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18.12.2013 Deutsche Wirtschaft nimmt etwas Fahrt auf

Die deutsche Wirtschaft setzt ihre Erholung fort: Nach 0,4 Prozent im lau-fenden Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt 2014 um 1,6 Prozent steigen, 2015 ist sogar eine Wachstumsrate von zwei Prozent möglich. Das prognostiziert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in seinen Wintergrundlinien 2013/2014. Zwar sind die Produktionszuwächse im vierten Quartal noch schwach, doch die deutschen Exporte legen dank der anziehenden Weltkonjunktur bereits wieder zu. In diesem Umfeld dürfte die Investitionstätigkeit der Unternehmen im weiteren Verlauf kräftig zunehmen. Eine zentrale Konjunkturstütze ist der private Verbrauch, der vom anhaltenden Beschäftigungsaufbau und moderaten Inflationsraten profitiert. Der öffentliche Gesamthaushalt wird das Jahr 2013 mit einem Überschuss von 0,2 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt abschließen. Im kommenden Jahr ergibt sich jedoch, auch aufgrund der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen, ein leichtes Defizit.

Aufschwung in Industrieländern stärkt Weltwirtschaft
Das Wachstumstempo der Weltwirtschaft hat sich im dritten Quartal nochmals erhöht, wobei der Aufschwung zunehmend von den Industrieländern ausgeht. Vor allem die US-Wirtschaft erholt sich: Ab 2014 dürften dort die privaten Konsumausgaben, gestützt durch die kontinuierlich gute Arbeitsmarktentwicklung, kräftiger steigen und die Wirtschaftsleistung insgesamt um etwa zweieinhalb Prozent zunehmen. Die konjunkturelle Dynamik in Schwellenländern wie China und Indien ist ebenfalls hoch; das Wachstum hat zuletzt deutlich angezogen. Dieser Entwicklung zuträglich ist auch, dass die globale Geldpolitik trotz einer erwarteten Rückführung der unkonventionellen Maßnahmen in den USA und erster Leitzinserhöhungen, etwa in Brasilien und Indien, weiterhin extrem expansiv ausgerichtet sein dürfte. Nach einem Plus von drei Prozent in diesem Jahr erwartet das DIW Berlin für 2014 eine Steigerung der weltweiten Wirtschaftsleistung um 3,8 Prozent, für 2015 sogar um 4,1 Prozent.

Wirtschaftsleistung im Euroraum steigt wieder
Der Euroraum ist unterdessen auf der Talsohle der wirtschaftlichen Entwicklung angekommen. Zwar verlangsamte sich das Wachstum im dritten Quartal auf 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, während es im zweiten Quartal noch 0,3 Prozent waren. Doch stand der Aufschwung zuletzt auf einem breiteren Fundament: In keinem der Mitgliedsländer des Euroraums gab es noch einen deutlichen Rückgang des Produktionsniveaus. Während die Wirtschaftsleistung in der Währungsunion in diesem Jahr um 0,4 Prozent sinkt, rechnen die Berliner Konjunkturforscher – sofern sich die Krise im Euroraum nicht wieder verschärft – für 2014 und 2015 mit einem Plus von 1,0 und 1,3 Prozent.

Exportentwicklung regt Investitionen an
Aufgrund der anziehenden Weltkonjunktur dürften sich die deutschen Exporte rasch beleben. Die Unternehmen haben deshalb wieder größere Anreize zu investieren – zumal das Finanzierungsumfeld nach wie vor günstig ist. Gleichwohl werden die Ausrüstungsinvestitionen relativ zur Wirtschaftsleistung gesehen schwach bleiben und erst Ende 2015 wieder ihr Niveau vom Jahresbeginn 2008 erreichen. Nach einem Minus von zwei Prozent im laufenden Jahr legen die Ausrüstungsinvestitionen im kommenden Jahr um sechs Prozent zu, 2015 um neun Prozent.

Aufbau der Beschäftigung setzt sich fort
Maßgeblich gestützt wird die deutsche Konjunktur vom privaten Konsum: Nach gut einem Prozent im Jahr 2013 wird er 2014 um 1,3 Prozent und 2015 um 1,7 Prozent steigen. Die Verbraucherpreise ziehen zwar leicht an, die Inflation bleibt mit Raten von 1,6 beziehungsweise 1,7 Prozent in den beiden kommenden Jahren jedoch moderat. Zudem nimmt die Beschäftigung angesichts der sich aufhellenden Konjunktur weiter zu und liegt im Durchschnitt des Jahres 2014 bei 42 Millionen Erwerbstätigen. Dennoch steigt die Zahl der Arbeitslosen im Durchschnitt des kommenden Jahres wieder auf über drei Millionen und legt 2015 nochmals leicht zu, die Arbeitslosenquote klettert von 6,9 Prozent im Jahr 2013 auf 7,1 Prozent im Jahr 2015; dies liegt in erster Linie an der starken Zuwanderung, die zu einem Anstieg der erwerbsfähigen Bevölkerung führt.

Die Beschäftigungswirkungen eines Mindestlohns – den die Große Koalition in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hat und der zum Jahresbeginn 2015 wirksam werden soll – sind nach Ansicht des DIW Berlin derzeit kaum seriös abzuschätzen. Die Konjunkturforscher haben daher drei Szenarien durchgespielt: keine, moderate und stärkere Beschäftigungseffekte. Fallen die tatsächlichen Beschäftigungseffekte in die betrachtete Spannweite, so dürften die Auswirkungen auf die Produktion im Jahr 2015 überschaubar bleiben.

Einnahmen steigen stark – Ausgaben auch
Die Finanzlage der öffentlichen Haushalte hat sich in den vergangenen Jahren zusehends verbessert: In diesem Jahr fällt der Überschuss mit 0,2 Prozent in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt sogar noch etwas höher aus als im vergangenen Jahr. Verantwortlich dafür sind vor allem die Einnahmen: Aufgrund des anhaltenden Beschäftigungsaufbaus nehmen sowohl die Lohnsteuereinnahmen als auch die Sozialbeiträge kräftig zu. Aber auch die Steuern auf Gewinne expandieren deutlich. Im Prognosezeitraum legen allerdings auch die Ausgaben zu, hier schlagen sich insbesondere die Sozialleistungen nieder, was durch die im Koalitionsvertrag angekündigten Leistungsausweitungen im Bereich der Rentenversicherung noch verstärkt wird. Dies und die Mehrausgaben in den sogenannten prioritären Ausgabebereichen sorgen im kommenden Jahr dafür, dass der öffentliche Gesamthaushalt mit einem leichten Defizit abschließt, bevor 2015 wieder schwarze Zahlen geschrieben werden.

KURZ GESAGT

Marcel Fratzscher (Präsident des DIW Berlin): „Der deutschen Wirtschaft steht nach einem durchwachsenen Jahr 2013 im weiteren Verlauf eine Erholung bevor. Die positive Entwicklung der Weltwirtschaft und die Rückkehr des Wachstums im Euroraum helfen der deutschen Exportindustrie. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass Staat und Unternehmen hierzulande nach wie vor zu wenig investieren und die Steigerung des Produktionspotentials gering ist. Immerhin hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag einen ersten Schritt getan, die Investitionsmisere zu beenden.“

Ferdinand Fichtner (Leiter der Abteilung Konjunkturpolitik): „Die Weltwirtschaft zeichnet sich derzeit durch eine hohe Dynamik aus. Besonders erfreulich ist die Renaissance der Industrieländer, die wieder in die Gänge kommen und maßgeblich zum Aufschwung beitragen. Von diesem günstigeren Umfeld profitiert auch die deutsche Konjunktur: Vor allem die Exporte ziehen an und die Investitionen legen zu. Zusammen mit der ohnehin gut laufenden Konsumnachfrage dürfte Deutschland in den nächsten zwei Jahren kräftig wachsen.“

Simon Junker (Deutschlandexperte): „Die binnenwirtschaftliche Entwicklung ist sehr gut, was vor allem am anhaltenden Beschäftigungsaufbau liegt. In Kombination mit relativ geringen Inflationsraten sind dies beste Voraussetzungen für eine weiter steigende Konsumnachfrage. Die anziehende Weltwirtschaft stößt zudem mehr und mehr die Investitionen an, die im weiteren Verlauf ebenfalls spürbar zum Wachstum beitragen.“

Kristina van Deuverden (Finanzexpertin): „Die öffentlichen Haushalte scheinen derzeit gut aufgestellt, in diesem Jahr wird es erneut einen Überschuss geben. Allerdings ist dieser vor allem auf die gute konjunkturelle Lage und die sprudelnden Lohnsteuereinnahmen zurückzuführen. Denn die Ausgaben steigen ebenfalls kräftig. Für das kommende Jahr ist aufgrund der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen sogar ein – wenn auch geringes – Defizit im öffentlichen Gesamthaushalt zu erwarten. Die sich im Bundeshaushalt abzeichnenden Handlungsspielräume werden nicht wirklich genutzt und so Chancen für die Zukunft vertan.“



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