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07.04.2021 From Zero to Hero? Tourismus und Gastronomie bieten Anlagechancen

Die Corona-Pandemie und die weltweiten Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung haben Spuren hinterlassen. Vor allem der Dienstleistungsbereich rund um Freizeit, Tourismus und Gastronomie geriet durch die Lockdowns massiv unter Druck und manche Unternehmen mussten Verluste in Milliardenhöhe verbuchen. Der globale Tourismus etwa erlebte 2020 sein schlechtestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Laut Daten der Welttourismusorganisation (UNWTO) gingen die internationalen Ankünfte um 74 Prozent zurück. Zum Vergleich: Während der Weltwirtschaftskrise 2009 wurde ein Rückgang von nur 4 Prozent verzeichnet.

Mit der Einführung der Impfstoffe geht es jedoch wieder aufwärts und in vielen Ländern stehen die Zeichen auf Lockerungen. Nach Analysen der Beratung Strategy& ist für 2021 in Europa ein BIP-Anstieg um 5,5 Prozent zu erwarten. Die Öffnungen werden wahrscheinlich langsam und schrittweise erfolgen, aber es ist damit zu rechnen, dass zumindest im zweiten Halbjahr 2021 das Leben langsam wieder zur Normalität zurückkehrt. Für die Aktien vieler Unternehmen, die bisher stark unter der Corona-Krise gelitten haben, bietet das Aufholpotenzial. Für Anleger sind dabei besonders Werte aus der „zweiten Reihe“ interessant, die nicht so stark im medialen Fokus stehen wie etwa Lufthansa, Carnival & Co.

Airlines: Billigflieger haben größere Chance auf Erholung

Besonders Reise- und Freizeitaktien kommt der wiederkehrende Optimismus und ein gewisser Nachholbedarf zugute. Zum Beispiel verzeichnete Reiseveranstalter Tui über Nacht einen Buchungsanstieg von rund 500 Prozent, nachdem der englische Premierminister Boris Johnson für den Sommer das Ende aller Corona-Maßnahmen in Aussicht stellte. Viele Unternehmen liegen noch weit unter dem Niveau von vor der Pandemie, doch der Reisesektor beginnt, sich langsam zu erholen. Das zeigt sich auch an den Entwicklungen der Aktienkurse. So geht es auch bei einigen Fluggesellschaften aufwärts. Der Kurs für Papiere der britischen Airline Easyjet etwa lag im März 2020 noch bei einem Tief von 4,48 Euro. Etwas mehr als ein Jahr später hat sich der Kurs mehr als verdoppelt und ist auf 11,90 Euro gestiegen (Stand: 06.04.2021). Easyjet hatte zeitig auf die Herausforderungen der Pandemie reagiert und sich im Frühjahr 2020 durch das Sale-and-Lease-Back eines Teils seiner Flotte finanziellen Spielraum von umgerechnet rund 2,65 Milliarden Euro verschafft, um in der Krisenzeit liquide zu bleiben. Auch der US-amerikanische Billigflieger JetBlue verzeichnet seit etwas mehr als einem Jahr eine deutliche Kurserholung: von 6,55 Euro im März 2020 auf 17,62 Euro im April 2021 (Stand: 06.04.2021).

Der entscheidende Vorteil der Billigflieger: Ihr Erholungspotenzial ist größer als das der Branchenschwergewichte, da sie vor allem kürzere Strecken für Privatreisende bedienen. Die Lufthansa dagegen zählt viele Geschäftskunden. Während der Pandemie stellten Unternehmen jedoch auf Videokonferenzen um. Das hat sich in vielen Fällen bewährt und die geschäftliche Reisetätigkeit wird wohl auch in Zukunft niedriger ausfallen, allein schon, weil Unternehmen die Reisekosten sparen wollen.

Tourismus und Gastronomie: Optimismus in den USA

Doch nicht nur bei den Airlines, auch in anderen Bereichen lohnt ein Blick in die zweite Reihe. Das US-amerikanische Tourismusunternehmen Vail Resorts zum Beispiel kommt bis jetzt relativ gut durch die Krise. Das auf Skiurlaube spezialisierte Unternehmen betreibt 34 Resorts in Nordamerika und sicherte sich im Lockdown durch vorverkaufte Season-Passes seinen Cash-Flow, sodass sich keine Storno-Probleme stellten. Auf seiner Finanzkonferenz Mitte März 2021 präsentierte Vail Resorts jüngst die Zahlen zum am 31.01.2021 abgelaufenen Geschäftsquartal: Beim Umsatz wies das Unternehmen einen Rückgang von 25,96 Prozent auf 684,6 Millionen US-Dollar aus. Ein Jahr zuvor war ein Umsatz von 924,6 Millionen Dollar erwirtschaftet worden. Damit fielen die Verluste geringer als erwartet aus. Auch die aktuellen Besucherzahlen geben Grund für Optimismus: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Besuche bis zum 7. März 2021 nur um rund 8 Prozent gesunken – trotz anhaltender Pandemie und Reisebeschränkungen. Das Unternehmen setzt zudem darauf, dass optimistische Urlauber bereits für die kommende Saison ihre Winterpässe kaufen, und plant entsprechende Investitionen. In diesem Sommer sollen bis zu 140 Millionen Dollar für Wartungen und Upgrades der Anlagen ausgegeben werden.

Ebenfalls ein interessanter und hierzulande relativ unbekannter Titel aus den USA: die besonders bei Familien beliebte Restaurantkette Dave & Buster‘s. Das Unternehmen musste zwar finanzielle Überbrückungshilfen in Anspruch nehmen, doch inzwischen ist es für das Jahr solide durchfinanziert und könnte zu den Profiteuren von einer Rücknahme von Beschränkungen gehören. Laut Schätzungen soll sich der Umsatz 2021 auf 954 Millionen Dollar mehr als verdoppeln. Damit wäre Dave & Buster's zwar immer noch weit von seinen Umsätzen vor der Pandemie entfernt, die bei etwa 1,4 Milliarden Dollar lagen, es wäre jedoch ein wichtiger Schritt auf dem Weg, dieses Niveau im Jahr 2022 oder 2023 wieder zu erreichen. Auch beim Aktienkurs stehen die Zeichen auf Erholung: Notierte das Papier im März 2020 bei rund 4,60 Euro, lag es etwas mehr als ein Jahr später schon wieder bei 37,35 Euro (Stand: 06.04.2021). Bis zum Allzeithoch von 64,66 Euro im Juni 2017 ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Risiko Erholungsverzögerung: Anleger sollten bestimmte Unternehmenskennzahlen im Blick behalten

Das zeigt: Die Öffnung der Wirtschaft bietet Chancen für Anleger und es lohnt durchaus ein Blick in die zweite Reihe beziehungsweise auf Unternehmen, die sonst weniger im Fokus stehen. Aber: Wo es Chancen gibt, sind auch Risiken nicht weit. In den Branchen, die am härtesten von den Corona-Maßnahmen getroffen wurden, gibt es die größten Aufholchancen. Diese Unternehmen sind jedoch nach wie vor anfällig, sollte es Rückschläge bei der Bekämpfung der Pandemie geben.

Anleger sollten ihre Investments deswegen noch kritischer als sonst prüfen und einen besonderen Blick auf die die Schuldenlast betreffenden Kennzahlen haben. Die Fristigkeit der Schulden spielt eine wichtige Rolle, so dass nicht zur „Unzeit“ refinanziert werden muss. Ebenso wichtig ist die Möglichkeit, sich bei einer Erholungsverzögerung weitere Liquidität beschaffen zu können, hier können gute Kredit-Ratings überlebenswichtig sein. Manche Unternehmen nutzten auch die Erholungsbewegung der letzten Monate, um sich selektiv von einzelnen Teilen des Unternehmens zu trennen und so strukturell sicherzustellen, dass die verbleibenden Unternehmensteile überlebensfähig sind. Wichtige Kennzahlen sind in diesem Themenkomplex die Nettoverschuldung relativ zum EBITDA, das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital und der Zinsdeckungsgrad.








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