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05.03.2021 Der sogenannte Immobilienvormarkt gaukelt Transparenz vor

Rund um Haus- und Grundeigentum gibt es eine Vielzahl komplizierter Sachverhalte, Regelungen und Entwicklungen, die es dem Laien nicht gerade einfach machen, immer die richtige Entscheidung zu treffen. In loser Folge geben Ihnen die Fachleute von OTTO STÖBEN unter der Rubrik „Tipps vom Immobilienprofi“ Hinweise, die Sie umfassend zu einem bestimmten Immobilienthema informieren.

„Der Verkauf einer Immobilie ist ein komplexer Prozess, bei dem wir Dich gern unterstützen möchten.“ So bewirbt die Webseite eines sogenannten ‚Vormarktes für Immobilien’ ihre digitale Dienstleistung, die sich vor allem an Immobilienverkäufer wendet. Das Unternehmen bietet dem Verkäufer zunächst einmal ohne Anmeldung eine Schätzwertspanne für seine Immobilie. Über eine Registrierung kann der Eigentümer im nächsten Schritt den Schätzwert, welcher von einem speziellen Algorithmus errechnet wird, durch weitere Angaben zur Immobilie ‚optimieren’. In weiteren Schritten besteht die Möglichkeit, das Objekt für Angebote zu öffnen, um die angebliche Attraktivität am Markt zu testen und um in einen Kontakt zu einem potentiellen Käufer zu treten. Der Anbieter wirbt für sich als transparenten Immobilien-Marktplatz.

Jeder Nutzer der Webseite kann auf einer Karte unter Angabe einer Adresse eine Schätzwertspanne für fast alle Immobilien in Deutschland finden. Ohne Registrierung und ohne weitere Angaben durch den Eigentümer beziehen sich diese Schätzwerte auf eine ebenfalls geschätzte Wohnfläche und ein geschätztes Baujahr. Es stellt sich die berechtigte Frage, wie nah ein auf diese Art ermittelter Schätzwert der realen Marktlage entspricht und ob er bei dem Verkäufer nicht eine Begehrlichkeit beim Verkaufspreis weckt, die völlig an der Realität vorbeigeht.

So kommt es zum Beispiel vor, dass der Algorithmus für ein Einfamilienhaus 168 m² Wohnfläche und ein Baujahr von 2005 annimmt und daraus einen Schätzwertrahmen von 350.000 – 524.000 Euro errechnet. Die Immobilie hat allerdings in Wirklichkeit eine tatsächliche Wohnfläche von 140 m² und wurde im Jahr 1972 erbaut. Hier bekommt man schon vorab einen völlig unrealistischen Wert vermittelt, zumal nicht nur die angenommenen Werte von Wohnfläche und Baujahr falsch sind, sondern auch alle anderen marktwertrelevanten Daten fehlen. Nur durch die Registrierung des Eigentümers und weitere Angaben könnte der Schätzwert nun überhaupt noch weiter spezifiziert werden.

„Bei genauerer Betrachtung halte ich solche Pages für mehr als problematisch, da sie meines Erachtens eher irreführend sind und potentielle Verkäufer und auch Käufer diese Zahlen für bare Münze nehmen“, warnt Ralf Colditz, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung der IHK zu Kiel und Leiter der Gutachtenabteilung der OTTO STÖBEN GmbH.

„Wenn man das oben genannte Beispiel des Einfamilienhauses zu Grunde legt, dann ‚dürfte’ der Eigentümer laut der Webseite nun entweder die Löschung fordern oder für eine genauere Bewertung weitere Daten mitteilen. Da stellt sich so ganz nebenbei auch die Frage des Datenschutzes“, gibt Ralf Colditz zu bedenken. „Eine professionelle, an den regionalen Markt orientierte Verkaufspreisanalyse über unsere Gutachtenabteilung hat für diese Immobilie einen wesentlich geringeren Marktwert ermittelt.“

Mit einem zu hohen Verkaufspreis an den Markt zu gehen, birgt in der Regel die Gefahr, dass sich der Verkaufsprozess extrem in die Länge zieht, da sich Käufer heutzutage sehr genau im Vorfeld über die Marktwerte ihrer Wunschimmobilie informieren. Die Makler von OTTO STÖBEN geben über die Bewertung durch die firmeninterne Gutachterabteilung mit der Preisanalyse dem Verkäufer einen reellen Richtwert an die Hand, um den Wettbewerbsvorteil des Käufers – der sich durch seine intensive Immobiliensuche schon ein „Preisgefühl“ erworben hat – auszugleichen.

Ralf Colditz resümiert: „Natürlich wäre ein transparenter Markt wünschenswert. Bei solchen Preiskarten, die für ganz Deutschland gelten, besteht jedoch eine erhöhte Gefahr der Falschbewertung. Zudem wird nicht klar, wo diese Werte herkommen und welcher Algorithmus diesen zu Grunde liegt. Daher sorgen unrichtige, nicht nachhaltige Wertangaben nur für eine scheinheilige Transparenz, die jedoch von keinem Experten abgesichert ist. Auch eine starke Manipulierbarkeit sehe ich dort gegeben, so dass das Ziel der Transparenz konterkarikiert wird.“

Der Sachverständige der OTTO STÖBEN GmbH empfiehlt daher dringend, auf die Bodenrichtwertkarten amtlicher Gutachterausschüsse und den Rat von ausgewiesenen Immobilienexperten zu vertrauen.






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