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28.04.2022 Nachhaltigkeitsklasse im Fokus bei BEG-Neubauförderung

Wer bei Neubauvorhaben eine BEG-Förderung der KfW in Anspruch nehmen will, kann ab sofort nur noch Anträge für die Effizienzhaus-Stufe 40 mit Nachhaltigkeits-Klasse stellen. Damit wird der Erhalt des staatlichen „Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) für die Förderung obligatorisch. Die Erfüllung der Anforderungen ist über eine unabhängige Prüfung nach Baufertigstellung durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle nachzuweisen. Zu diesen zählt auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Der Nachweis erfolgt dabei in Form einer regulären DGNB Zertifizierung. Während es diese Förderoption bei Wohngebäuden bereits im letzten Jahr gab, ist der Erwerb des QNG-Siegels für Nichtwohngebäude ganz neu möglich. Zusätzlich gibt es hier auch bei Sanierungsprojekten eine Förderung von Nachhaltigkeitsleistungen.

Erst der vorzeitige Förderstopp, dann die vollständige Vergabe des neu aufgesetzten Übergangstopfes in Höhe von einer Milliarde Euro für die Effizienzhaus-40-Förderklasse innerhalb weniger Stunden: Die BEG-Förderung schaffte es in diesem Jahr schon vielfach in die Schlagzeilen. Auch wenn es bereits zum BEG-Start im vergangenen Sommer eingeführt wurde, rückt jetzt das QNG-Siegel des Bundes in den Fokus. Schließlich wird eine Förderung von Neubauvorhaben künftig an dieses gebunden sein. Der Erwerb des QNG-Siegels war auch bisher bereits unmittelbare Voraussetzung für den Erhalt eines Nachhaltigkeitsbonus über die sogenannte NH-Klasse innerhalb der BEG-Förderung. Allerdings wurde dieser noch selten in Anspruch genommen.

„Bislang war der NH-Bonus innerhalb der BEG-Förderung lediglich eine Alternative zum Erneuerbare-Energien-Bonus und nicht zusätzlich zu bekommen“, sagt Johannes Kreißig, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Da erneuerbare Energien richtigerweise heute sehr oft integraler Teil des Energiekonzepts sind, war es für viele Bauherren nicht nötig, sich mit dem ganzheitlichen Ansatz des nachhaltigen Bauens auseinanderzusetzen, für den QNG und der NH-Bonus stehen. Schließlich konnten sie den Bonus auch rein über den Einsatz regenerativer Energien erhalten.“

DGNB Zertifizierung als Methode zum Nachweis der QNG-Anforderungen

Jetzt ist der Bund umgeschwenkt in eine konsequente Ausrichtung der BEG-Förderung von Neubauten in Richtung Nachhaltigkeit. „Dass dies passieren würde, ist eigentlich keine Überraschung, sondern war schon länger angekündigt“, so Kreißig. „Versteht man die Förderung als Lenkungsinstrument für die übergeordnete Zielsetzung, die CO2-Emissionen der Gebäude signifikant zu reduzieren, ist diese neue Ausrichtung auch notwendig. Schließlich werden bei energieeffizienten Gebäuden die Hälfte der Treibhausgasemissionen bereits bei der Herstellung der Baustoffe und den Bauprozessen verursacht. Die andere Hälfte verteilt sich auf die angenommene Gebäudenutzungsdauer von 50 Jahren.“ Mit anderen Worten: Die größten Hebel zur kurzfristigen Reduktion von klimaschädlichen Emissionen liegen bei Neubauten in der Optimierung der Konstruktion.

Hier setzt das ganzheitliche Nachhaltigkeitsverständnis an, wie es sowohl die DGNB Zertifizierung als auch QNG verfolgen. So ist für die Vergabe des Qualitätssiegels ein Nachweis der Erfüllung allgemeiner und besonderer Anforderungen an die ökologische, soziokulturelle und ökonomische Qualität von Gebäuden Voraussetzung.

Zu den QNG-Kriterien zählt die Verwendung umweltfreundlicher und schadstofffreier Baustoffe ebenso wie die Raumluftqualität, die Behaglichkeit in Innenräumen, Barrierefreiheit, ein nachhaltiger Ressourceneinsatz oder der Einsatz erneuerbarer Energien. Auch die Reduktion der Umwelteinflüsse, erfasst über eine Ökobilanz, sowie die Berechnung der Betriebskosten über den Lebenszyklus sind Teil der Betrachtung. „All diese Kriterien tragen dazu bei, die Gebäudequalität gezielt zu verbessern und den Menschen in den Räumen ein gesundes, lebenswertes Umfeld zu schaffen, ohne dass es zu ungewollten Nebeneffekten durch Problemverlagerungen kommt“, sagt Kreißig.

Der Bund hat sich entschieden, den Nachweis zur Erfüllung der QNG-Anforderungen nicht alleinstehend anzubieten. Stattdessen erfolgt die Prüfung über etablierte Systeme zur Nachhaltigkeitsbewertung. Die DGNB kann den QNG-Nachweis als Teil der eigenen Zertifizierung nur deshalb mit abdecken, weil die DGNB Zertifizierungssysteme die vom Bund definierten Voraussetzungen erfüllen und offiziell registriert sind. Außerdem ist die DGNB Zertifizierungsstelle bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) zur Akkreditierung angemeldet. „Als Non-Profit-Organisation mit dem Ziel, Nachhaltigkeit im Bauen zum neuen Normal zu machen, sehen wir diese Entwicklung nicht als Geschäftsmodell, sondern als wichtigen Schritt, um ganzheitlich nachhaltiges und klimagerechtes Bauen endlich in die Breite zu bringen“, verdeutlicht Kreißig.

QNG in Neubau und Sanierung für Nichtwohngebäude – Förderprozess bleibt unverändert

Im Zuge der Debatte um den Förderstopp fast untergegangen ist die Information, dass ab sofort auch Nichtwohngebäude die Nachhaltigkeitsförderung in Anspruch nehmen können. Ebenso wie bei den Wohngebäuden ist die DGNB auch hier als unabhängige Zertifizierungsstelle offiziell anerkannt. Dies bedeutet, dass eine erfolgreiche DGNB Zertifizierung und die Erfüllung der besonderen Anforderungen von QNG als Nachweis zum Erhalt des QNG-Siegels und damit den Erhalt der beantragten Fördergelder gelten. Anders als bei Wohngebäuden ist es bei Nichtwohngebäuden möglich, die NH-Klasse der BEG-Förderung auch bei Sanierungsprojekten zu nutzen.

Der Prozess zum Erhalt des Nachhaltigkeitsbonus bleibt derselbe wie bislang. So können Bauherren und Eigentümer beim Förderantrag wählen zwischen einem Zuschuss, also einer zweckgebundenen Kapitalzuwendung, die bei ordnungsgemäßer Verwendung nicht zurückgezahlt werden muss, und einem Kredit. Wichtig ist, dass ein Förderantrag bereits vor Vorhabenbeginn bei der KfW gestellt wird.

Um für ein Projekt die NH-Klasse zu erreichen, müssen alle vom Bund für das QNG formulierten Anforderungen erfüllt sein. Zudem muss es parallel mit einem DGNB Zertifikat oder nach einem anderen anerkannten Bewertungssystem ausgezeichnet werden. Für die DGNB Zertifizierung wird ein ausgebildeter DGNB Auditor benötigt. Dieser unterstützt und begleitet ein Bauvorhaben bei der Einhaltung der Zertifizierungskriterien und der QNG-Anforderungen während des Planungs- und Bauprozesses bis zum Abschluss. Die DGNB Zertifizierung läuft parallel zu den übrigen Prozessen eines Bauvorhabens ab, sodass mögliche Fehlentwicklungen, die einer Förderung im Wege stehen könnten, frühzeitig entdeckt werden.

Nach Abschluss der Baumaßnahmen verleiht die DGNB je nach Erfüllungsgrad der Zertifizierungskriterien ein Nachhaltigkeitszertifikat in den Auszeichnungsstufen Platin, Gold oder Silber. Bei Erfüllung aller besonderen QNG-Anforderungen gibt es zusätzlich das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“. Abschließend meldet die DGNB die erfolgreiche Zertifizierung dem zuständigen Bundesamt, welches eine Registrierungsnummer vergibt, mit dem die Förderung abgerufen werden kann.

Kosten für Zertifizierung Teil der Fördersumme

„Da die Nachhaltigkeitsanforderungen für viele neu sind, sehen wir gerade im Markt eine große Unsicherheit über die Kosten des Zertifizierungsprozesses und vermutete Mehrkosten“, erklärt Johannes Kreißig. „Hier ist viel Halbwissen im Umlauf.“ Grundsätzlich setzen sich die Kosten bei einer DGNB Zertifizierung zusammen aus Zertifizierungsgebühren und den Honorarkosten für die beauftragten Auditorenleistungen. Die Zertifizierungsgebühren für kleine Wohngebäude liegen je nach Anzahl der Vollgeschosse zwischen 750 und 1.250 Euro. Bei Wohngebäuden mit mehr als sechs Wohneinheiten sowie bei Nichtwohngebäuden sind die Zertifizierungsgebühren abhängig von der Bruttogrundfläche.

Die Honorarkosten für Auditoren werden zu 50 Prozent im Rahmen der BEG-Förderung bezuschusst. Darüber hinaus sind im Rahmen der BEG-Förderung zahlreiche weitere Leistungen im Rahmen einer Zertifizierung zusätzlich förderfähig. Hier zählen beispielsweise die Erstellung einer Ökobilanz, die Messung der Innenraumluftqualität oder die Berechnung der Lebenszykluskosten. Weitere Anforderungen umfassen unter anderem die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit eines Gebäudes, den Trinkwasserbedarf in der Nutzungsphase oder die Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit. Auch die Vermeidung von Schad- und Risikostoffen in den verwendeten Materialien sowie die Barrierefreiheit stehen im Fokus. Förderfähig sind zudem Leistungen, die den Schallschutz und den thermischen oder visuellen Komfort einer Immobilie erhöhen.

Qualifizierungsmöglichkeiten für Energieberatende, Fachplanende und Architekten

Wer selbst zur Nachhaltigkeitsklasse Beratungs- oder Auditorenleistungen anbieten möchte, kann sich über die Angebote der DGNB Akademie entsprechend qualifizieren. Den Einstieg bildet dabei die Fortbildung zum lizenzierten DGNB Consultant. Dabei werden wesentliche Inhalte zum nachhaltigen Bauen sowie zur Anwendung der verschiedenen Zertifizierungssysteme der DGNB vermittelt. Energieberatende, Fachplanende oder Architekten bringen für diese Fortbildung hervorragende Grundlagen mit. Über die abschließende Prüfung und den Erwerb des Titels „DGNB Consultant“ bietet sich ihnen die Gelegenheit, ihr Fachangebot gezielt zu erweitern und auch im Kontext der NH-Klasse des BEG zu beraten.

Die Consultant-Fortbildung bildet die Grundlage für die weitere Qualifikation zum DGNB Auditor. Von der DGNB lizenzierte Auditoren sind in der Lage, sich mit allen am Bau Beteiligten kompetent über die im Zertifizierungssystem geforderten Nachweise und Dokumentationsanforderungen auszutauschen. Sie allein sind berechtigt, Projekte zur Zertifizierung bei der DGNB einzureichen. Dies gilt auch für Projekte, die das QNG-Siegel für eine BEG-Förderung anstreben. Den Titel „DGNB Auditor“ können Interessierte auf verschiedenen Wegen erlangen: über eine Hausarbeit, ein betreutes Audit sowie ganz neu über ein zweitägiges Intensivprogramm.

Wer möglichst schnell die DGNB Abschlüsse erlangen will, muss sich derzeit ein wenig gedulden. „Die Bekanntgabe des Bundes, die BEG-Förderung künftig in Richtung nachhaltiges Bauen konsequent auszurichten, hat zu einem enormen Interesse an unseren Schulungen geführt, weshalb viele unserer Kurse im aktuellen Programm bereits ausgebucht sind“, erklärt Kreißig. „Wir arbeiten aber daran, das Schulungsangebot schnellstmöglich auszuweiten, um den derzeitigen Bedarf bestmöglich decken zu können. Gemeinsam mit weiteren Ausbildungspartnern wollen wir kurzfristig weitere Schulungen zu den DGNB Abschlüssen anbieten. Sobald die Details feststehen, werden wir dazu informieren.“










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