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07.10.2022 Gesundheitsimmobilien: 12 % über dem Ergebnis des Vorjahres

In den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 wurden in Deutschland Gesundheitsimmobilien für ca. 1,8 Mrd. Euro gehandelt. Damit lag das Transaktionsvolumen um etwa 12 % über dem Ergebnis des gleichen Vorjahreszeitraums. Allerdings war das dritte Quartal mit einem Transaktionsvolumen von 339 Mio. Euro auffällig umsatzschwach. Zum Vergleich: Der Quartalsdurchschnitt der letzten fünf Jahre lag mit 725 Mio. Euro mehr als doppelt so hoch.

Max Eiting, Associate Director Operational Capital Markets – Healthcare bei Savills Germany berichtet: „Die Nachfrage nach Gesundheitsimmobilien ist unter Investoren nach wie vor hoch, denn an den Nutzermärkten wird der Bedarf nach solchen Objekten langfristig stark wachsen. Gleichzeitig kann das Angebot aufgrund von Personalengpässen bei den Betreibern und durch Herausforderungen in der Projektentwicklung mit dem massiven Nachfragewachstum nicht Schritt halten. Der Wert von Gesundheitsimmobilien dürfte daher langfristig hoch bleiben.“ Eiting fügt hinzu: „Diesen langfristig positiven Aussichten stehen aber aktuelle wirtschaftliche Schwierigkeiten bei immer mehr Betreibern entgegen. Außerdem entsprechen viele angebotene Bestandsobjekte nicht den Qualitätsanforderungen der Investoren, so dass attraktive Kaufgelegenheiten Mangelware sind. Obendrein liegen die Kaufpreisvorstellungen der Käufer und Verkäufer derzeit oftmals deutlich auseinander. Durch all diese Faktoren ist das Finden passender Immobilien und der erfolgreiche Abschluss von Transaktionen schwieriger geworden.“

Weniger Investment-Transaktionen, steigende Anfangsrenditen jenseits von Core
Die Zahl der Transaktionen am Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien ist seit dem Frühjahr dieses Jahres spürbar zurückgegangen. Im dritten Quartal hat Savills weniger als 20 Transaktionen erfasst und damit so wenige wie seit dem vierten Quartal 2017 nicht mehr.

„Ursächlich für die aktuell gedämpfte Transaktionsaktivität sind die eingeleitete Zinswende und Herausforderungen auf der Betreiberseite. Während die Zinswende dazu führt, dass die Kaufpreisvorstellungen von Verkäufern und Bietern oftmals nicht zueinanderfinden, dünnen wirtschaftliche Schwierigkeiten auf Seiten der Betreiber das Immobilienangebot für risikoaverse Investoren aus“, so Eiting. Der Prozess der Preisfindung ist laut Savills bis dato nicht abgeschlossen und dürfte noch länger anhalten. „Bei Core-Pflegeheimen sehen wir weiterhin einige Kaufpreisgebote auf dem Niveau vom Anfang dieses Jahres, so dass die Spitzenrendite noch bei 3,9 % verharrt. Perspektivisch erwarten wir aber auch im Spitzensegment eine Preisanpassung. Bei Objekten mit durchschnittlicher Gebäude- und Betreiberqualität hat es bislang einen Rückgang um 1,5 bis 2,5 Kaufpreisfaktoren gegeben“, berichtet Eiting und fügt an: „Insgesamt stellen wir eine merklich größere Spannbreite bei den Geboten fest als noch zu Beginn des Jahres. Dies liegt daran, dass viele Investoren momentan nur noch sehr selektiv agieren und die Risikoaversion gestiegen ist.“

Wachsende Betreiberrisiken bei Pflegeheimen führen zum Ausweichen auf Betreutes Wohnen und Ärztehäuser

Im bisherigen Jahresverlauf waren Pflegeheime mit einem Transaktionsvolumen von 864 Mio. Euro bzw. einem Volumenanteil von 48 % der mit Abstand umsatzstärkste Objekttyp am Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien. Auf dem zweiten Rang folgten Immobilien des betreuten Wohnens mit 389 Mio. Euro bzw. 22 % Volumenanteil. Den dritten Rang nahmen Ärztehäuser bzw. Medizinische Versorgungszentren mit einem Volumen von 315 Mio. Euro und einem Anteil von rund 18 % ein. Damit ist der Volumenanteil von Pflegeheimen gesunken. Zum Vergleich: Im Mittel der letzten fünf Jahre entfielen rund 60 % des Volumens auf Pflegeheime.

Laut Beobachtungen von Savills wenden sich viele Investoren stärker zu anderen Gesundheitsimmobilien hin. Ein Grund dafür dürften Herausforderungen auf der Nutzerseite von Pflegeheimen sein. So stehen die Pflegeheimbetreiber aktuell unter immer stärkerem wirtschaftlichen Druck. Zur hohen Inflation und insbesondere den steigenden Nebenkosten kommen wegen der jüngst beschlossenen Tarifbindung noch deutlich steigende Personalkosten hinzu. Zudem ist bei vielen Pachtverträgen eine Indexierungsklausel vereinbart. Demgegenüber können die Betreiber ihre Einnahmen nur sehr begrenzt steigern.

„Angesichts des Kostendrucks auf die Betreiber sind derzeit einige Eigentümer zu Nachverhandlungen bei den Pachtverträgen bereit. Vereinzelt wurde zum Beispiel ein Verzicht auf die Indexierung bei einer gleichzeitigen Verlängerung des Pachtvertrags angeboten. Solche Maßnahmen müssen aber individuell geprüft und abgewogen werden“, berichtet Eiting und fügt hinzu: „Insgesamt führen sinkende Bonitäten bei den Betreibern zu einer größeren Zurückhaltung bei den Immobilieninvestoren, da die Qualität des Pachtvertrags deutlich stärker hinterfragt wird.

Im Zentrum steht die Frage, ob die Konditionen für den Betreiber nachhaltig leistbar sind.“ In Niedersachsen und Hessen stellen sich laut Savills zudem offene Fragen zur Einführung neuer Landesheimgesetze, weshalb Investoren bei der Prüfung von Bestandsobjekten in diesen Bundesländern oftmals höhere Risiken einpreisen.
Demgegenüber können Betreiber von Wohnanlagen des betreuten Wohnens gestiegene Kosten einfacher an die Bewohnerinnen und Bewohner weiterreichen. Bei Ärztehäusern gibt es in der Regel eine größere Zahl von überwiegend sehr solventen Mietern, wodurch das Mietausfallrisiko minimiert wird. Laut Savills erklären diese Faktoren unter anderem das steigende Interesse der Investoren.

„Die langfristigen Fundamentaldaten bei betreutem Wohnen und Ärztehäusern sind außerordentlich positiv, da durch den demografischen Wandel mehr Betreuung und medizinische Versorgung benötigt wird. Diese Perspektive zieht weiterhin Investmentkapital an“, erläutert Matti Schenk, Associate Research Germany bei Savills und ergänzt: „Bei Ärztehäusern und Medizinischen Versorgungszentren beobachten wir ein steigendes Interesse sowohl von Gesundheitsimmobilieninvestoren als auch von typischen Büroinvestoren. Die Immobilien sind einerseits sehr ähnlich zu klassischen Büroimmobilien, andererseits sind Ärzte sehr standorttreue Mieter und schließen in der Regel langfristige Mietverträge ab. Genau solche Risikoprofile sind derzeit am Markt gefragt.“

Spürbarer Rückgang bei Projektentwicklungsankäufen

Neben den Pflegeheimbetreibern dürften auch viele Projektentwickler zunehmend unter Druck stehen. Steigende Bau- und Finanzierungskosten, gestrichene KfW-Förderungen und stagnierende bzw. wahrscheinlich bald sinkende Kaufpreisfaktoren führen zu einer herausfordernden Gemengelage. Diese Gemengelage lässt auch viele Investoren zurückhaltender beim Abschluss von Forward-Deals werden. Im dritten Quartal entfielen nur noch etwa 5 % des Transaktionsvolumens auf solche Transaktionen. In den beiden vorherigen Quartalen war es noch jeweils rund ein Drittel.

„Wenn die Rahmenbedingungen bei Standort und Mieterqualität stimmen, sind Investoren auch weiterhin zu Forward-Deals bereit. Der Kauf projektierter und in Bau befindlicher Immobilien ist aktuell eine der wenigen Möglichkeiten, um an moderne und hochwertige Objekte zu gelangen, da viele der zum Kauf angebotenen Bestandsobjekte Defizite bei der Objektqualität aufweisen. Mittlerweile werden bei Forward-Deals aber höhere Risiken eingepreist, so dass die Kaufpreiserwartungen vieler Entwickler nicht erreicht werden. Dadurch kommen derzeit weniger Projektverkäufe zu Stande“, kommentiert Eiting.

Ausblick: Passendes Angebot bleibt knapp und weitere Objekttypen rücken in den Fokus

Für die nächsten Quartale rechnet Savills damit, dass sich die Kaufpreisvorstellungen der Käufer und Verkäufer schrittweise annähern, so dass wieder mehr Transaktionen beurkundet werden. Sich abzeichnende größere Portfolioverkäufe dürften perspektivisch ebenfalls zu einem Schub beim Transaktionsvolumen führen. Den langfristigen Wachstumsperspektiven des Sektors werden allerdings die Risiken bei den Pflegeheimbetreibern entgegenstehen, wodurch das Angebot für viele risikoaverse Käufer rar bleibt. Die Herausforderungen im Pflegeheimsektor dürften indes dazu führen, dass neben betreutem Wohnen und Ärztehäusern auch Objekttypen wie Rehakliniken stärker in den Fokus der Investoren rücken. Da der Megatrend des demografischen Wandels weiterhin sehr stark für Investitionen in Gesundheitsimmobilien spricht, rechnet Savills mit einem anhaltenden Bedeutungsgewinn des Sektors am deutschen Immobilieninvestmentmarkt.






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