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17.03.2021 Inflation: Werden die Notenbanken die Zinsen anheben?

Nachdem intensiv unter Ökonomen über die Möglichkeit von steigenden Preisen diskutiert wurde, lässt sich dies inzwischen an den jüngsten Zahlen aus den USA und der Eurozone ablesen. Sollte sich die derzeitige Preisentwicklung fortsetzen, könnte der Druck auf die Europäischen Zentralbank (EZB) und die amerikanische Notenbank (Fed) wachsen die Zinsen entsprechend anzupassen. Doch wie realistisch ist eine zeitnahe Zinserhöhung der beiden wichtigsten Notenbanken? Gehen Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars dieser Frage nach.

Markt-Monitoring und Ausblick

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor fällt seit Mitte März 2020 von - 0,161% auf aktuell - 0,539%. Bis Mitte 2021 erwarten wir einen Seitwärtsverlauf zwischen - 0,50% und - 0,60%. Dieser orientiert sich an der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz/3M steht derzeit bei - 0,02%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir steigenden Kapitalmarktzinsen. Ob es sich um eine echte Zinstrendwende handelt, oder nur um einen Zinsbuckel wie in 2011, beantworten wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.

Zunächst zu den Fakten. Nachdem die Inflation in der Eurozone noch im Dezember 2020 auf dem Jahrestief von -0,3 Prozent verweilte, stiegen die Preise im Januar und Februar 2021 um 0,9 Prozent (Prognose). Dies entspricht einem Anstieg von 1,2 Prozentpunkten. In den USA hingegen betrug die Inflation im Februar 2021 bereits 1,7 Prozent. Im letzten Jahr lag die Inflation zwischenzeitlich bei lediglich 0,2 Prozent und damit 1,5 Prozentpunkte unter dem derzeitigen Niveau. Die Zahlen sind also eindeutig. Sowohl in der Eurozone als auch in den USA erholen sich die Preise nach dem Schock der Coronakrise deutlich. Doch wird der Trend anhalten?

Laut den Prognosen der EZB wird die Inflation in der Eurozone von 0,3 Prozent im Jahr 2020 auf durchschnittlich 1,5 Prozent im Jahr 2021 ansteigen. Für das letzte Quartal dieses Jahres prognostiziert die EZB gar einen Preisanstieg von 2 Prozent. Im Jahr 2022 verliert jedoch die Inflation laut den Vorhersagen der EZB an Dynamik und fällt wieder auf 1,2 Prozent zurück. Insgesamt geht die EZB also davon aus, dass sich die Preise in der Eurozone nach einer kurzen und starken Phase der Erholung im Jahr 2021 wieder auf das Vorkrisenniveau zubewegen. Die Fed ist wiederum etwas optimistischer und erwartet einen stetigen Anstieg der Inflation in den USA.

So prognostiziert die Fed, dass die Inflation von 1,2 Prozent im Jahr 2020 auf durchschnittlich 1,8 Prozent im Jahr 2021 ansteigt. Für das Jahr 2022 erwartet die Fed einen Preisanstieg von 1,9 Prozent. Dies entspricht jedoch auch in etwa dem Vorkrisenniveau. Insgesamt lässt sich also für beide Wirtschaftsräume festhalten, dass die entsprechenden Notenbanken eine Rückkehr auf vorherige Wachstumspfade erwarten und keine außergewöhnlich hohen Preisanstiege. Die eher konservativen Prognosen der EZB und FED sollen vor allem auch den anziehenden Inflationserwartungen entgegenwirken, die sich bereits auf dem Anleihemarkt ablesen lassen.

So ist die Rendite auf zehnjährige Bundesanleihen von um die -0,5 Prozent im Januar 2021 auf zuletzt ca. -0,3 Prozent angestiegen (Vgl. Abbildung 1). Betrachtet man jedoch den Anstieg der Rendite im Kontext der letzten Jahre, kann von einer außergewöhnlichen Entwicklung noch keine Rede sein. Das Renditeniveau ist immer noch äußerst niedrig und spiegelt keine Inflationsangst oder der Gleichen wider.

In den USA hingegen sieht die Sache etwas anders aus. Die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen ist innerhalb kürzester Zeit von rund 0,5 Prozent auf ca. 1,6 Prozent angestiegen. Die Rendite auf amerikanische Anleihen ist höher, da auch das Inflationsniveau über dem der Eurozone liegt. Der vergleichsweise stärkere Anstieg hängt unter anderem mit der expansiven Geldpolitik der FED und dem massiven Hilfspaket der US-Regierung in Höhe von 1,9 Billionen Dollar zusammen.

Weder die EZB noch die Fed signalisieren die Zinsen in naher Zukunft anheben zu wollen. Beide Volkswirtschaften befinden sich immer noch in einer Phase der Erholung, die insbesondere in Europa durch eine ineffektive Impfkampagne ins Stocken geraten ist. Es wäre grob fahrlässig die Zinsen in einem solch unsicherem Umfeld anzuheben und damit das Wachstum zu gefährden. Erst wenn eine nahezu vollständige Immunisierung der Bevölkerung erreicht ist und damit die Abschaffung aller Restriktionen, lässt sich absehen, ob die Preise tatsächlich dauerhaft das Inflationsziel von zwei Prozent erreichen ... oder mehr?

(Kommentar von Kurt Neuwirth, Neuwirth Finance GmbH)






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