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10.09.2021 Die nationale Verschuldung darf nicht die Geldpolitik bestimmen

Es kam, wie es kommen musste. Die EZB fährt die Anleihekäufe im Rahmen des PEPP-Programms zurück. Allerdings gab sie keinen klaren Hinweis auf eine große Richtungsänderung. Zwar ist das Programm bis Ende März 2022 befristet. Doch die EZB teilte mit, dass die Anleihekäufe so lange fortgeführt würden, wie es angesichts der Corona-Krise eben nötig sei.

In der Tat ist es nur schwer zu glauben, dass sich an der geldpolitischen Ausrichtung der Europäischen Zentralbank zeitnah etwas ändern wird.

Das liegt auch daran, dass die Falken, also die Befürworter einer mehr orthodoxen Geldpolitik innerhalb der EZB, derzeit in der Minderheit sind. Gegenüber den Tauben, die an der aktuellen Ausrichtung der Geldpolitik noch länger festhalten wollen, haben sie einen schweren Stand. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat in einer Studie das Abstimmungsverhalten der EZB-Ratsmitglieder mit der Höhe der Staatsverschuldung verglichen: Aktuell verzeichnen die fünf Falken in ihren Herkunftsländern eine durchschnittliche Schuldenquote von 71 % des Bruttoinlandprodukts, während die Tauben auf durchschnittlich 133 % Schuldenquote kommen.

Da drängt sich das ungute Gefühl auf, dass die Notenbanker zwar formal die geldpolitischen Entscheidungen treffen, doch die heimischen Finanzminister am Ende den jeweiligen zinspolitischen Entscheidungsrahmen vorgeben.

Das kann im aktuellen Umfeld nur gut gehen, wenn die hohe Inflation ein vorübergehendes Phänomen bleibt. Sollten sich jedoch die weltweiten Liefer- und Versorgungsengpässe bis zum Frühjahr des kommenden Jahres nicht auflösen, könnte der Konjunkturausblick leiden. Und dann bekäme der Preisdruck eine neue Qualität. Die EZB wiederum wäre dann in einer fatalen Lage.

Fazit: Die nationale Verschuldensquote darf für die geldpolitische Strategie nicht richtungsweisend werden.

(Kommentar von Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK)






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