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07.08.2015 Neues EU-Erbrecht - Das ändert sich für Deutsche

Viele Deutsche können sich vorstellen, in ihrem Testament auch einen guten Zweck zu unterstützen oder haben in ihrem Letzten Willen bereits eine gemeinnützige Organisation oder Stiftung berücksichtigt. Was ändert sich für Erblasser, wenn am 17. August 2015 die neue EU-Erbrechtsverordnung in Kraft tritt? Diese Neuregelung soll dabei helfen, die jährlich etwa 450.000 neuen Erbrechtsfälle mit internationalem Hintergrund leichter abzuwickeln. Dabei geht es nach EU-Angaben um ein geschätztes Vermögen von über 120 Milliarden Euro.

Experteninterview mit Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV - Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V., Kooperationspartner der Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"

Herr Bittler, was ändert sich mit der neuen EU-Erbrechtsverordnung?

Für Deutsche galt bisher das Staatsangehörigkeitsprinzip im Erbrecht: Ein deutscher Staatsbürger vererbt nach deutschem Erbrecht. Ab dem 17. August ist es so: Für fast alle EU-Bürger gilt das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene seinen so genannten "letzten gewöhnlichen Aufenthalt" hatte. Für Deutsche gilt damit nicht zwangsläufig deutsches Erbrecht.

Welche Deutschen sind denn von der neuen Verordnung besonders betroffen?

Besonders wichtig ist die Neuregelung für Deutsche, deren Lebensumstände durch dauerhafte Auslandsaufenthalte geprägt sind oder die ihren Lebensmittelpunkt in ein anderes Land verlagert haben. Der klassische Fall sind zum Beispiel Deutsche, die ihren Ruhestand auf Mallorca verbringen. Bisher galt für sie deutsches Erbrecht, künftig erst einmal das lokale mallorquinische.

Was müssten die Mallorca-Rentner zukünftig beim Abfassen ihres Testaments beachten?

Sie müssen im Testament rechtlich und formal sauber festhalten, welches Erbrecht für sie gelten soll - das deutsche oder das lokale mallorquinische. Das ist zum Beispiel auch dann wichtig, wenn sie in ihrem Testament einen guten Zweck berücksichtigen. Hier ist zunächst immer zu prüfen, ob es nach dem gültigen Erbrecht auch möglich ist, gemeinnützig zu vererben. Andere Länder wie etwa Großbritannien kennen keinen Pflichtteil, also eine Mindestbeteiligung der nächsten Angehörigen am Nachlass.

In Großbritannien kann man also die Verwandtschaft komplett enterben. Soweit soll es aber natürlich nicht kommen. Wie vermeidet man denn Streit mit den Angehörigen, wenn nicht das ganze Erbe an die Liebsten gehen soll, sondern ein Teil auch an einen guten Zweck?

Ich rate allen Erblassern, offen über den Letzten Willen zu sprechen. Viele Angehörige unterstützen das Engagement für einen guten Zweck, das zeigt auch die repräsentative GfK-Studie der Initiative "Mein Erbe tut Gutes".

Was gilt es grundsätzlich zu beachten beim Verfassen eines Testaments?

Das eigenhändige Testament muss von Anfang bis Ende handgeschrieben und unterschrieben sein. Es sollte auch mit Ort, Datum und einer Überschrift wie "Mein Testament" versehen sein. Wer komplexere Regelungen treffen möchte, sollte Rat bei einem Fachanwalt für Erbrecht oder Notar suchen. Zur sicheren Aufbewahrung sollte das Testament beim Nachlassgericht gegen eine einmalige Gebühr von 75 Euro in die Hinterlegung gegeben werden.

Wie kann man eine gemeinnützige Organisation in seinem Testament bedenken?

Wer einen Teil seines Vermögens zugunsten eines guten Zwecks bestimmen will, für den ist ein Vermächtnis der beste Weg. Im Testament kann es zum Beispiel heißen: "Die Organisation XYZ soll ein Vermächtnis in Höhe von X Euro erhalten." Tipps fürs gemeinnützige Vererben gibt z.B. die Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum".

Ab welchem Alter sollte man sich denn mit dem Thema Testament beschäftigen?

So früh wie möglich! Jeder sollte seinen Letzten Willen festhalten, schon allein, um später Streit unter den Angehörigen zu vermeiden. Spätestens bei der Hochzeit oder bei der Geburt von Kindern sollte in einem Testament das Wichtigste geregelt werden. Ich selbst habe meines aber auch erst mit Ende 30 gemacht...


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