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08.06.2021 Solardachpflicht - Klimaschutz muss sozial sein

Klimaschutz ist eine Aufgabe von Generationen. Gerade die heutigen Entscheider sind gefragt, wenn es darum geht, die Welt für Kinder und Enkelkinder in ihrer jetzigen Form zu erhalten. Aus diesem Grund begrüßen wir es grundsätzlich, wenn Dachflächen mit Solarpanels ausgestattet werden. So lassen sich Nebenkosten senken und die Energiebilanz eines jeden Gebäudes schnell verbessern.

Auf den ersten Blick wirkt auch die Solardachpflicht für Neubauten, die der Bund plant, durchaus schlüssig: Wer heute eine Immobilie baut oder eine Dachsanierung umsetzt, muss nach den Plänen der Bundesregierung schon bald Solarpanels installieren. So könnte der Anteil an regenerativen Energiequellen steigen und Mieter oder Eigennutzer würden sogar von geringeren Nebenkosten profitieren. Aber ist es wirklich so einfach?
Als Immobilieninvestor betreuen wir mehrere Wohnprojekte in Deutschland und legen dabei einen Fokus auf bezahlbaren Wohnraum. Da sich Solarenergie schnell rechnet, wollten wir unsere Objekte in Wertheim mit Solarpanels ausstatten. Das Ziel: Nebenkosten für Mieter senken und etwas fürs Klima tun. Doch in der Praxis gestaltete sich das Vorhaben komplexer als gedacht: Die Infrastruktur des städtischen Stromnetzbetreibers ließ es nicht zu, die produzierte Leistung auch in das öffentliche Netz einzuspeisen. Große Teile der regenerativ gewonnenen Energie wären auf diese Weise verpufft. Nachhaltig ist das nicht.

Zwar begrüßen wir die Initiative der Bundesregierung, Solarpanels auf Dächern zu fördern, doch ist es nicht damit getan, die Module aufs Dach zu schrauben. Nur wenn die auf diese Weise gewonnene Energie auch ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden kann, erfüllt ein solches Gesetz seinen Zweck. Der Gesetzgeber sollte daher entweder auf Seiten der Energie-Infrastruktur Voraussetzungen schaffen oder aber von pauschalen Vorgaben absehen.

Der Markt für Wohnimmobilien ist seit Jahren von Knappheit gezeichnet. Die Folge sind hohe Mieten und eine starke Belastung der unteren Einkommen. Damit Klimaschutz auch sozial ist, dürften Vorgaben und Gesetze den Bau neuer Häuser und Wohnungen keinesfalls zusätzlich erschweren. Im Gegenteil: Weniger Vorgaben und Bürokratie könnten dabei helfen, die ohnehin stark steigenden Baukosten zu drosseln und nachhaltige Neubauprojekte zu begünstigen. Erst wenn das Problem des Wohnraummangels gelöst ist und Wohnen keine soziale Frage mehr ist, steigt auch die Akzeptanz für Bauauflagen mit dem Ziel des zweifellos notwendigen Klimaschutzes. Das klimapolitische Pferd darf nicht von hinten aufgezäumt werden.

(Ein Kommentar von Ulrich Jehle, Geschäftsführer der Real Estate & Asset Beteiligungs GmbH)






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