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23.04.2015 Staat macht Neubau und Wohnen in Deutschland immer teurer

Bauen wird immer teurer und komplizierter: Um nahezu 40 Prozent sind die Kosten rund um den Neubau von Mehrfamilienhäusern in Deutschland seit dem Jahr 2000 gestiegen. Bei den reinen Baupreisen gab es im gleichen Zeitraum dagegen – wie bei den Lebenshaltungskosten auch – lediglich einen Anstieg von rund 27 Prozent. Die zusätzliche Kostensteigerung, die die Preisspirale beim Wohnungsneubau – und damit auch beim Wohnen – enorm nach oben gedreht hat, ist überwiegend „staatlich gemacht“: Bund, Länder und Kommunen haben den Wohnungsbau in den vergangenen Jahren durch Gesetze, Verordnungen, Auflagen, Steuern und Materialanforderungen enorm verteuert. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“, die sieben führende Verbände der Bau- und Immobilienbranche als Verbändebündnis Wohnungsbau am Donnerstag in Berlin auf einer Pressekonferenz vorgestellt haben.

Im Verbändebündnis Wohnungsbau haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) zusammengeschlossen. Gemeinsam haben sie die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) in Kiel und Baurechts-Experten der Düsseldorfer Kanzlei HFK Rechtsanwälte LLP mit der Kostenanalyse beauftragt.

Noch am heutigen Donnerstag wird das Verbändebündnis die Studie Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) übergeben. Die Untersuchung legt die Kostentreiber beim Wohnungsbau detailliert offen und liefert damit entscheidende Inhalte für die Baukostensenkungskommission und somit auch für das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ der Bundesregierung.

Die Untersuchung weist auf der Basis eines Muster-Mehrfamilienhauses nach, dass die Neubau-Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche konkret von 2.209 Euro im Jahr 2000 auf 3.080 Euro im vergangenen Jahr gestiegen sind. Die Studie zeigt die entscheidenden Preissteigerungen, die es seit dem Jahr 2000 gab, und identifiziert dabei vier zentrale Kostentreiber:

- Bauwerks- und Planungskosten: Energie-Effizienz, Barrierefreiheit, Brand- und Schallschutz, Schnee-, Sturm- und Erdbebensicherheit … – Der Staat gibt per Ordnungsrecht vor, was und wie geplant werden muss. Er setzt dabei die Hürden immer höher. Das hat – neben einem Qualitätsplus (z.B. größere Bäder) – seinen Preis: Um 426 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sind die Kosten in diesem Bereich gestiegen – ein Plus von mehr als 19 Prozent der Gesamtkosten im Jahr 2000.


Das Ordnungsrecht wird immer schärfer: Seit 2000 wurde die Energieeinsparverordnung (EnEV) vier Mal novelliert – mit immer höheren Anforderungen. Allein das hat die Kosten um 6,5 Prozent ansteigen lassen. Die nächste Novellierungs-Runde kommt 2016 und verursacht weitere 7,3 Prozent.

- Steuerliche und baurechtliche Vorgaben von Bund und Ländern schlagen mit 248 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche mehr zu Buche (plus 11 Prozent).

- Bauland-Kosten: Wer Grund und Boden kaufen will, muss immer tiefer in die Tasche greifen. Kosten-Anstieg: 115 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche – mehr als 5 Prozent.

- Auflagen der Kommunen: Wie eine Umfrage unter 370 Wohnungsunternehmen im Zuge der Studie ergeben hat, sind die Kommunen für einen Kosten-Anstieg von 82 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche (knapp 4 Prozent) verantwortlich. Der Auflagen-Katalog, an den sich Bauherren und Investoren zu halten haben, ist groß: vorgeschriebene Dachbegrünung, Einsatz von regenerativen Energien, Ampel-Verlegungen…

Das Verbändebündnis Wohnungsbau fordert Bund, Länder und Kommunen auf, jetzt „endlich einzugreifen, um das Wohnen für Haushalte mit durchschnittlichen und unteren Einkommen wieder erschwinglich zu machen“. Es sei dringend notwendig, die Kostentreiber beim Wohnungsbau zu begrenzen. Der Staat müsse damit „aufhören, den Wohnungsbau durch immer neue Vorgaben zu ersticken“. Stattdessen sei es erforderlich, mehr für bezahlbaren Wohnraum zu tun. Dies bedeute konkret ...

… für den Bund:
- Steuerliche Rahmenbedingungen ändern. Eine bessere Abschreibung – die AfA von 2 auf 4 Prozent linear erhöhen.
- Sonder-Abschreibung für sozialen Wohnungsbau zulassen – Wiedereinführung des früheren Paragraphen 7k im Einkommenssteuergesetz.

… für die Länder:
- Aufhören, ständig an der Grunderwerbssteuer zu drehen.
- Förderprogramme für Ballungsgebiete und Wachstumsregionen entwickeln.
- Geld für soziale Wohn-Programme ausschließlich auch dafür verwenden.

… für die Kommunen:
- Die Auflagen-Flut stoppen.
- Günstiges Bauland bereitstellen – damit Investoren nicht abgeschreckt, sondern ermutigt werden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Ein weiterer Hemmschuh für den Wohnungsbau: der „Regulierungs-Dschungel“, so das Verbändebündnis. Wer heute ein Mehrfamilien-Haus baue, müsse mehr als 100.000 Seiten an Normen und Verordnungen kennen und beachten. Auch mischten mit EU, Bund, Ländern und Kommunen gleich vier Instanzen im Ordnungsrecht mit. Das verkompliziere die Lage und sorge für „Bau-Frust“, so das Verbändebündnis.

Die heute geltenden Standards für den Wohnungsbau bedürften einer Überprüfung und einer neuen politischen Bewertung. Dabei müsse eines im Fokus stehen: Die Kosten, die beim Wohnungsbau verursacht werden. Die Normen müssten sich wieder deutlich stärker an der Praxis orientieren und weniger am Stand der Technik. Das Verbändebündnis appelliert an die Politik: „Raus aus dem Elfenbeinturm, näher ran an die Praxis. Den Überblick behalten – statt Regel-Wildwuchs wuchern lassen.“


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