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23.07.2015 Schloss Werneck nach elf Jahren Generalsanierung fertiggestellt

Von der kompletten Neuordnung der räumlichen Gegebenheiten bis hin zur einzelnen Sockelleiste: Während der elf Jahre andauernden Generalsanierung des Schloss Werneck wurde mit einer präzisen Architektursprache auf den bestehenden Ort geantwortet, indem nicht nur auf die Situation als Krankenhaus, sondern auch auf das denkmalgeschützte Umfeld eingegangen wurde.

1734 bis 1745 von Balthasar Neumann als Sommerresidenz für die Würzburger Fürstbischöfe erbaut, befindet sich nach mehrmaligen Umbauten seit 1853 eine Psychiatrie und seit 1952 der Fachbereich Orthopädie im Schloss Werneck. 1995 entschied sich der Bezirk Unterfranken für die Generalsanierung und Neuordnung der barocken Schlossanlage, um auch weiterhin einen zeitgemäßen Klinikbetrieb zu gewährleisten. Ein stimmiges Gesamtkonzept hierfür entwickelte die Ziegler Zirngibl Architekten GmbH. Seit Beginn des Jahres 2015 ist diese in die Unternehmensgruppe der pbr Planungsbüro Rohling AG eingegliedert und firmiert unter dem Namen pbr Ziegler Zirngibl Architekten GmbH.

Der erste Bauabschnitt am Schloss Werneck wurde 2003 fertig gestellt und beinhaltete den Einbau zweier Pflegestationen im vorgelagerten Flügelbau D-Süd. Innerhalb eines zweiten Bauabschnittes wurde im Bereich des Vorschlosses bis 2006 ein Neubau zur Erweiterung der Operationsabteilung errichtet. Im April 2007 konnte der zu einer Notfallaufnahme, Röntgenabteilung und Intensivpflege umgebaute Flügelbau D-Nord eingeweiht werden. Die Neuordnung und Sanierung des Hauptschlosses, die u. a. die Einrichtung von Patientenzimmern, einer Aufnahmestation, eines Chefarztbereiches, einer OP-Abteilung sowie eines MRT-Zentrums und eines Zentrallabors beinhaltete, wurde innerhalb von zwei Bauabschnitten im Januar 2014 abgeschlossen.

Moderner Klinikbetrieb in ursprünglichen Raumkompositionen

Durch die Generalsanierung sollte ein moderner Klinikbetrieb gewährleistet, gleichzeitig aber der bauzeitliche Ursprungszustand wiederhergestellt werden. Eine besondere Herausforderung, die durch die teilweise stark in Mitleidenschaft gezogene Bausubstanz aus dem 18. Jahrhundert zusätzlich erschwert wurde. Dabei war es ein besonderes Anliegen des Bauherrn, die ehemalige Raumkonzeption des Gartensaals, des sogenannten „sala terrena“, und dessen Verbindung zum historischen Treppenraum wiederherzustellen, um hier den Empfangsbereich und ein Café einzurichten. Durch den Abbruch einer massiven Verbindungsbrücke und den Rückbau geschlossener Wandteile zum Gartensaal gelang es, die Raumeinheiten wieder zusammenzuführen. Gleichzeitig wurden die nachträglich vermauerten Wandöffnungen zum ehemaligen Treppenraum wieder geöffnet, der Mitte des 19. Jahrhunderts durch Überwölbung der Deckenöffnungen und die Aufteilung in einzelne Räume verloren gegangen war. Mit dem Abbruch aller Zwischenwände konnte der Raumeindruck des Treppen-hauses samt Deckengewölbe und Kompositkapitellen wiederhergestellt werden. Im ehemaligen Treppenauge befinden sich heute der Patientenempfang und ein Schwestern-Stützpunkt als gläserne Anlage.

Um im Flügelbau D-Nord neue Funktionen wie Notfallaufnahme, Radiologie, Anästhesie und Intensivpflegebereich einzurichten, die ursprünglichen Raumgeometrien allerdings zu erhalten, wurde der Raumzuschnitt durch eingestellte Trennelemente mit HPL-Schichtstoffplatten gegliedert. So sind verschiedene Funktionsbereiche bei gleichbleibender Raumstruktur entstanden. Die Einrichtung der Radiologie erforderte diverse technische Installationen im Deckenbereich. Eine besondere Herausforderung, da das historische Kreuzgratgewölbe erhalten bleiben sollte. So wurden die Eingriffe in das Gewölbe stark reduziert und diese sowie die Technik durch Deckensegel verborgen. Hinter dem Segel läuft das sanierte Kreuzgratgewölbe weiter und bleibt für Besucher und Patienten sichtbar. In der Physikalischen Therapie nehmen eingestellte Glasboxen die neuen Funktionen auf. Durch die Reflektionen der Gläser entmaterialisieren sich die Boxen und lassen auch hier den ehemaligen Raumzuschnitt weiterhin erkennen.

Keine Spur von Krankenhaus-Architektur

Um in den neu eingerichteten Patientenzimmern im Hauptschloss und im Flügelbau D-Süd eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, kamen hier lediglich natürliche und klassische Materialien zum Einsatz. Im Flügelbau D-Süd wird durch robustes Eichenparkett an die historische Materialvorgabe angeknüpft. Wandschutz und Möbel in Nussbaumfurnier wecken Assoziationen an den Barock und tragen zu einer angenehmen Atmosphäre bei. Auf die Installation der üblichen Medienleiste wurde verzichtet. Ein Medienschrank dient ferner als trennendes Möbel zwischen den Betten und verbirgt zugleich die technischen Installationen.

Der scheinbaren Endlosigkeit der Flure wurde „ein Ende“ gesetzt, indem sie durch Sanitärkuben und Schwesternstützpunkte gegliedert wurden. Mit robusten Fassadenbaustoffen wie Edelstahl, Faserzement und Glas setzen die Kuben der historischen Innenwand eine Außenwand entgegen. Das helle Ocker an den historischen Innenwänden schafft nicht nur Atmosphäre, sondern weckt zugleich Assoziationen an die Barockzeit.

Hightech-Medizin, digitales Datenmanagement und eine ausgefeilte Logistik – die Anforderungen an moderne Kliniken sind hoch, technische Einrichtungen deshalb notwendig. Um auch an dieser Stelle den historischen Raumeindruck zu erhalten, wurde auf die Konstruktion von Abhangdecken verzichtet und die Technik hinter Vorsatzschalen, Schränken und Wandbekleidungen versteckt. Ferner konnten Aufbrüche in das Natursteinmauerwerk-Gefüge vermieden werden. Speziell entwickelte, gläserne Sanitärzellen mit integrierten Patientenschränken und einer sich nach oben auflösenden Teilbedruckung der Gläser sorgen zudem dafür, dass die historische Raumstruktur in den Patientenzimmern im Hauptschloss erhalten bleibt. Der in die Sanitärzellen integrierte Schrank wird als Möbel gar nicht wahrgenommen. Durch die Lichtführung auf den Stuckvouten durch Beleuchtung der charakteristischen Hohlkehle wird der einstige Raumeindruck für Besucher und Patienten vollends erlebbar. Materialien wie Eiche, Nussbaum, Leder und Messing erzeugen eine warme Atmosphäre und stellen eine Reminiszenz an den Barock dar. In Anlehnung an die Raumgliederung dieser Zeit finden sich außerdem Merkmale des klassischen Repertoires wie Türumrahmungen mit Supraporte und Wandvertäfelungen als unterer Wandschutz wieder. Bauzitate wie der klassische Konsoltisch mit Spiegel an den Mauervorlagen der Fensterseiten wurden aufgenommen und übernehmen neue Funktionen.

Patientenbäder wurden in Feinsteinzeug in einem warmen Sandton eingerichtet, die Waschtischablage in kristallinem Muschelkalk.

Um auch das für die barocke Baukunst typische Zusammenspiel von Architektur, Plastik und Malerei im gesamten Schloss wieder erlebbar werden zu lassen, wurden die unter den Putzschichten teilweise noch vorhandenen Wandmalereien in mühsamer Handarbeit freigelegt und denkmalpflegerisch behandelt. Ebenso konnten die historischen Decken mit ihren wertvollen Stuckaturen gesichert, ergänzt und neu beschichtet werden. Anhand freigelegter Deckenmalereien aus der Toskana-Zeit wurde ein Farbkonzept erarbeitet und die in die Architektur einbezogene Malerei als Gesamtkunstwerk wieder erlebbar gemacht.




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