News RSS-Feed

08.09.2021 Eigentümergemeinschaft: Wer ist für die Instandhaltung verantwortlich?

Wer eine Eigentumswohnung kauft, wird damit gleichzeitig Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn neben der Wohnung erwirbt der Käufer zusätzlich einen Miteigentumsanteil an der gesamten Immobilie. Um über die Verwaltung des sogenannten Gemeinschaftseigentums abzustimmen, kommen in regelmäßigen Abständen alle stimmberechtigten Wohnungseigentümer sowie der Hausverwalter im Zuge einer Eigentümerversammlung zusammen. Für Wohnungseigentümer ist es vorab wichtig zu wissen, wer für welche Instandhaltung aufkommt. Denn ein Irrtum kann schnell teuer werden. Anhand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) erklären die VON POLL IMMOBILIEN Experten (www.von-poll.com), wer die Kosten übernehmen muss, wenn ein Teil des Gemeinschaftseigentums von einem Miteigentümer ohne Beschluss der anderen Wohnungseigentümer ersetzt wird.

In der Teilungserklärung ist unter anderem geregelt, wer für welche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen innerhalb einer Eigentümergemeinschaft verantwortlich ist. „Eigentümer sind für die Kosten und Maßnahmen zur Instandhaltung am Sondereigentum selbst verantwortlich – dieses umfasst grundsätzlich die konkrete Wohnung sowie das Alleineigentum an zugeordneten Sondernutzungsbereichen“, erklärt Tim Wistokat, LL.M. Rechtsanwalt und Head of Legal Department bei VON POLL IMMOBILIEN. Und weiter: „Das Gemeinschaftseigentum hingegen ist für alle zugänglich und muss dementsprechend auch von allen Eigentümern verwaltet werden. Zum Gemeinschaftseigentum gehören unter anderem die Fassade, das Treppenhaus, aber auch Türen und Fenster, die sich im Bereich des Sondereigentums befinden.“

Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Dort ist unter anderem festgehalten, dass jede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum eines zustimmenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf. Doch was passiert, wenn ein Eigentümer irrtümlich in das Gemeinschaftseigentum investiert? Kann der Miteigentümer die Kosten von den übrigen Eigentümern zurückverlangen?

„Wer als Miteigentümer ohne einen gefassten Beschluss der Eigentümerversammlung in eine Maßnahme des Gemeinschaftseigentums investiert, muss diese Kosten in der Regel selbst tragen“, weiß Rechtsanwalt Wistokat von VON POLL IMMOBILIEN. Und weiter: „Laut dem BGH können die Aufwendungen auch nicht von den anderen Wohnungseigentümern, zumindest auf Grundlage der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts, zurückverlangt werden.“ Lediglich und ausnahmsweise im Falle der sogenannten Notgeschäftsführung können die Kosten von der Wohnungseigentümergemeinschaft zurückverlangt werden. Dafür müsste jedoch die Durchführung der Maßnahme dringlich und zwingend erforderlich gewesen sein.

In dem verhandelten Fall (Az: V ZR 254/17, Urteil vom 14. Juni 2019) ist der Kläger Mitglied der beklagten Eigentümergemeinschaft. 2005 ließ der Kläger in seiner Wohnung, welche Teile einer Wohnanlage mit mehr als 200 Wohnungen ist, die einfach verglasten Holzfenster aus dem Jahr 1972 durch Kunststofffenster mit Dreifachisolierglas ersetzen. Wie auch viele andere Wohnungseigentümer der Gemeinschaft ging der Kläger fälschlicherweise davon aus, dass die Erneuerung der Fenster in Verantwortung des jeweiligen Sondereigentümers liegt. Für die erbrachte Aufwendung fordert der Kläger von der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Wertersatz in Höhe von 5.500 Euro.

„Die vom Amtsgericht eingereichte Klage wurde abgewiesen, die Berufung beim Landgericht sowie die anschließende Revision beim BGH blieben erfolglos. Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts, das sich gegen den Ersatzanspruch aus allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aussprach“, sagt Wistokat von VON POLL IMMOBILIEN. Und führt weiter aus: „Die vollständige Erneuerung der Fenster im räumlichen Bereich des Sondereigentums fällt in den Aufgabenbereich der Eigentümergemeinschaft. Die Fenster inklusive Rahmen gehören nach Paragraph 5 Absatz 2 des WEG zwingend zum Gemeinschaftseigentum. Demnach ist die Eigentümergemeinschaft für den Austausch und die Kostenübernahme zuständig. Zwar können die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer abweichen, diese müssen jedoch klare und eindeutige Regelungen treffen. Die Teilungserklärung im vorliegenden Fall enthält allerdings keine abweichenden Regelungen dazu.“

Eine Erstattung für die Zahlung der entstandenen Kosten lehnte der BGH dennoch ab, da gerade Paragraph 21 Absatz 2 WEG die Anwendung der allgemeinen Ansprüche aus dem BGB ausschließt. Das WEG besagt, dass die Wohnungseigentümer den Nutzen und die Kosten einer Maßnahme gegeneinander abwägen und gegebenenfalls nicht zwingend erforderliche Maßnahmen zurückstellen können. Die Interessen der anderen Eigentümer sollen durch die Entscheidung des BGH geschützt werden.

Fazit

Tim Wistokat resümiert: „Grundsätzlich sind Eigentümer für die Instandhaltung ihres Sondereigentums verantwortlich. Zusätzlich müssen sie als Teil der Eigentümergemeinschaft das Gemeinschaftseigentum verwalten. Wenn ein Sondereigentümer auf eigene Kosten eine Instandhaltungsmaßnahme am Gemeinschaftseigentum durchgeführt hat, kann er keine Erstattung vom Gemeinschaftsvermögen verlangen. Da dies nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Zwar müssen Eigentümer damit rechnen, dass es zu unerwarteten Ausgaben am Gemeinschaftseigentum kommen kann, auf vergangene Maßnahmen, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten, müssen sie sich allerdings nicht einrichten.“






Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!