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09.02.2022 Flächenverbrauchsdaten: Auf so viel Quadratmetern wohnt Deutschland

Der Wirtschafts- und Immobiliendatenanbieter empirica regio GmbH hat den Pro-Kopf-Wohnflächenverbrauch aller deutschen Gemeinden ab 400 Einwohnern ermittelt. Dafür wurden knapp 9.000 Gemeinden und 107 kreisfreie Städte analysiert. Im Ergebnis wird vor allem in beliebten Ferienorten viel Wohnfläche pro Einwohner verbraucht, aber auch in den ländlichen Regionen steht den Menschen besonders viel Wohnfläche zur Verfügung. In den deutschen Metropolen rücken die Menschen dagegen näher zusammen und leben auf weniger Wohnfläche.

Sondereffekte: Ferienwohnungen und US-Stützpunkte treiben den statistischen Flächenverbrauch

Insbesondere auf den deutschen Nordseeinseln Sylt und Föhr wohnen den Daten zufolge wenige Menschen auf viel Fläche. Kampen auf Sylt zieht dabei an der Spitze mit 264 Quadratmetern pro Einwohner einsam seine Kreise. Es folgen Nieblum auf Föhr sowie Wennigstedt-Braderup, ebenfalls Sylt, mit 120,9 respektive 108 Quadratmeter Wohnfläche pro Kopf.

Viele Gemeinden mit einem besonders hohen, statistischen Flächenverbrauch liegen zudem im Umfeld von ausländischen Militärbasen, denn aufgrund des NATO-Truppenstatus sind die Soldaten und ihre Familienangehörigen von der Meldepflicht befreit. Das betrifft insbesondere viele Gemeinden in Rheinland-Pfalz im Umfeld der Stützpunkte Ramstein und Spangdahlem. Um beide Sondereffekte für die Auswertung zu bereinigen, wurden Gemeinden mit einem Anteil ab 5 % Ferienwohnungen an allen Wohneinheiten (Basis: Zensus 2011) sowie alle Gemeinden im Umkreis von 20 km um Ramstein und Spangdahlem außer die Städte Kaiserslautern und Trier herausgefiltert.

Die übrigen Gemeinden mit dem höchsten Wohnflächenverbrauch pro Kopf sind dann Beuren (Eifel) (75,2 m²/Kopf) und Bremm (74,6 m²/Kopf) in Rheinland-Pfalz sowie Aventoft (73,6 m²/Kopf) in Schleswig-Holstein. Die typische Gemeinde mit einem sehr hohen Wohnflächenverbrauch von mehr als 65 m² pro Kopf hat meistens bis zu 1.200 Einwohner, befindet sich im ländlich geprägten Raum und verlor in den letzten fünf Jahren an Bevölkerung. Vieler dieser Gemeinden hatten zudem im Zensus 2011 einen Leerstand von 5 bis 10 %.

„Dass gerade beliebte Ferienorte einen hohe Wohnflächenverbrauch aufweisen, überrascht nicht. Die hohe Zahl an Ferienwohnungen, die nicht als Erstwohnsitz fungieren, verzerrt diese Darstellung. Auch wenn es hier noch andere Sondereffekte wie den NATO-Truppenstatus gibt, so zeigt die Analyse, dass insbesondere in den ländlichen, eher peripheren Räumen der Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche besonders hoch ist“, erklärt Jan Grade, Geschäftsführer der empirica regio.

Bliesdorf und Raunheim sind die sparsamsten Gemeinden

Besonders wenig Wohnraum pro Einwohner wird hingegen in den Gemeinden Raunheim in Hessen und Bliesdorf in Brandenburg (34,3 m²/Kopf) verbraucht. Schlusslichter in der Auswertung sind die niedersächsischen Gemeinden Friedland und Osterheide (28,4 bzw. 12,5 m²/Kopf). In diesen Gemeinden stehen größere Gemeinschaftsunterkünfte, wodurch die Statistik wiederum verzerrt wird.

Am Ende der Liste mit niedrigen Wohnflächen pro Kopf stehen viele Mittel- und Großstädte. Dabei fällt auf, dass neben Stuttgart (37,6 m²/Kopf) vier Städte aus dem Rhein-Main-Gebiet besonders niedrige Werte haben: Dietzenbach (37,5 m²/Kopf), Frankfurt am Main (37,4 m²/Kopf), Rüsselsheim am Main (37,3 m²/Kopf) und Offenbach am Main (35,0 m²/Kopf). Generell müssen Menschen in angespannten Wohnungsmarktregionen und den großen Metropolen auf weniger Wohnfläche pro Kopf zusammenrücken. In ländlichen Regionen nach EU-Definition (Degree of Urbanisation) liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Wohnflächen mit 51,4 m² am höchsten. In den Städten liegt er dagegen bei durchschnittlich 40,9 m². Dazwischen liegen sogenannte kleinere Städte und Vororte mit 47 m² pro Kopf. Gleichzeitig stieg die Wohnfläche pro Kopf zwischen 2015 und 2020 am stärksten in den ländlichen Räumen (+3,7%) und am geringsten in den Kernstädten (Großstädten) (+1,5%).

„Gerade ländliche Regionen haben noch genügend Bauland und -platz, um neuen Wohnraum zu schaffen. Dort dominieren Einfamilienhäuser mit einem großen Flächenverbrauch pro Kopf. In peripheren Räumen führen aber auch zunehmende Alterung, der Wegzug der jungen Menschen und damit steigende Leerstände zu einer erhöhten Pro-Kopf-Wohnfläche“, erklärt Jan Grade.

Top-Städte haben Flächenverbrauch ausgereizt

In den Top-Städten hingegen zeigt sich die Entwicklung des Wohnflächenverbrauchs als beständig. Berlin und Köln verzeichnen keinen Zuwachs. Pro Einwohner stehen dort seit Jahren jeweils 38,9 Quadratmeter zur Verfügung. Frankfurt am Main, München, Hamburg, Düsseldorf und Stuttgart konnten ein überschaubares Wachstum des Wohnflächenverbrauchs pro Kopf verzeichnen: Insgesamt haben die Einwohner dort zwei Prozent mehr Platz als noch 2015. In Düsseldorf ist die verbrauchte Wohnfläche pro Kopf mit 41,6 Quadratmetern von den Top-7-Städten am höchsten.
Hamburg (39,4) München (38,6), Berlin und Köln (38,9) sowie Stuttgart (37,6) folgen dahinter. Am wenigsten Platz haben Frankfurter. Sie müssen sich mit 37,4 Quadratmetern pro Kopf begnügen.

„Es scheint, als sei der Flächenverbrauch in den Großstädten geradezu einzementiert. Selbstverständlich ist gerade in den Großstädten Platz Mangelware. Hohe Preise und ein angespannter Miet- oder Eigentumsmarkt führen entweder zum Kauf oder der Anmietung einer kleineren Wohnung oder zur Verbreitung von platzsparenden Wohnkonzepten, wie Wohngemeinschaften“, erklärt Jan Grade. „Typischerweise bewegen sich Universitätsstädte allgemein in ähnlichen Flächenverbrauchsdimensionen, wie es die Metropolen tun.“

So verbrauchen etwa Leipzig, Hannover, Marburg und Gießen nur unwesentlich mehr Wohnraum pro Kopf als die Top-7-Metropolen.

„Für Investoren und Bauträger lässt sich aus den durchschnittlichen Flächenverbrauchsdaten ein Rückschluss auf die besonders nachgefragten Objekte vor Ort ziehen. So kann vermieden werden, am durchschnittlichen Verbrauch vor Ort „vorbeizubauen“, sagt Grade. „Wichtig ist es aber, die Verbrauchsdaten mit Fertigstellungs-, Angebots- und Nachfragedaten zu koppeln, denn ein niedriger oder hoher Flächenverbrauch gibt keine Auskunft darüber, ob Fläche benötigt oder im Überfluss vorhanden ist.“







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