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19.07.2022 Vorsichtiger Umgang mit geleveragten börsennotierten REITs

Der strukturelle Rückgang der Anleiherenditen und Zinssätze hat Immobilieninvestoren in den letzten Jahren zweifelsohne begünstigt. Jetzt, da die Zinsen steigen und die Kreditmärkte turbulent sind, wird befürchtet, dass „die Luft raus ist“ und die gute Performance vorbei sein könnte.

REITs werden täglich von den Aktienmärkten bewertet und passen sich tendenziell schnell an solche Unsicherheiten an, was dazu führt, dass bedeutende Bewertungsrückgänge bereits eingepreist sind (US-REITs sind seit Jahresbeginn bis zum 28. Juni 2022 um 20 % gesunken)1. Umgekehrt verzeichnen die Bewertungen privater Immobilien, die naturgemäß rückblickend sind, im bisherigen Jahresverlauf immer noch Zuwächse (der größte nicht börsennotierte US-REIT ist in diesem Jahr bis Ende Mai um 6,7 % gestiegen)2 – ob diese Bewertungen zutreffen, wird die Zeit zeigen.

Sicher ist jedoch, dass sich der börsennotierte REIT-Sektor nicht mehr in der gleichen prekären Lage befindet wie vor der globalen Finanzkrise. Im Gegensatz zu vielen ihrer Pendants im Privatsektor haben die meisten REITs in den letzten zehn Jahren nicht übermäßig viele Kredite aufgenommen. Stattdessen haben sie Disziplin bewahrt und sind nicht in die Falle einer übermäßigen Verschuldung getappt, als die Preise für Immobilien stiegen. Die Folgen der Finanzkrise haben die Arbeitsweise vieler börsennotierter REIT-Unternehmen verändert. Die Bilanzen wurden gestärkt, was bedeutet, dass die Anlageklasse bei einer möglichen Rezession in den USA in bester finanzieller Verfassung sein wird. Mit einem geringeren Verschuldungsgrad, höherer Liquidität und ständigem Zugang zu den Kapitalmärkten steht der börsennotierte Immobiliensektor auf einer wesentlich solideren Basis.

Heute ist NICHT 2008/2009 für REITs

Bilanzen sind für jeden Immobilieninvestor wichtig, insbesondere in Zeiten steigender Unsicherheit, höherer Kreditkosten und geringerer Liquidität. Ein höherer finanzieller Leverage erhöht das finanzielle Risiko im Renditeprofil von Immobilien. Leverage kann steigende Renditen begünstigen, aber auch fallende Renditen verstärken. Wenn die Immobilienrenditen stark ansteigen, wie es von den öffentlichen Märkten vorhergesagt, werden stark fremdfinanzierte Vehikel wahrscheinlich einen drastischeren Rückgang der Eigenkapitalwerte verzeichnen als jene mit einem vorsichtigeren Ansatz.
Der börsennotierte REIT-Sektor zählt zum letztgenannten Bereich, wobei der Verschuldungsgrad (gemessen als Verhältnis zwischen Schulden und Gesamtvermögen) mit nur 28 % einen historischen Tiefstand seit mehr als zwei Jahrzehnten erreicht hat (Abbildung 1). Dies entspricht einem Rückgang um 18 % im Vergleich zu Ende 2007 und um 37 % gegenüber dem Höchststand während der Finanzkrise. Entscheidend ist, dass börsennotierte REITs in diesem Immobilienzyklus erfolgreich einen geringeren Verschuldungsgrad erreicht haben, indem sie zur Finanzierung von Akquisitions- und Entwicklungsprojekten stärker auf die Beschaffung von Eigenkapital und Joint Ventures als auf Fremdkapital setzten.

Längerfristige Schulden mindern die Auswirkungen steigender Zinsen

In den letzten zehn Jahren war es für börsennotierte REITs allgemein üblich, ihre Schulden so zu staffeln, dass sie der Laufzeit ihrer Mietverträge entsprechen. Dadurch wird das Refinanzierungsrisiko über mehrere Jahre gestreut. Die gewichtete durchschnittliche Laufzeit der Schulden von US-REITs beträgt heute ca. 7,3 Jahre, gegenüber nur 5,3 Jahren Ende 2007 (Abbildung 2). Darüber hinaus haben viele REITs davon profitiert, dass ein großer Teil ihrer Schulden zu den attraktiveren Finanzierungssätzen der letzten Jahre festgeschrieben wurde, mit einer heute typischen Größenordnung von 75%-955 festverzinslicher Verbindlichkeiten.3 Laut Morgan Stanley Research werden nur etwa 11 % der gesamten US-REIT-Schulden 2022-23 fällig, bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 3,3 %. Eine Refinanzierung in einem höheren Zinsumfeld mit einem Zinssatz von 5,5 % würde die Cashflows der REITs nur um etwa 2,0 % belasten.

Angesichts der langfristigen und weitgehend festen Finanzierung bedeutet die geringere Abhängigkeit von steigenden Zinssätzen, dass die REIT-Gewinne kurzfristig weniger beeinträchtigt werden dürften. Gesunde Bilanzen in Verbindung mit einem Ertragswachstum, das auf ein solides Fundament aus Angebot und Nachfrage zurückzuführen ist, dürften den Aktionären in den kommenden Jahren steigende Dividenden bescheren.

Ein zentraler REIT-Vorteil: Zugang zu Kapital

Der ständige Zugang zu permanentem Kapital, den die öffentlichen Aktien- und Anleihemärkte bieten, ist für börsennotierte REITs in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs ein wesentlicher Vorteil. Ein wesentliches Merkmal der Anlageklasse ist, dass die überwiegende Mehrheit der börsennotierten REITs ein Investment-Grade-Rating hat. 2019 verfügten 68 US-REITs über ein Investment-Grade-Rating, 2006 waren es nur 44, wie die National Association of Real Estate Investment Trusts (Nareit) berichtet. Dies verschafft börsennotierten REITs deutlich mehr Flexibilität im Vergleich zu Privatmanagern, die fast ausschließlich auf Hypotheken angewiesen sind, die an eine oder mehrere bestimmte Immobilien gebunden sind.

Mit einem Investment-Grade-Status, der stärkere Bilanzen widerspiegelt, werden viele börsennotierte REITs wahrscheinlich die Flexibilität haben, zu investieren, das externe Wachstum zu steigern und von einer möglichen Notlage auf den Privatmärkten zu profitieren.

Auf die Qualität der Bilanzen kommt es letztlich am meisten an, wenn die Makrorisiken am größten sind. Während Anleger, die börsennotierte REITs täglich beobachten, die Fortschritte kennen, die die Branche gemacht hat, gehen Generalisten oder Anleger, die mehr mit privaten Immobilien vertraut sind, oft davon aus, dass börsennotierte REITs viel stärker gehebelt sind, als sie es tatsächlich sind. Viele betrachten die Branche immer noch durch die Brille von vor 2008. Ausgehend von den Daten, die wir heute sehen können, scheinen diese Bedenken eher unangebracht zu sein.

Gleiche Assets, unterschiedliche Preise

Börsennotierte REITs, nicht börsennotierte REITs und private Immobilienfonds halten alle weitgehend vergleichbare Gewerbeimmobilien. Die Tatsache, dass börsennotierte REITs seit Jahresbeginn einen Rückgang von 20 % zu verzeichnen haben, während der größte nicht börsennotierte REIT eine positive Rendite von 6,7 % aufweist, bedeutet eines von zwei Dingen: Entweder stehen private Vehikel mit ihrem höheren Leverage vor großen Vermögenswertabschreibungen und noch größeren Eigenkapitalverlusten, oder börsennotierte REITs haben sich aus einem nicht fundamentalen Grund von den privaten Bewertungen entfernt und sollten schließlich zu der Parität zurückkehren, zu der sie in der Vergangenheit gehandelt wurden. In jedem Fall sind wir der Meinung, dass börsennotierte REITs mit ihrem geringeren finanziellen Leverage und ihren derzeit attraktiven Bewertungen im Vergleich zu ihren nicht börsennotierten Pendants interessant sind.

(Von Tim Gibson, Greg Kuhl und Guy Barnard, Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors)






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