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14.01.2022 Deutscher Immobilienmarkt erholt sich von Corona

Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 113,8 Milliarden Euro verzeichnete der deutsche Immobilienmarkt 2021 ein neues Rekordergebnis. Mit rund 20 Prozent hatte die Übernahme der Deutsche Wohnen durch die Vonovia einen erheblichen Anteil am Gesamtvolumen. Das um diesen Sondereffekt bereinigte Transaktionsvolumen liegt mit 90,3 Milliarden Euro rund 14 Prozent über dem Vorjahresumsatz (2020: 78,9 Milliarden Euro) und erreicht damit das Vor-Corona-Niveau (2019: 89,5 Milliarden Euro). 62 Prozent der deutschen Investoren erwarten im Jahr 2022 eine Seitwärtsbewegung des Transaktionsvolumens auf hohem Niveau. Rund ein Drittel prognostiziert gar ein steigendes Transaktionsvolumen. Die Stimmung ist also optimistischer als im Vorjahr, als ein steigendes Volumen nur von einem Viertel der Befragten angenommen worden war. Das sind Ergebnisse des diesjährigen „Trendbarometers Immobilien-Investmentmarkt“ von EY Real Estate, für das rund 220 Investoren befragt wurden, die am deutschen Immobilienmarkt aktiv sind.

„Die Immobilienwirtschaft ist bislang besser durch die Krise gekommen, als es die meisten erwartet haben. Für Entwarnung oder gar Sorglosigkeit gibt es allerdings keinen Anlass“, sagt Christian Schulz-Wulkow, Managing Partner EY Real Estate und Autor der Studie. „Einige Effekte der Krise können auf Grund der hohen Latenz der Immobilienmärkte erst verzögert auftreten, etwa wenn Mietverträge auslaufen und Flächen nicht adäquat nachvermietet werden können. Mit der erstmals wieder nennenswerten Inflation, der neuen Bundesregierung und der sich rasant in Richtung Nachhaltigkeit verändernden Regulatorik betreten wir zudem ein dynamischeres Marktumfeld.“

Nachhaltigkeit: Die Zeit des Zauderns ist vorbei

Nach den im Jahr 2022 bestimmenden Faktoren befragt, prognostizierten knapp 90 Prozent der befragten Investoren, dass Einflüsse des Klimawandels als Ankaufskriterien berücksichtigt werden. Rund 80 Prozent beobachten Kaufpreisaufschläge für ESG-konforme Immobilien.

„Nachdem der Druck der Finanzmärkte auf den Immobilienmarkt bereits spürbar gestiegen ist, schlägt mit der Offenlegungsverordnung und der EU-Taxonomie nun zusätzlich die volle Wucht der Regulatorik durch“, sagt Paul von Drygalski, Director bei EY Real Estate und ebenfalls Autor der Studie. „Aus ureigenstem Interesse muss die Immobilienwirtschaft die nachhaltige Transformation jetzt voll annehmen. Andernfalls droht angesichts des immensen Anteils des Gebäudesektors an den Gesamtemissionen eine nicht zu unterschätzende Abqualifizierung unserer Assets“, sagt Schulz-Wulkow.

Fast alle Investoren (98 Prozent) erkennen die Gefahr von Stranded Assets, also aufgrund von Nachhaltigkeitsaspekten unverkäuflichen, nicht refinanzierbaren Immobilien als Treiber wesentlicher Portfolioumschichtungen. Vor diesem Hintergrund wird der beliebte „Manage-to-Core“-Ansatz, also die gezielte Aufwertung von Objekten, nach Ansicht von 88 Prozent der Investoren künftig um Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt zu einem „Manage-to-Green“. Problematisch ist aus Sicht von mehr als 90 Prozent der Investoren dabei, dass bisher belastbare Erfahrungen mit ESG-Strategien fehlen.
Erstmals wurde die Digitalisierung (92 Prozent), die von den Marktakteuren zuletzt als bedeutsamster Megatrend wahrgenommen wurde, vom Klimawandel (93 Prozent) überholt. Allerdings hängen beide Trends unauflöslich zusammen: So teilen 98 Prozent der Investoren die Ansicht, dass erst eine adäquate Datengrundlage nachhaltige Portfoliostrategien ermöglicht.

Inflation kehrt zurück aufs Tableau

90 Prozent der Befragten halten Immobilien nach wie vor für einen probaten Inflationsschutz. Die zuletzt deutlich gestiegene Inflation wird laut 83 Prozent der Marktteilnehmer künftig wieder eine größere Rolle auch für die Immobilienmärkte spielen. Ein in der Folge dann steigendes Zinsniveau erwartet rund die Hälfte der befragten Investoren bereits im Jahr 2022.

„Die Inflation wird kurzfristig als zusätzlicher Treiber des Immobilien-Investmentmarktes aufs Tableau treten. Weitere mögliche Implikationen dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden: Mittelfristig hängt die Wirkung davon ab, ob und wann die Geldpolitik reagiert. Langfristig müssen wir uns der Frage stellen, wie lange die Mietenentwicklung der Teuerung nachfolgen kann“, sagt Schulz-Wulkow.

Hochstimmung am Wohnungsmarkt – Einzelhandelsimmobilien am Tropf

In guten Lagen erwarten die Investoren steigende, in peripheren Lagen gleichbleibende Preise am Wohnungsmarkt. Hier liegt auch der stärkste Investitionsfokus für 2022. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Logistikimmobilien. Etwas verhaltener wird der Büroimmobilienmarkt eingeschätzt: Hier werden in guten Lagen überwiegend gleichbleibende, in peripheren Lagen sinkende Preise erwartet. Büros gewinnen bei den geplanten Investitionen allerdings wieder etwas an Zuspruch. Ein differenziertes Bild zeigt der Hotelimmobilienmarkt. Während die Investoren die Ferienhotellerie vor einer mittelfristigen Erholung sehen, werde die Businesshotellerie diese wohl länger nicht erreichen. Bei Shopping-Centern erwartet eine deutliche Mehrheit der Investoren sinkende Preise in allen Lagen. Nicht betroffen ist der stationäre Lebensmitteleinzelhandel. Insbesondere in guten Lagen werden hier gleichbleibende oder gar steigende Preise erwartet. So rückt insbesondere die Pandemieresistenz als Anlagekriterium stärker in den Fokus insbesondere risikoaverser Investoren, wie 65 Prozent der Befragten angaben.

„Am schmerzhaftesten sind die erwarteten Einschnitte für Teile des Einzelhandelsimmobiliensegments“, sagt von Drygalski. „Während Wohn- und vor allem Logistiknutzungen stark profitieren, konnte das Bürosegment noch nicht auf allen Teilmärkten zu alter Stärke zurückfinden, und auch Hotelimmobilien kämpfen noch um Erholung. Die Coronapandemie entfaltet weiter katalysierende Wirkung. Die Neuordnung der Assetklassen setzt sich fort.“

Beleihungswerte und Marktentwicklung gehen auseinander

Im Finanzierungsumfeld erwarten 84 Prozent der Umfrageteilnehmer einen zunehmenden Spread zwischen Markt- und Beleihungswerten. Zudem wird von 85 Prozent der Investoren prognostiziert, dass Private-Debt-Fonds mehr Whole-Loans ausgeben. Aufgrund der von Banken erhobenen Verwahrentgelte erwarten 60 Prozent der Befragten, dass die Eigenkapitalquoten bei Immobilieninvestments steigen werden. Generell sind die Marktakteure optimistisch: 72 Prozent erwarten eine Erholung des Neugeschäfts auf präpandemisches Niveau bei der Kreditvergabe noch in diesem Jahr.





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