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25.06.2014 Politik gefährdet Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum

Sachsens Immobilienverbände sehen das Ende der Fahnenstange erreicht. „Die bedarfsgerechte Wohnraumversorgung von Sachsens Bürgern ist gefährdet“, betonen die fünf Verbände, die sämtliche Segmente der Immobilienwirtschaft repräsentieren.

Lediglich in den großen Städten Dresden und Leipzig beginnt sich der Wohnungsmarkt zu drehen, wobei auch dort nur wenige besonders gefragte Lagen betroffen sind. Auch im ländlichen Raum wächst trotz demographischer Probleme die Nachfrage nach bedarfsgerechten Wohnungen – hier zumeist alten- und familiengerechtem Wohnraum. Gelöst werden kann dies nur durch passgenaue Konzepte für den jeweiligen Standort und durch bezahlbaren Neubau.

Die Immobilienverbände mahnen: geplante ordnungspolitische Eingriffe wie die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip bei Maklern sind Placebos, die keine Verbesserung der Wohnungsbausituation erreichen. Mehr noch: schon beschlossene Maßnahmen wie die Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) oder eine weitere Belastung der Immobilienwirtschaft durch stark steigende Energie- und Materialkosten werden Wohnen unbezahlbar für untere Einkommensklassen machen.

Deshalb haben der BFW Landesverband Mitteldeutschland, IVD Mitte-Ost e.V., der VSWG Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e.V., der vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. und Haus & Grund Sachsen Landesverband Sächsischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet. Ziel des Papieres ist es, den Parteien vor der Landtagswahl mit geschlossener Stimme gegenüber zu treten und danach zu überprüfen, ob die in den Wahlprogrammen formulierten Aussagen eingehalten werden.

Zum Hintergrund:

Dass die Bereitstellung von neuem Wohnraum für Normalverdiener kaum noch möglich ist, belegen folgende Zahlen. So sind allein um bis zu 28,6 Prozent die Erstellungskosten einer durchschnittlichen Wohnung in den vergangen 12 Jahren angestiegen. Bei den Materialkosten müssen 29,8 Prozent draufgelegt werden, während die Inflationsrate auf 22,6 Prozent stieg. Dazu kommt: Die Verschärfung der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) schlägt mit mindestens 10 Prozent höheren Baukosten zu Buche – mit der Folge, dass z.B. die Neubaumiete innerhalb von zwei Jahren um 8 Prozent auf 10,33 Euro wuchs. Wer Sachsens durchschnittliches Nettohaushaltseinkommen von 2.255 Euro pro Monat berücksichtigt, merkt, dass kaum ein Sachse diese Durchschnittsmiete zahlen kann. Die Kosten müssten allein die Unternehmen tragen – oder die Wohnungen entstehen erst gar nicht.

Die Schwerpunkte:

Schwerpunkte des Positionspapieres sind die Wohnungs-, Steuer-, Förder-, Klima- und Wirtschaftspolitik. Denn Immobilienunternehmen tragen nicht nur zum großen Teil die Belastungen der Energiewende – sondern auch Verantwortung in Bereichen wie soziale Gerechtigkeit, Demographie und Zukunftssicherung. Gleichzeitig sind sie mit einer jährlichen Wertschöpfung von 300 Mrd. Euro durch Vermietung und Immobilientransaktionen und rund 210 Mrd. Euro an Bauinvestitionen erheblich an der Volkswirtschaft beteiligt. Die Branche vereinigt zudem 24,5 Prozent aller Unternehmen und 10 Prozent aller Beschäftigten auf sich und ist mit 28 Prozent am Bruttoinlandsprodukt beteiligt.

Die Forderungen (Auszug):

Wohnungspolitik: Damit die sächsischen Immobilienverbände bezahlbaren Wohnraum weiterhin bieten können, fordern die Verbände u.a. die Verhinderung einer Mietpreisbremse in Sachsen. Sie ist im Freistaat unnötig, wirkt als Investitionsbremse und verhindert nötigen Wohnungsneubau.
Ronald Linke, stv. Vorstandsvorsitzender Haus & Grund Sachsen Landesverband Sächsischer Haus, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V.: „Ordnungspolitische Eingriffe können nie die konkrete Situation vor Ort lösen. Eine Mietpreisbremse wäre Gift für Immobilieneigentümer und Mieter, da die Mieten in Sachsen generell niedrig sind. In wenigen Gebieten mit größerer Dynamik löst nur Neubau einen Nachfrageüberhang auf.“

Steuerpolitik: Die Grunderwerbssteuer soll auf dem Satz von 3,5 Prozent bleiben, die Doppelbelastung von Umsatz- und Grunderwerbssteuer beim Eigenheimbau vermieden werden und Immobilien sollen von der Erbschaftssteuer (wie Betriebsvermögen) verschont bleiben.
Frank Müller, Vorstandsvorsitzender BFW Landesverband Mitteldeutschland e.V.: „Es ist unredlich, die Immobilienwirtschaft zur Bereitstellung von preiswertem Wohnen aufzufordern und gleichzeitig die Kosten des Wohnens mit Steuern zu erhöhen. Wir fordern eine mieter- und nutzerfreundliche Steuerpolitik. Zudem muss Wohneigentumsbildung als Baustein der Altersvorsorge und regionaler Bindungsfaktor von der Politik stärker unterstützt werden.“

Förderpolitik: Die Immobilienwirtschaft wird in ihrer strukturprägenden Funktion intensiver als andere Wirtschaftszweige mit gesellschaftlichen Anforderungen und Problemen konfrontiert.
Margitta Faßl, Sprecherin des Verbandsvorstandes, vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. „Die vom Bund gezahlten Kompensationsmittel in Höhe von 59,6 Mio. müssen dringend zweckgebunden der Wohnraumförderung zur Verfügung gestellt werden. Wesentliche Aufgaben der Wohnraumversorgung wie z.B. altengerechtes Wohnen sind in Sachsen über Mieten schlicht nicht finanzierbar. Wir fordern ein klares Bekenntnis der Politik zur Zweckbindung dieser Gelder.“

Klimapolitik: Die Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) bringt aktuell vorrangig steigende Kosten, die nicht zu erwirtschaften sind.
Dr. Axel Viehweger, Vorstand, VSWG Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e.V.: „Da die Kosten für energetische Sanierungen schon jetzt oft nicht refinanziert werden können, fordern die Verbände u.a. eine Abkehr von ‚Tonnenideologien’ bei Dämmung, denn mehr bringt nicht unbedingt mehr, außer zusätzlichen Kosten. Viel konstruktiver ist es, den Blick auf intelligente Quartiers- und Gesamtlösungen zu richten. Der Klimaschutz muss dabei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit folgen. Der Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wohnwünschen muss im Fokus stehen und nicht die strikte Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben.“

Wirtschaftspolitik: Gerade die Situation vor Ort in Sachsen entscheidet über die Wirtschaftlichkeit von Immobilien.
Karl-Heinz Weiss, Regionalvorsitzender IVD Mitte-Ost e.V.: „Da das Wirtschaftsgut Immobilie vor allem von den Rahmenbedingungen vor Ort abhängig ist, wünschen sich die Verbände ein reibungsloseres Verwaltungshandeln des Landes und der Kommunen – insb. bei Genehmigungen und Moderation von Prozessen. Ebenso wichtig ist es, dass Sachsens Politiker im Bund gegen eine Änderung des Wohnraumvermittlungsgesetzes (Einführung des Bestellerprinzips) stimmen. Es schränkt Leistungen für Mieter wie Nutzer ein und löst keine Nachfrageprobleme.“



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