäft sein können. Im Januar hatten etwa die Analysten von Großbanken für den DAX einen Jahresendstand 2013 zwischen 7.200 und 8.890 Punkten prognostiziert, im Mittel ein Niveau von 8.021. Das entspräche gegenüber Ende 2012 einem Plus von fünf Prozent. Mittlerweile hat der DAX aber schon um mehr als 15 Prozent zugelegt. Überraschungen sind also an der Börse jederzeit möglich. Die größte Überraschung 2012 etwa war die Hausse der Aktienmärkte und der Rentenmärkte weltweit, trotz einer Anzahl enttäuschender Nachrichten. Und so kann es auch im vierten Quartal 2013 Überraschungen geben, positive wie negative. Prognosen zu machen ist und bleibt aber reine Spekulation. Investieren heißt dagegen diszipliniert nach seinem Risikoprofil anzulegen. Dazu gehört immer auch eine breite Streuung. Wir sehen momentan einige deutsche Aktien, die unter fundamentalen Aspekten interessant sind und in die wir investieren – unabhängig davon, wie sich der Gesamtmarkt in den kommenden Monaten entwickelt."

„Am Ende des Aufschwungs laufen auch die Graupen“ Frank Ringelstein, Geschäftsführer der Ringelstein & Partner Vermögensbetreuung:

„Eine Jahresendrally ist immer dann fällig, wenn die Märkte im Herbst schwach waren. Dann wird Kraft gesammelt, die zum Jahresende hin noch einmal einen Schub gibt. Das ist zwar oft bei Septembern der Fall, dieses Jahr jedoch noch nicht. Wenn die Indizes im Herbst Höchststände erreichen, ist wenig Platz für mehr. Dazu kommt, dass die meisten wirklich guten Aktien auch schon recht teuer geworden sind. Jetzt werden auch die Graupen noch nachgezogen von der noch guten Stimmung an den Märkten. Diese eigentlich schwächeren Werte, bei denen aber die Bewertungen besser aussehen, erleben jetzt ihre Stunde, denn hier finden sich vermeintlich günstige Kaufgelegenheiten. Mancher schichtet hier aus einer Nestle in eine Thyssen oder gar eine Commerzbank und wird später sehen, was er da für Kandidaten im Depot hat.“

„Eine Konsolidierung oder Korrektur ist durchaus möglich“ Johannes Führ, Aufsichtsratsvorsitzender bei AMF Capital

„Bis jetzt konnten Anleger mit dem Börsenjahr zufrieden sein. Die Indizes haben sich gut entwickelt, der MDAX sogar deutlich besser als der große DAX. Deutschland gilt dabei als sicherer Hafen: Während Europa insgesamt unsicher erscheint, erfolgen Anlagen vorrangig bei der stärksten Volkswirtschaft. Ob sich der Aufwärtstrend fortsetzt ist umstritten. Die unklare Koalitionsbildung in Deutschland wird einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage in ganz Europa nehmen. Deren Ergebnis bleibt abzuwarten. Die Börsenumsätze blieben über den Sommer vergleichsweise niedrig. Der negative Saldo der Insidertransaktionen (Käufe minus Verkäufe) in Europa ist ein Warnsignal. Allerdings weisen die Daten für die Konjunktur nach oben, hier ist eine Erholung in Sicht. Auf der anderen Seite sind die Anleger für Entwicklungen am Zinsmarkt stark sensibilisiert. Besonders die institutionellen Investoren fürchten das Ende der großzügigen Notenbankliquidität. Zugegebenermaßen sind steigende Zinsen und eine zurückgehende Liquidität keine guten Nachrichten für Aktien. Der Übergang von einer zinsgetriebenen Aufwärtsbewegung hin zu einer konjunkturgetriebenen war schon immer mit Störungen im Trendverlauf und mit Verwerfungen verbunden. Eine Konsolidierung oder Korrektur ist deshalb durchaus möglich. Eine wirkliche Trendwende scheint aber aus heutiger Sicht derzeit nicht gegeben zu sein.“


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