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21.10.2021 Personalknappheit ist Herausforderung für Hotellerie und Gastronomie

Hotellerie und Gastronomie werfen nach der langen Durststrecke des letzten Winters – nicht zuletzt durch den in den Ferienregionen durchaus erfolgreichen Sommer – einen positiven Blick auf die Wintersaison 2021/2022, die für die touristische Gesamtbilanz in Österreich eine überdurchschnittlich hohe Relevanz hat.

Allerdings: An allen Ecken, Enden und Ebenen fehlt Personal. Nicht weiter verwunderlich ist daher die Fülle an Stellenangeboten, die neben finanziellen Anreizen, die deutlich über den Kollektivverträgen liegen, auch mit zusätzlichen Benefits (beispielsweise Reduktion der Wochenarbeitszeit, Freizeitangebote, etc.) locken.
mrp hotels erörtert die akute Problematik der Branche, stellt diese in Zahlen und Fakten vor und zeigt Lösungsansätze auf.

Mangelerscheinungen auf allen personellen Ebenen

Schon lange vor der Corona-Pandemie litt die Hotel- und Tourismusindustrie, hervorgerufen durch beständiges Wachstum, mit dem die Ausbildungskapazitäten auf allen Ebenen nicht mithalten konnten, unter fehlenden Fachkräften und jungen Nachwuchstalenten. Dieses Phänomen wurde nun durch Unsicherheiten in Bezug auf die Rückkehr des Tourismus im Allgemeinen und den Wegfall des Vertrauens auf einen sicheren Arbeitsplatz verstärkt.

Die lange Aussichtslosigkeit auf eine Rückkehr des Tourismus löste bei den Beschäftigten eine Branchenflucht aus: Alleine in Deutschland haben 325.000 Fachkräfte der Industrie den „Rücken zugekehrt“. Auch in Österreich fehlen nach Hochrechnungen ca. 50.000 - 55.000 Fachkräfte in der Branche.

Aushilfskräfte, welche traditionell einen großen Anteil der Arbeitskräfte in der Hotellerie und Gastronomie ausmachen (ca. 1 Mio. Beschäftigte in der Hotellerie und im Tourismus in Deutschland), haben sich ebenfalls umorientiert, da sie keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatten. Außerdem konnten aufgrund der Schließungen der Betriebe weniger Lehrlinge ausgebildet werden – der Branche fehlen fast zwei vollständige Ausbildungsjahre.

Diese Zahlen machen klar, dass es eines Umdenkens und neuer Ansätze in Bezug auf Mitarbeiter benötigt.

„Karriereleiter erklimmen“ war gestern – Work-Life Balance ist heute

Eines ist gewiss: Der berufliche Ausgleich ist so wichtig wie nie zuvor. Vor allem die Hotel- und Tourismusbranche ist für ihre fordernden Arbeitszeiten und die Ungewissheit bezüglich der Planung des Privatlebens bekannt. Aus diesem Grund ist es für die Branche umso wichtiger, gemeinsam mit den Mitarbeitern proaktiv neue und individuelle Möglichkeiten zu suchen anstatt auf „one fits all“-Bedingungen zu setzen.
So zum Beispiel ermöglicht die flexible Arbeitszeitgestaltung Privat- und Berufsleben so zu organisieren, dass die Arbeitskraft des Mitarbeiters für den Betrieb erhalten bleibt. Immer wieder im Gespräch ist in diesem Zusammenhang auch die 4-Tages Woche, welche nachweislich die Produktivität der Mitarbeiter fördert und erfolgreich in Ländern wie Schweden und Island durchgesetzt wurde.

Dieses Modell wird derzeit auch in Deutschland getestet: Die beiden 25hours-Hotels in Hamburg bieten seit September 2021 den Mitarbeitern drei freie Tage pro Woche. Bei erfolgreichen und zufriedenstellenden Resultaten soll dieses Modell auch in allen anderen Hotels der Gruppe umgesetzt werden. Durch die erwartete höhere Produktivität der Mitarbeiter werden beispielsweise auch Überstunden minimiert - was das Modell nicht nur attraktiv für den Arbeitnehmer, sondern gleichermaßen auch für den Arbeitgeber macht.

Neben Modellen mit einem geringeren Wochenarbeitsvolumen gibt es auch die Möglichkeit, zusätzliche Urlaubstage zu genehmigen, um so den notwendigen Ausgleich sicherzustellen. Betriebliche Gesundheitspräventionsmaßnahmen wie zum Beispiel ein Sport- bzw. Bewegungsprogramm oder zusätzliche Vorsorgemaßnahmen tragen zum Wohl der Mitarbeiter zusätzlich bei.

Mehrwert bieten statt Einschränkungen kommunizieren

Neben der Sicherstellung eines flexiblen und vor allem planbaren Berufsalltag spielen vor allem das Talent Development, also die Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeiter, ihre Mitgestaltungs- und Einbringungsmöglichkeiten sowie die gebotenen Zukunftsaussichten inklusive der gebotenen Anreize und Benefits eine große Rolle.
Die aktive Einbindung der Mitarbeiter in die betriebliche Gestaltung und die Förderung und Forderung der sozialen Kompetenzen stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Eine offene Kommunikation in Bezug auf Zukunftsaussichten in Zusammenhang mit individuell gestalteten Zielsetzungen fördert die Motivation und bietet Anreize in Bezug auf berufliche Chancen oder Benefits.

Darüber hinaus haben Unternehmen vielfältige Möglichkeiten, den Arbeitnehmer unabhängig von einer Gehaltserhöhung zu belohnen. Klassische Beispiele hierfür sind die freie Nutzung der Hoteleinrichtungen (z.B. SPA Bereich, Gym, etc.) oder das Geschäftshandy. Zudem gibt es unter anderem auch die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer beispielsweise den Sachbezug bis zur Obergrenze steuerfrei über eine Prepaid Kreditkarte zukommen zu lassen. Viele dieser Angebote werden bisweilen von nur wenigen Betrieben genutzt.

Recruiting Kanäle – Masse statt Klasse?

Stelleninserate alleine in Printmedien zu veröffentlichen ist längst nicht mehr zeitgemäß. Wenn es um das Werben von neuen Mitarbeitern geht, müssen die Betriebe in die Breite gehen und unterschiedlichste Medien für ihre Zwecke nutzen. E-Recruiting, also die die Unterstützung der Personalsuche durch den Einsatz elektronischer Medien und Personalsysteme, gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Beliebt, aufgrund der immer weiter steigenden Mitgliederzahlen, sind Social Media Plattformen. Der Vorteil liegt hier in der Kommunikation von Werten und Emotionen, die für die Nutzer Identifikation mit dem Unternehmen schafft und somit nicht nur aktiv Arbeitssuchende, sondern auch passiv Arbeitssuchende anspricht. Dennoch: Im Verhältnis zu anderen Recruiting Kanälen haben die sozialen Medien trotz eines Plus von 50% derzeit einen noch relativ geringen Anteil und sollten aktiver genutzt werden.
Das Employer Branding, also den eigenen Mitarbeiter zum Markenbotschafter werden lassen und so potenzielle Mitarbeiter und Talente im Netzwerk des Mitarbeiters zu finden, ist zwischen 2008-2018 immer bedeutender geworden (+38 % anteilig aller Recruiting Kanäle).

Keine Mitarbeiter? – Was sind meine Optionen?

Die Digitalisierung wird zu einem wesentlichen Aspekt für die Hotelbranche. Vor allem während der Krise haben sich immer mehr „New Kids on the Block“ etabliert, welche durch das Einsetzen von Technologie schlankere und effizientere Hotelprodukte schaffen. Vor allem der Kostenfaktor Personalaufwendungen fällt bei diesen Produkten deutlich geringer aus.

Im Bereich Rooms Divison (unter anderem die Bereiche: Empfang, Guest Relation, Business Center, Portierservices, etc.) gibt es viele Möglichkeiten, Technik in das operative Geschäft einzubinden und die Gasterfahrung zu digitalisieren. Neben dem mobilen Check-In und Check-Out kann beispielsweise zusätzlich ein digitaler Concierge Service angeboten werden. Auch die Anmeldung im Hotel kann automatisiert werden - der Gast erhält einen digitalen Zimmerschlüssel. Damit wird das Personal entlastet und kann sich ganz auf die individuellen Wünsche der Gäste konzentrieren.

Last, but not least: Politische Mithilfe ist gefragt

Mittel- und langfristig ist die Hotel- und Tourismusbranche neben der eigenen Verantwortung, sich aus sich selbst heraus zu verändern, auch auf die Unterstützung der Politik angewiesen. Dabei stehen die Kollektivverträge, die Verbesserung des Branchenimages und die Öffnung des Arbeitsmarktes in Richtung Drittstaaten im Vordergrund.

Die Gehälter in den Kollektivverträgen sind schon lange nicht mehr angemessen und müssen seitens der Politik angepasst werden, ohne dabei die Lohnnebenkosten für die Arbeitgeber zu erhöhen. Die daraus resultierende höheren Lohnzahlungen implizieren langfristig höhere Preise in der Hotellerie und Gastronomie.

Die Verbesserung des Branchenimage ist ein weiterer und unumgänglicher Aspekt für eine Zukunft der Branche. Unumgänglich wird es zukünftig sein, dass sich die Industrie gemeinschaftlich vermarktet und repräsentiert, um somit mehr Anerkennung von der Bevölkerung und Politik zu gewinnen.

Zuletzt gilt es bestehende bürokratische Hürden zu nehmen und so das Einstellen von Facharbeitern aus dem Ausland – und hier vor allem aus Drittstaaten – zu ermöglichen bzw. zu vereinfachen und so zu einer Entlastung der angespannten Situation beizutragen.

(Quelle: mrp hotels)




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