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26.04.2022 Preisanstieg bei Wohnimmobilien: Wird 2024 der Peak erreicht sein?

Peter Rabitz, CEO der Rabitz Property Consulting
Die Immobilienexperten von Deutsche Bank Research rechnen im Laufe der aktuellen Dekade mit dem Ende der Preisspirale im Bereich Wohnimmobilien – alle beobachteten Indikatoren deuten ihrer Einschätzung nach auf 2024 hin. Diese Prognose ist optimistisch. Schließlich sprechen akute Unsicherheitsfaktoren als Ergebnis der geopolitischen Spannungen für eine gegenteilige Dynamik.

Die Deutsche Bank Research publiziert alle 3 Monate ihren Deutschland Monitor Baufinanzierung, der die aktuellen Entwicklungen der Branche des jeweiligen Quartals – momentan unter Berücksichtigung der breitgefächerten Prognosen der Studie "Ausblick 2022: Neue Realitäten" vom 17. Dezember 2021 – einordnet. In der Ausgabe vom 7. April ziehen die Autoren Marc Schatterberg und Jochen Möbert Schlüsse, die mindestens hinterfragt werden können.

These: Inflation und Ukraine-Krieg bremsen Wirtschaftswachstum nicht aus

Die Analysten von Deutsche Bank Research beobachten, dass sich die Supply Chains nach den pandemiebedingten Störungen wieder regenerieren und erwarten eine verhaltene wirtschaftliche Erholung. Für 2022 prognostizieren sie eine jahresdurchschnittliche Inflationsrate von 7,0 Prozent. Einen Anstieg der 5- bis 10jährigen Hypothekenzinsen von aktuell 1,29% sehen Schatterberg und Möbert bis Ende 2022 auf 2,45%, bis zur Jahreswende 2023/2024 auf 2,95%.

Tatsächlich stand der Inflationsleitwert im März bereits bei 7,3%, im Februar lag er noch bei 5,1%. Hier eine Begrenzung im Jahresdurchschnitt auf "knapp" 7 Prozent abzuleiten, sind ein ordentliches Stück zu optimistisch. Aktuell spüren wir die Auswirkungen des Ukrainekrieges in Deutschland immer noch indirekt. Wie stark unsere Wirtschaft in die Knie gehen könnte, wenn die Kohle-, Öl- und Gas-Lieferungen aus Russland "von jetzt auf gleich" unterbleiben, vermag sich keiner vorzustellen. Gerade in Deutschland ist das Wort "Inflation" aus historischen Gründen mit vielen Ängsten verbunden. Explodieren die Energiepreise, steigen auch die Kosten fürs Wohnen.

These: Auch 2022+ werden mehr als 300.000 neue Wohnungen p.a. gebaut werden

Als wesentlichen Indikator für das Ende der Angebotsknappheit im Bereich der Wohnimmobilien identifizieren die Analysten des Deutschland Monitors Baufinanzierung den Neubau von mehr als 300.000 Wohnungen pro Jahr – beruhend auf dem Ergebnis von 306.376 Fertigstellungen in 2020. Die Zahlen von 2021 liegen erst im Mai vor, werden aber von den Autoren ebenfalls auf über 300.000 geschätzt. Dementsprechend entspannt sich ihrer Einschätzung nach die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum zumindest in Städten wie Düsseldorf, Bremen, Hamburg und Nürnberg, in ländlichen Regionen und in Gemeinden mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern. In Metropolen wie Berlin, Köln oder München hält sich das Hochpreis-Niveau voraussichtlich länger, wird aber perspektivisch durch überhöhte Bewertungen auch kippen. Ein Schwerpunkt wird dabei die Bundeshauptstadt bilden. Hier sinken Baugenehmigungen und Bauaktivitäten – Nachfragen steigen allerdings aufgrund der aktuell signifikant anziehenden Migrationszahlen. So entwickeln die lokalen Berliner Preise auch ein ordentliches Stück Abhängigkeit von geopolitischen Rahmenbedingungen: Gestörte Lieferketten, damit einhergehende Rohstoffverknappung und teureres Baumaterial werden langfristig so zum Seismographen der Immobilienpreise vor Ort.

Wie empfindlich die internationalen Lieferketten – insbesondere in den baurelevanten Bereichen – auf Störungen reagieren, konnten wir während der harten Lockdowns der letzten beiden Jahre erfahren. Jetzt herrscht in Europa Krieg, die wirtschaftlichen Verbindungen zu Russland sind weitgehend gekappt, der Materialfluss aus der Ukraine stockt zusehends. Nach Europa gingen Anfang 2022 immerhin noch 41,8 Prozent des Außenhandelsvolumen der Ukraine. Selbst ein temporärer Mangel an vermeintlich banalen Produkten kann ganze Produktionslinien zum Stillstand bringen. Dementsprechend mehren sich starke Zweifel, ob sich die aktuelle Baustopp-Situation in absehbarer Zeit wieder legen wird.

These: Demografische Entwicklungen begünstigen eine Erholung der Wohnimmobilienpreise

Die Immobilienexperten von Deutsche Bank Research stellen eine Beseitigung der fundamentalen Angebotsknappheit fest, erwarten auch trotz der Flüchtlingswelle aus der Ukraine und einem prognostiziertem Bevölkerungswachstum in der Bundesrepublik im Zuge der nächsten Dekade auf 85 Millionen keinen relevanten Druck mehr auf das Wohnungsangebot in ländlichen Gebieten und urbanen Ballungszentren.

Im Jahre 2015 wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rund 890.000 Menschen in Deutschland erstregistriert. Dieser Höchstwert der Flüchtlingskrise von 2015/2016 wird nach Einschätzungen von Experten in diesem Jahr aufgrund des Ukrainekrieges noch übertroffen werden. Ob und wann die in Deutschland aufgenommenen Kriegsflüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können, entzieht sich verständlicherweise ihrer Kenntnis. Aus dieser Entwicklung keine ernstzunehmenden Konsequenzen für die Nachfrage nach Wohnungen abzuleiten, überrascht.

Klare Schlussfolgerung: Keine Anzeichen für eine Entwarnung

Die Schere zwischen dem realistisch erzielbaren Neubauvolumen und der vorhandenen und zukünftigen Nachfrage öffnet sich immer mehr. Knappheit bei Materialien, steigende Energiepreise und vielfältige Unsicherheiten bzgl. der demografischen Entwicklung lassen einfach keine belastbare Prognose zu. Aktuell müssen wir in einigen Bereichen schlichtweg auf Sicht fahren.

(Gastbeitrag von Peter Rabitz, CEO der Rabitz Property Consulting)






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