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28.10.2022 EZB erhöht Leitzinsen erneut um 0,75 Punkte

Die Europäische Zentralbank hebt die Zinsen um 75 Basispunkte an und erhöht den Leitzins somit auf 1,5 Prozent. Der Schritt entspricht den Erwartungen: Im Vorfeld der Sitzung hatten EZB-Mitglieder eine Reihe hawkisher Kommentare geäußert und die Inflationsdaten blieben hoch. Trotz der Zinserhöhung reagierte der Anleihemarkt zunächst mit Kursgewinnen. Auslöser dafür waren nuancierte Änderungen in der Formulierung des EZB-Zinspfads: Der Ausschuss verzichtete auf die Formulierung „mehrere Sitzungen" in Bezug auf künftige geldpolitische Leitlinien, was die Märkte zu einer weniger hawkishen Interpretation veranlasste. Die Endzinserwartungen gingen um 0,20-0,30 Prozentpunkte zurück und die Renditekurven in der gesamten Region bewegten sich nach unten.

Neben den Zinssätzen wurden die Beschlüsse zum TLTRO-Programm und zur Qualitativen Straffung (Qualitative Tightening, QT) im Vorfeld der Sitzung mit Spannung erwartet. Die EZB kündigte Maßnahmen an, die eine vorzeitige Rückzahlung von TLTRO-Krediten durch die Banken fördern werden. Ab Ende November 2022 werden ausstehende TLTRO-Kredite mit dem durchschnittlichen Zinssatz der Einlagefazilität belastet, wodurch sich die Kosten für das Halten dieser Mittel erhöhen. Auf der Pressekonferenz erklärte Lagarde, dass diese Maßnahmen notwendig seien, um die „ordnungsgemäße Umsetzung der Geldpolitik" zu gewährleisten.

In Bezug auf die QT wurde keine Ankündigung gemacht. Auf der Pressekonferenz wies Lagarde darauf hin, dass man absichtlich nicht über Quantitative Tightening gesprochen habe. Sie räumte jedoch ein, dass die geänderten TLTRO-Bedingungen voraussichtlich Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben werden. So könnte sich der Betrag verringern, um den die EZB die Leitzinsen anheben muss, um die Inflation wieder auf das Zielniveau zu bringen.

Die Pressekonferenz hat die dovishen (oder weniger hawkishen) Interpretationen der Märkte noch verstärkt. Lagarde verwies auf die bedeutenden Fortschritte, die mit dem Entzug der geldpolitischen Unterstützung bereits erreicht wurden, und erwähnte die sich abschwächenden Wachstumsindikatoren. Diese deuten darauf hin, dass sich das Wirtschaftswachstum vom vierten Quartal 2022 bis ins zweite Quartal 2023 verlangsamen wird. „Die Wirtschaftstätigkeit dürfte sich im dritten Quartal deutlich verlangsamt haben und wir erwarten eine weitere Abschwächung für den Rest dieses Jahres und den Beginn des nächsten Jahres.“

Die hawkischen Töne blieben jedoch erhalten und konzentrierten sich auf die Inflation und den Preisdruck, die „in immer mehr Sektoren sichtbar werden“, sowie auf die starken Arbeitsmärkte. Letztendlich reichten diese Äußerungen und die Zusage, das Vorgehen bei jeder Sitzung abzuwägen und neu zu bewerten, jedoch nicht aus, um die ersten Marktreaktionen umzukehren. Die Renditen stabilisierten sich auf den Tiefstständen des Tages und der Euro konnte sich nicht von seinem anfänglichen Rückgang in Richtung Parität zum US-Dollar erholen.

(von: Elizabeth Geoghegan, Fixed Income Portfolio Manager bei Mediolanum International Funds zur gestrigen EZB-Ratssitzung)





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