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17.06.2022 Praxisbericht: BIM in der Ausführungsphase auf der Baustelle

Die wirtschaftlichen Potenziale von BIM im Gebäudebetrieb konsequent und sicher anzuwenden, rückt verstärkt in den Blick der Nutzer. Um BIM in diesen Projekten für die zukünftige Abwicklung zum Standard werden zu lassen, gilt es umfassende Erfahrungen einzubringen. Eines dieser aus BIM-Perspektive hoch innovativen Projekten vertraute die HOWOGE als Auftraggeberin und Baumschlager Eberle Architekten als Generalplaner der pde Integrale Planung GmbH an. Die PORR Deutschland als ausführende Baufirma, war ebenfalls eng in die BIM-Prozesse mit eingebunden.

Die Digitalisierung im Bausektor schreitet weiter zügig voran und BIM ist der entscheidende Treiber dahinter. Die Vernetzung sämtlicher Daten, die im Entstehungsprozess eines Bauwerks generiert werden, gilt es für die Abwicklung transparent und nachvollziehbar zu erfassen.

Das Ziel: Einsparungspotenziale zu heben und die umfassenden Daten für den Betrieb sinnvoll zu übergeben. Dazu gehören neben funktionierenden Softwaresystemen, klaren Standards und definierten Schnittstellen auch Rahmenbedingungen in der gemeinsamen Projektabwicklung. Ebenso zählen Regeln für die Zusammenarbeit sowie klare Vorstellungen, wo und in welcher Form die neuen Methoden, Werkzeuge und angereicherten Daten im Betrieb eines Bauwerks zum Einsatz kommen sollen, dazu – denn dort ist der größte Hebel in der Wertschöpfung zu erreichen.

In vielen Projekten der letzten Jahre, vor allem im Hochbau, hat sich BIM in unterschiedlichen Anwendungsfällen mittlerweile etabliert. Einerseits in der Planung, wo die strukturierte Zusammenarbeit in den Hauptgewerken Architektur, Tragwerksplanung und TGA-Planung große Fortschritte gemacht hat. Andererseits in der Bauausführung, wo die Prozesse der Massen- und Kostenermittlung, die Terminplanung, die Nutzung von Modellen für Auswertungs- und Dokumentationszwecke mit BIM-Methoden und -Werkzeugen nicht mehr wegzudenken ist.

Neubau in städtebaulicher Lage

Die städtebauliche Lage des Wohnbauprojekts Frankfurter Allee 218 - zwischen den Gleisanlagen am Bahnhof Berlin Lichtenberg und der erhöht gelegenen, stark befahrenen Frankfurter Allee – erforderte einen besonderen Entwurf. Dieser sieht einen 64 m hohen Wohnturm mit 22 Geschossen und rund 400 Wohnungen als Solitär vor, um in Richtung Bahnhof einen eindeutigen und starken Abschluss zu setzen. Die verschiedenen Niveaus zwischen Nord- und Südseite werden im Gebäude durch eine mehrgeschossige, für Co-Working geeignete Gewerbezone geschlossen. Im Außenraum wird der Niveauunterschied ebenfalls architektonisch mitgedacht, sodass hier auch in Richtung Bahnhof städtebaulich ansprechende Flächen entstehen.

BIM-Anwendungsfälle und Gewerkekoordination

Eine hohe Innovationsbereitschaft im Projekt wurde in der Projektorganisation, der Auswahl der Planer und der technischen Umsetzung sichtbar. Grundlage war hier die aktive Entscheidung für eine offene BIM-Struktur (open-BIM). So konnten Planer aus verschiedenen Fachrichtungen wie Außenraumplanung, Architektur, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik mit unterschiedlichen Softwaresystemen direkt zusammenarbeiten. Diese Flexibilität bei der Wahl der Technologie und Werkzeuge war wichtig für eine effiziente Modellierung in jedem Fachgewerk, da vertraute Systeme weiterverwendet werden konnten. Die Interoperabilität wurde durch die Verwendung von IFC als Projektstandard stark verbessert und ein zuverlässiger Datenaustausch sichergestellt. Die Nachhaltigkeit und Archivierung wurde durch langfristig interoperable Datenstandards gesichert. Aufbauend auf die Anforderungen an die Modellierung und den Austausch wurde eine Integrationsplattform als zentraler Datenort eingerichtet.

Während der Planungsphase wurden zu den wichtigen BIM-Meilensteinen im Projekt, neben dem Austausch der Arbeitsstände, Koordinationsmodelle für alle Projektbeteiligten auf der Plattform bereitgestellt. In der Qualitätssicherung wurden diese auf Kollisionen zwischen den Gewerken, aber auch in manuellen Modellbegehungen, vergleichbar mit den klassischen Baustellenbegehungen, gesichtet und sämtliche Probleme und Aufgaben über das BIM-Collaboration Format (BCF) ausgetauscht. So konnte die Kommunikation transparent und klar dokumentiert werden. Das Ergebnis waren übersichtliche Arbeitsabläufe und eindeutige Prozesse.

Mit dem Start der Bauausführung durch die PORR wurde der Nutzen der vorher strukturierten Daten besonders sichtbar, da beim Übergang zwischen den Leistungsphasen in herkömmlicher Arbeitsweise oft ein großer Wissensverlust auftritt. Besonders für die geforderte As-Built-Dokumentation war es wichtig, hier direkt aufbauen zu können und Daten nicht umständlich neu sortieren zu müssen.

Virtuell in die Zukunft schauen

Die koordinierten Fachmodelle aus der Leistungsphase 5 und die offenen Formate waren eine Grundvoraussetzung für die Nutzung der Modelle auf der Baustelle. Zur direkten Nutzung wurden Werkzeuge und Techniken wie Augmented Reality (AR) an die Systeme angebunden. Mit Augmented Reality kann im Allgemeinen die sichtbare Umgebung direkt mit Informationen intuitiv angereichert und dem Nutzer eingängig dargestellt werden. Bei Baubegehungen im Rohbau waren Visualisierungen des geplanten Ausbaus direkt vor Ort möglich. Die jeweils nächsten Schritte in der Ausführung waren in der App leicht darstellbar – so konnte virtuell „in die Zukunft“ geschaut werden.

Die Kombination von BIM mit AR erlaubte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der Baustelle eine einfache und direkte Art und Weise, Planungsinformationen lagegenau auf Baustellen zu verorten und dadurch einen Soll-Ist Abgleich zu erstellen. Für diesen Soll-Ist-Abgleich wurde im Projekt die Software GAMMA AR eingesetzt. Durch den Einsatz dieser Software konnten geometrische Abweichungen im Projekt leicht entdeckt und objektbezogen aufgenommen werden. Diese Vorgehensweise ermöglichte eine Zurückführung dieser Daten ins BIM-Modell, da hier – genau wie auch in der Planungsphase – weiterhin BCF als Austauschformat zum Einsatz kam. So wurde die Erstellung der As-BuiltDokumentation enorm vereinfacht. Dadurch konnte beispielsweise die Prüfung und Dokumentation des Rohbaus in etwa 20 Minuten pro Etage exakt dokumentiert und nachvollziehbar abgeschlossen werden.

Basis für den effizienten Gebäudebetrieb

Die durchgängige Arbeitsweise in der Planungsphase und die Fortführung der Strukturen und Inhalte in der Ausführungsphase machen den Mehrwert, den BIM mit sich bringt, deutlich sichtbar.

Die schon zu Beginn des Projektes eingeleiteten Maßnahmen – „was, wer und in welcher Form wie zu dokumentieren hat“ mit dem Ziel eine belastbare Basis an Bestandsdaten für einen Gebäudebetrieb zu erstellen, waren ein wichtiger Bestandteil, der zum Erfolg der digitalen Umsetzung beigetragen hat. Sämtliche Prozesse sind klar formuliert, gemeinschaftlich beschlossen und auch umgesetzt worden.

Die notwendigen Erfordernisse des Auftraggebers bzw. des Betreibers konnten zeitgerecht berücksichtigt und eingearbeitet werden. Nun gilt es, das Bauwerk in einem effizienten Betrieb auch digital weiter zu betreiben – die Basis dafür ist gelegt.






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