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17.12.2021 Emissionsmarkt Deutschland: Ein turbulentes IPO Jahr geht zu Ende

Während der deutsche IPO-Markt in der ersten Jahreshälfte noch auf Rekordkurs lag, drehte die Stimmung im Spätsommer: In der zweiten Jahreshälfte gelang in einem von zunehmender Unsicherheit geprägten Umfeld nur noch vier Unternehmen der Sprung auf das Frankfurter Börsenparkett (erste Jahreshälfte: 14). Das erzielte Emissionsvolumen lag im zweiten Halbjahr bei schwachen 744 Millionen Euro, während die Neuemissionen in der ersten Jahreshälfte rekordverdächtige 8,75 Milliarden Euro eingespielt hatten.

Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse „Emissionsmarkt Deutschland“, für die das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC vierteljährlich die Aktienneuemissionen sowie die Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt erfasst.

Stimmungsumschwung im Spätsommer

„Der Stimmungsumschwung in der Wirtschaft, an den Börsen und im IPO-Markt, den wir seit dem Spätsommer beobachten, hat gleich mehrere Gründe: Sorgen bereitet einerseits das steigende Inflationsniveau und die Erkenntnis, dass dies nicht nur ein vorübergehendes Phänomen bleiben könnte. Zum anderen wird immer deutlicher, dass sich die Lieferkettenprobleme, die vielen Unternehmen seit Jahresbeginn zu schaffen machen, auch 2022 nicht in Luft auflösen werden“, kommentiert Nadja Picard, PwC Europe Capital Markets Leader bei PwC Deutschland.

Stephan Wyrobisch, PwC-Experte für IPOs, ergänzt: „Mit steigender Unsicherheit, wie sich der Fortgang der Pandemie auf die wirtschaftliche Erholung auswirken wird, sind Investoren in der zweiten Jahreshälfte sehr viel selektiver geworden. In einem solchen Umfeld haben es dann insbesondere Neulinge an der Börse schwer, weil sie für Investoren zunächst ein höheres Risikoprofil aufweisen als bereits etablierte Unternehmen.“ Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Kurseinbußen vieler Börsenneulinge legten mehrere Kandidaten ihre Börsengänge in der zweiten Jahreshälfte auf Eis.

Schwaches Schlussquartal 2021

Entsprechend konnte der deutsche Emissionsmarkt im Schlussquartal 2021 nicht an die Erfolge aus der ersten Jahreshälfte anknüpfen: Nur zwei Unternehmen glückte der Sprung auf das Frankfurter Parkett: Die Mantelgesellschaft GFJ ESG Acquisition I, die sich auf nachhaltige Technologien fokussiert, und der Hersteller veganer Lebensmittel Veganz, spielten bei ihren Debüts zusammen 191 Millionen Euro ein.

Der Spin-Off von Daimler Truck markierte mit einer Marktkapitalisierung von über 23 Milliarden Euro die letzte Notierung an der Frankfurter Wertpapierbörse in diesem Jahr. In die Berechnungen von PwC ging diese Transaktion allerdings nicht ein, da keine Platzierung von Aktien erfolgte.

Gesamtbilanz 2021 fällt durchwachsen aus

Insgesamt gelang 18 Unternehmen im Jahr 2021 der Sprung an die Börse – das sind deutlich mehr als im Vorjahr (7) und genauso viele wie im starken IPO-Jahr 2018. Unter den Börsengängen des ablaufenden Jahres waren mit Vantage Towers, Auto1 und SUSE drei Transaktionen in Milliardenhöhe.

Die Hoffnungen auf ein IPO-Rekordjahr in Deutschland, die nach der starken ersten Jahreshälfte aufflammten, haben sich jedoch nicht erfüllt: Die 18 Börsengänge im Jahr 2021 spielten insgesamt 9,5 Milliarden Euro ein. Das sind zwar wesentlich mehr als 2020 (1,1 Milliarden Euro). An das Rekordjahr 2018, als die Erlöse 11,3 Milliarden Euro betrugen, reicht das aktuelle IPO-Jahr allerdings nicht heran.

Kapitalerhöhungen steigen im Jahresvergleich steil an

Dass Investoren dennoch weiterhin offen für Investitionsmöglichkeiten sind, zeigt sich bei den Kapitalerhöhungen, wo das Schlussquartal 2021 sehr stark verlief: Sowohl die Anzahl der Kapitalerhöhungen als auch das Volumen legten im Vergleich zum Vorquartal deutlich zu. Insgesamt 19 Unternehmen besorgten sich im vierten Quartal frisches Geld an der Börse (Q3: 10). Das Volumen stieg von 785 Millionen Euro in Q3 auf 11,6 Milliarden Euro im Schlussquartal 2021.

Wesentlicher Treiber für den steilen Anstieg des Volumens war die Kapitalerhöhung des Immobilienkonzerns Vonovia von rund 8,1 Milliarden Euro, die damit die Übernahme der Deutsche Wohnen finanzieren will. Eine weitere Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe prägte das vierte Quartal: Lufthansa besorgte sich 2,1 Milliarden Euro frisches Kapital, um die Eigenkapitalbasis zu stärken und Rückzahlungen an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu tätigen.

Auch im Jahresvergleich liegt sowohl die Anzahl der Kapitalerhöhungen mit 59 deutlich über dem Vorjahr (44) wie auch das Volumen, das einen Anstieg von 11,6 Milliarden Euro in 2020 auf 16,7 Milliarden Euro in 2021 verzeichnete.

Gemischtes Bild bei den Fremdkapitalemissionen

Auch bei den Fremdkapitalemissionen zeigt sich im Schlussquartal ein gemischtes Bild: Im Investment Grade sank das Emissionsvolumen im Schlussquartal 2021 um rund 30 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro im Vergleich zum dritten Quartal. Im High-Yield-Bereich lässt sich dagegen der umgekehrte Trend beobachten: Hier stieg das Emissionsvolumen im vierten Quartal um gut 20 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Mit einem Gesamtvolumen von 21,5 Milliarden Euro bei den High Yield Bonds schließt das Jahr 2021 mit dem stärksten Ergebnis seit acht Jahren.

„Zuletzt waren insbesondere Unternehmen aus stark von COVID-19 betroffenen Branchen wie Touristik oder Einzelhandel in der Lage, Anleihen am Kapitalmarkt zu platzieren“, kommentiert Stephan Wyrobisch.

Ausblick: PwC-Expertin erwartet starkes Auftaktquartal 2022

Trotz der insgesamt gemischten IPO-Bilanz für das Jahr 2021 blickt Nadja Picard optimistisch auf 2022: „Die Pipeline für das neue Jahr ist gut gefüllt. Mindestens ein halbes Dutzend vielversprechender Börsenkandidaten steht in den Startlöchern. Darunter sehen wir sowohl Kandidaten, die ihre Pläne aus 2021 verschoben haben als auch Unternehmen aus Private Equity-Hand. Daneben spielt auch weiterhin das Thema „Corporate Simplification“ eine große Rolle, sodass wir auch im kommenden Jahr wieder Spin-Offs und Carve-outs aus größeren Konzernen erwarten. Inwieweit sich diese Pipeline materialisieren lässt, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Entscheidend hierfür wird sicherlich der Fortgang der Pandemie und deren weitere wirtschaftliche Auswirkungen sein“, so die Einschätzung der Expertin.









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