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28.03.2022 Freiburg punktet mit ungebrochener Attraktivität für den Einzelhandel

Olaf Petersen, Geschäftsführer und Chefresearcher des Einzelhandelsspezialisten COMFORT analysiert mit seinen Kollegen in den COMFORT-Büros vor Ort die aktuelle Lage zum Frühlingsbeginn 2022. Wie stellt sich aktuell die Situation für den Einzelhandel und die Handelsimmobilien der 1A-Lagen in den beliebtesten deutschen Einkaufsstädten dar? In dieser Folge geht es um Freiburg im Breisgau, Deutschland südlichste Großstadt.

Ab März 2020 und damit praktisch zwei Jahre befanden sich Gesellschaft und Wirtschaft im Würgegriff der weltweiten Corona-Pandemie. Dabei zählten Einzelhandel und Gastronomie zu den Hauptleidtragenden. Zwar verlief 2021 nicht mehr so negativ wie das Vorjahr: Nach dem ersten durch den Lockdown geprägten Halbjahr kam ab dem Juni wieder Zuversicht auf, die jedoch zum Jahresende zunächst dem Delta- und anschließend dem Omikron-Blues mit neuen administrativen Bestimmungen (2G-(Plus-) / 3G u.a.) für die Retail-Branche wich.

Das im Zuge des fortschreitenden Impffortschritts zwischenzeitliche Aufleben der Innenstädte, von Handel und Gastronomie sowie der Passantenfrequenzen hat indes eindrücklich verdeutlicht, dass unter Normalbedingungen der permanente Empfang und Versand von Paketen bzw. die Nahversorgungserledigungen zu Hause einen echten Shopping-Bummel in einer Einkaufsmetropole nicht nachhaltig zu ersetzen vermag. Anders als früher zählt hierzu heute aber deutlich mehr als nur Shoppen, sondern auch ansprechende Gastronomie-, Nahversorgungs- und Dienstleistungsangebote. Von daher lässt der mittlerweile erfolgte bundesweite Wegfall der 2G-Beschränkungen für den Einzelhandel wie auch der absehbare Wegfall weiterer allgemeiner Beschränkungen im Laufe des März für die Zukunft unserer Innenstädte wieder positive Perspektiven erkennen. Ein Nachholbedarf an innerstädtischem ‚Leben‘ ist allerorten spürbar. Und auch die gesamtwirtschaftlichen Eckdaten für den privaten Konsum zeigen nunmehr wieder nach oben.

Die bundesweiten Trends sind auch weitgehend für Freiburg im Südwesten der Republik gültig. So fiel die Arbeitslosenquote im Februar 2022 mit 4,9 % in der traditionell eine günstige Beschäftigungssituation aufweisenden Stadt sogar um immerhin 1,1 Prozentpunkte niedriger aus als im Vorjahr. Die innerstädtischen Passantenfrequenzen hinkten entlang der Toplage Kaiser-Joseph-Straße (‚Kajo‘) nach den Zahlen von hystreet in dem noch relativ normalen September den 2019er Werten allerdings noch um rund ein Drittel hinterher. Dabei sind hier natürlich die Sonderbedingungen in puncto Masken, Hygieneauflagen und maximale Kundenzahl pro Geschäft relativierend zu berücksichtigen. Die Gesamtzahl der Freiburger Hotel-Übernachtungen erreichte in 2021 rd. 1,27 Mio. Das war gegenüber dem Corona-Vorjahr 2020 immerhin ein Plus von rd. 12 %. Gegenüber dem letzten ‚Normaljahr‘ 2019 entspricht das jedoch einem Minus von rd. 30 %. Dank des gestiegenen Inlandstourismus schneidet Freiburg mit diesem Minus aber deutlich besser ab als andere - weniger touristisch interessante - Städte dieser Größe, in denen das Minus nicht selten oberhalb von 50 % liegt.

Freiburg im Breisgau

Das baden-württembergische Oberzentrum weist eine große Tradition als Universitätsstadt auf und verfügt von daher über einen hohen Bildungsstand der Bevölkerung sowie eine vergleichsweise junge Einwohnerstruktur.

Die Arbeitsmarktdaten (s.o.) stellen sich insgesamt sehr günstig dar, wobei nicht zuletzt auch auf einen hohen Einpendlerüberschuss (arbeitstäglich rd. + 44.000 Erwerbstätige) hinzuweisen ist. Die Einzelhandelskaufkraft der Einwohner (lt. GfK 2020 95,8, Bundesgebiet = 100) fällt allerdings - nicht zuletzt angesichts der großen Zahl der studentischen Einwohner - etwas unterdurchschnittlich aus. Aufgrund der Lage am Schwarzwald sowie im Dreiländereck Deutschland - Schweiz - Frankreich spielt Tourismus in Freiburg eine sehr große Rolle, in erster Linie für die Innenstadt (u.a. durch attraktive Altstadt, Freiburger Münster und Bächle).

Als Ergebnis einer klar innenstadtfokussierten städtischen Genehmigungspraxis stellt die City den klar dominierenden Einkaufsstandort in der Stadt dar: Mit jeweils rd. 32 % der Verkaufsfläche und des Einzelhandelsumsatzes der Gesamtstadt stellt diese den Garanten für die außerordentlich hohe Zentralität (lt. GfK 2020 rd. 150) sowie das große Einzugsgebiet des Einzelhandels in der Region dar (allein auf deutscher Seite über 800.000 Einwohner zzgl. beachtlicher Zahlen von Einkaufstouristen aus der Schweiz und Frankreich).

Der Markt für Einzelhandelsimmobilien

Auch in 2021 erreichte das deutschlandweit gewerbliche Transaktionsvolumen trotz Corona mit rd. 60 Mrd. EUR (ohne Wohnen) wieder ein sehr ordentliches Niveau. Dabei hat allerdings das Transaktionsvolumen für Handelsimmobilien erstmals seit 2014 die 10 Mrd. EUR-Grenze unterschritten. So sind im Jahr 2021 Retail-Assets in einer Größenordnung von rd. 9 Mrd. EUR transferiert worden. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr (knapp 11 Mrd. EUR) lag nicht zuletzt an weniger Portfolio Transaktionen, welche die Vorjahre mit Unternehmens- und Anteilsverkäufen geprägt haben.

Der 2021er Markt stellt sich ausgesprochen zweigeteilt dar. Auf der „Gewinnerseite“ standen die Anbieter im periodischen Bedarf (LM-Supermärkte und -Discounter, Fachmarktzentren mit FMCG-Kompetenz). In der Folge hat sich das Investoreninteresse stark in Richtung Lebensmittel / lebensmittelbeankerte Assets verschoben. Insbesondere der sehr lange 2021er Lockdown, wachsende Online-Käufe sowie die zeitweise eingeführten 2G-Regelungen haben die Konsumentennachfrage im Nonfood-Bereich klar beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund ist 2021 die Investmentnachfrage nach klassischen Shoppingcentern sowie Geschäftshäusern tendenziell gesunken.

So hielten sich Core-Investoren in der zurückliegenden Pandemie-Situation eher zurück. Demgegenüber versuchen Core+- und opportunistische Investoren sowie Eigennutzer verstärkt, sich ergebende Investment-Chancen in Toplagen auszunutzen, um mit gezieltem ‚manage-to-core‘ bzw. Eigenbelegungen Geschäftschancen auszunutzen. Damit Core-Investoren aktiv werden, müssen die Retail-Mieten zu den aktuellen Mietermarkt-Gegebenheiten passen. Sofern dies der Fall ist, sind die Investoren auch bereit, für nachhaltige Retail-Standorte in Top-Städten hohe Kaufpreisfaktoren zu bezahlen. Für nicht mehr marktgerechte Mieten müssen auf der anderen Seite signifikante Preisabschläge hingenommen werden.

Diese generellen Rahmenbedingungen gelten auch für Freiburg als wichtiger deutscher Immobilien-Investment-Standort. Mit Blick auf das aktuelle Kaufpreisniveau für Geschäftshäuser bewegen sich die Faktoren auf einem für diese Stadtgröße weiter außerordentlich hohen Niveau – und dabei geringfügig unterhalb des 2018 / 2019 erreichten Peaks. Für herausragende Objekte in 1A-Lagen mit einem nachhaltigen Mietniveau werden zzt. Kaufpreisfaktoren zwischen dem 22- und dem 24-fachen der Jahresmiete bezahlt.

Freiburg belegt mit einem Zielerreichungsgrad von 78 bei 100 maximal erreichbaren Punkten im bundesdeutschen Städte-Vergleich 2022 unter den 62 untersuchten Städten einen herausragenden 7. Rang. In der Stadtgröße zwischen 100.000 - 200.000 Einwohner ist es die beste deutsche Stadt. Bezogen auf die Ergebnisse in dieser Städtegrößenklasse rangieren die erreichten 78 Punkte weit oberhalb des diesbezüglich ermittelten Durchschnitts (= 51 Scoringpunkte). Allerdings hat auch Freiburg gegenüber dem letzten Ranking vor der Corona-Krise (Anfang 2020) analog zur Gesamtentwicklung vier Scoring-Punkte eingebüßt.

Das COMFORT City Ranking ist ein fundiertes Benchmarking, basierend auf insgesamt 35 jährlich von der COMFORT neu aufbereiteten sozio-demographischen, ökonomischen sowie einzelhandels- und immobilienbezogenen Parametern.











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