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08.09.2022 Studie: Dramatischer Mietanstieg für Studierende zum Semesterstart

Beim Start des neuen Semesters in wenigen Wochen kommt auf Studierende in Deutschland eine dramatische Steigerung der Mieten zu. Mit durchschnittlich 435 Euro pro Monat zahlen junge Leute für ein übliches WG-Zimmer 44 Euro pro Monat mehr als noch vor einem Jahr. Die deutliche Zunahme um 11,4 Prozent ist eines der zentralen Ergebnisse der Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts in Kooperation mit dem Immobilienportal WG-Gesucht.de und dem Projektentwickler GBI. Dabei wurden die Wohn-Angebote in allen 95 deutschen Hochschulstädten mit mindestens 5.000 Studierenden ausgewertet. Durchgeführt wird die unabhängige Marktbeobachtung seit 2013.

„Diese Zeitreihe erlaubt einen langfristigen Vergleich über ein Jahrzehnt und belegt, dass es eine Preiserhöhung in dieser Form bisher nicht gegeben hat“, resümiert Dr. Stefan Brauckmann, Geschäftsführender Direktor am Moses Mendelssohn Institut (MMI). 2019 dokumentierten MMI und WG-Gesucht.de mit 7,1 Prozent die bisher deutlichste bundesweite Mietensteigerung für Studierende. Dr. Brauckmann: „Das war schon damals eine bemerkenswerte Zunahme im erhitzten Markt, diesmal toppt die Veränderung aber alles bisher Dagewesene.“ Teilweise ist die jetzige Preis-Explosion Resultat eines Nachhol-Effekts. „Zwei Jahre sorgte die Corona-Pandemie bei Neuvermietungen eher für eine Seitwärtsbewegung der Preise“, erklärt Dr. Brauckmann die Zahlen: „Damit ist es jetzt vorbei. In 89 von 95 Städten der Hochschulstädte-Liste sind Zimmer in einer WG jetzt teurer als noch 2021.“

Für Wohnungssuchende an einigen Hochschul-Standorten fiel die Steigerung sowohl prozentual als auch nominal klar überdurchschnittlich aus. „Die höchsten Preisaufschläge verteilen sich dabei sowohl auf Metropolen, als auch klassische Uni-Städte und kleinere Standorte“, erläutert MMI-Direktor Dr. Brauckmann: „Betroffen sind zudem unterschiedlichste Regionen und auch die unterschiedlichsten Preis-Kategorien.“ So erhöhten sich innerhalb eines Jahres die Preise beispielsweise

in Erfurt um 21,8 Prozent (von 275 auf 335 Euro),
in Lüneburg um 18,2 Prozent (von 330 auf 390 Euro),
in Erlangen um 17,9 Prozent (von 380 auf 448 Euro),
in Düsseldorf um 17,6 Prozent (von 425 auf 500 Euro),
in Freiburg um 16,7 Prozent (von 420 auf 490 Euro),
in Bonn um 16,3 Prozent (von 400 auf 465 Euro),
in Ludwigsburg um 15,7 Prozent (von 420 auf 486 Euro),
in Bayreuth um 15,4 Prozent (von 312 auf 360 Euro),
in Flensburg um 14,9 Prozent (von 322 auf 370 Euro),
in Heidelberg um 13,8 Prozent (von 398 auf 453 Euro),
in Köln um 13,3 Prozent (von 450 auf 510 Euro),
in Stuttgart um 13,0 Prozent (von 460 auf 520 Euro).

Auch am teuersten deutschen Hochschul-Standort, in München, stiegen die WG-Mieten überdurchschnittlich, binnen Jahresfrist von 620 Euro um 12,9 Prozent auf 700 Euro. „Damit ist die nächste Schallmauer des Studentischen Wohnens schneller erreicht als erwartet“, so Dr. Brauckmann: „Schon Anfang 2022 gab es in allen Städten Anzeichen, dass der Markt erheblich in Bewegung gerät. Weil sich die Lage an den Hochschulen nach der Corona-Sondersituation normalisierte, sorgten mehrere Effekte für erheblichen Preis-Auftrieb“, so Dr. Brauckmann: „So wollen viele Studierende Umzüge nachholen, die sie wegen der Pandemie auf Eis gelegt hatten.“ Erheblichen Einfluss haben auch verschobene Studienabschlüsse. Da aufgrund der Pandemie Vorlesungen, Seminare oder Prüfungen ausfielen oder wenig ergiebig waren, verlängern viele junge Leute ihr Studium. Sogar viele Regelstudienzeiten wurden ausgedehnt. „So werden viele Wohnungen später frei, der Mangel verschärft sich“, so Dr. Brauckmann. Auch internationale Studierende holen nun Auslandsemester in Deutschland nach. Mit dem gleichen Effekt.

Auch der langfristige Vergleich in vielen Städten zeigt die Dramatik der Lage. In Berlin etwa erhöhte sich der WG-Preis laut der MMI-Analyse von 335 Euro in 2013 über 495 Euro im Vorjahr auf nun 550 Euro. Dies entspricht einer Steigerung von 64 Prozent.
In dieser angespannten Situation hilft das aktuelle Niveau der staatlichen finanziellen Unterstützung nur unzureichend. Zwar erhöhte sich im Juli im Rahmen der BAföG-Reform die Wohnkostenpauschale gerade von 325 auf 360 Euro. „Doch nicht zuletzt wegen der aktuellen Preissteigerungs-Welle hinkt die Politik der Wohn-Realität deutlich hinterher“, betont Dr. Brauckmann: „An 59 Standorten ermittelten wir Preise von mehr als 360 Euro. Hier sind 64 Prozent der Studierenden eingeschrieben. Eine Wohngemeinschaft ist zudem die günstigste Alternative am freien Wohnungsmarkt, die Situation bei anderen Wohnformen somit noch extremer.“ Ein weiterer Förder-Nachteil für die angehenden Akademiker: der Heizkosten-Zuschuss für BAföG-Empfänger ist geringer ist als bei sonstigen Wohngeld-Berechtigten. Dr. Brauckmann: „Ein schlechtes Signal ohne überzeugende Begründung.“

Die Preis-Explosion trifft die zwei Drittel der Studierenden, die weder bei Eltern oder Verwandten wohnen noch einen der raren Plätze in öffentlich geförderten Wohnheimen ergattert haben. „Auf dem freien Markt ist die WG dann eine günstige Wohnform und ein verlässlicher Preis-Indikator für Mieter mit begrenzten Budgets“, erklärt Annegret Mülbaier, Sprecherin von WG-Gesucht.de. Erschwerend hinzu kommt für viele angehenden Akademiker – zumal, wenn sie neu in der Stadt sind und es Sprachbarrieren gibt –, dass sie sich bei später Studienplatz-Vergabe oft unter Zeitdruck sehen, auf teure Unterkunfts-Angebote einzugehen. Mülbaier: „Die Gefahr reduziert Markt-Transparenz deutlich.“

„Es ist zudem zu befürchten, dass die Preissteigerungen beim Studentischen Wohnen erst am Anfang stehen. Viele Abschlagszahlungen für Energie sind noch nicht an das aktuelle und erwartete Preisniveau angepasst. Hier wird es sicherlich negative Überraschungen bei der Abrechnung geben“, so Dr. Brauckmann: Für die jungen Menschen in der Ausbildungsphase bedeutet dies eine erhebliche Zusatzbelastung. Schon jetzt machen die Wohnkosten einen Großteil des verfügbaren Budgets aus.

Doch nicht nur die Höhe der Preise entscheidet, wie schwer sich Studierende bei der Wohnungssuche tun. Auch Kriterien wie die Bautätigkeit, die Entwicklung von Studierendenzahlen, Gesamtbevölkerung und Wohnheim-Plätzen gemeinnütziger Betreiber oder die Attraktivität einer Hochschule im Ausland haben erheblichen Einfluss. Insgesamt jeweils 23 Kriterien werden daher seit 2013 für die Analyse des Studentischen Wohnungsmarktes untersucht. Der Anspannungs-Index liegt 2022 bei 38,6 Punkten, so hoch wie nie zuvor. 2013 bei der ersten Analyse war der Wert mit 33,4 Punkten noch deutlich niedriger.

Trotz immer höherer Preise und neuer Rekorde beim Anspannungs-Index weicht die Mehrheit der Studierenden nicht auf günstigere Standorte aus. Allein in den 15 Hochschul-Städten mit einer Einwohnerzahl von 500.000 Personen studieren laut MMI-Analyse rund eine Million (1.031.024) junge Menschen. Das entspricht 37 Prozent der Studierenden in Deutschland.

Sowohl für Großstädte als auch kleinere Standorte plant und baut die GBI Holding AG als erfahrener Projektentwickler Häuser der Eigenmarke SMARTments student. Damit auch künftig trotz Bau- und Energiekosten-Steigerungen bezahlbare Unterkünfte für Studierende und Auszubildende entstehen, hofft die GBI auf eine rasche Umsetzung des von der Bundesbauministerin Geywitz angekündigten Förderprogramms. „Es wäre gut, wenn dieses sich an die sehr gut praktikablen Förderbedingungen in Bayern oder Baden-Württemberg oder für studentisches Wohnen in NRW anlehnt und zudem vorrangig auf Zuschüsse setzt“, betont Simon Hübner, Vorstand der GBI Holding AG.

Interesse institutioneller Anleger an studentischen Wohnprojekten gibt es genug, sowohl für preisgedämpfte als auch geförderte Projekte. „Der gesellschaftliche Nutzen von Angeboten solcher Immobilien ist in Zeiten von Nachhaltigkeit, ESG und sozialen Standards eines der zentralen Themen unseres Austauschs mit institutionellen Investoren“, erläutert Simon Behr, Geschäftsführer der GBI Capital: „Die Vorgaben der EU-Taxonomie machen solche Anlagen geradezu zwingend. Und bei Studentenapartments lässt sich aufgrund der guten Kalkulierbarkeit der Nachfrage besonders effektiv eine Kombination von Wirtschaftlichkeit und sozialem Nutzen darstellen.“





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