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01.11.2022 EZB behauptet, Inflation kam aus dem Nichts

Die Europäische Zentralbank hatte am Donnerstag ihren Leitzins um weitere 75 Basispunkte auf 2 % angehoben. Obwohl die Inflationsrate im Euroraum bereits bei 9,9 % liegt, halten die Notenbanker ihren Leitzins unnatürlich niedrig, mit dem Ziel die Überschuldung der europäischen Staaten und Unternehmen auf Kosten der Sparer abzubauen. In einem freien Markt lägen Zinsen etwa 4 Prozentpunkte oberhalb der Inflation Dies würde jedoch den Bankrott für die hochverschuldeten Staaten Europas bedeuten, weshalb die EZB diesen Schritt scheut und stattdessen südeuropäische Staatsanleihen aufkauft, um die Zinsen im Euroraum in Zaum zu halten.

In Deutschland, wo jährliche Inflationsrate im Oktober bereits bei 10,4 % lag, beträgt der Realzins nun -8,4 %. Die Schuld daran liegt bei Politik und Zentralbanken, die allerdings nach anderen Sündenböcken suchen. So hatte Christine Lagarde, Chefin der EZB, vergangene Woche in einem Interview gesagt:

„Wir bekämpfen die Inflation. Die Inflation kam so ziemlich aus dem Nichts über uns. Wir hatten erst die Deflation bekämpft … und als Folge einer sehr schnellen Wirtschaftserholung plus einer Energiekrise, verursacht von Herrn Putin [entstand die Inflation].“

Entweder ist Frau Lagarde völlig inkompetent oder sie belügt bewusst die Menschen, denn die Wahrheit ist diametral gegensätzlich zu ihren Behauptungen. Die stark steigenden Konsumentenpreise sind hausgemacht und wurden nicht durch exogene Faktoren verursacht wie den Krieg in der Ukraine.

Die europäischen Staaten hatten Jahrzehnte lang über ihre eigenen Verhältnisse gelebt und Schulden aufgetürmt, die die EZB über die Druckerpresse finanziert hatte. Bereits 2008 stand diese rücksichtslose Fiskal- und Geldpolitik vor ihrem Ende, als diese Praxis zu der Kredit- und Währungskrise führte und beinahe einen Zusammenbruch der EU nach sich zog. Anstatt aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und zu einer nachhaltigen Austeritätspolitik zurückzukehren, entschied man sich einen drauf zu setzen und die Inflation durch QE-Programme noch auszuweiten, womit man die Notenbankbilanz bzw. die Geldmenge seit 2008 verzehnfacht hatte.

Man muss kein Raketenwissenschaftler sein, um nach einem Jahrzehnt rücksichtslosen Druckens von Geld aus dem Nichts durch die EZB hohe Inflationsraten in der Zukunft richtig vorherzusagen. Mit der Inflation verhält es sich, wie mit dem berühmten Beispiel des Ketchups in der Flasche, auf die man viele Male klopft, um dann letztlich in einem Schwall das Ketchup über den gesamten Teller zu verteilen. Ähnlich türmt sich die Geldmenge über Jahrzehnte an, wobei erst keine negativen Auswirkungen und Vermögensverluste in Erscheinung treten, während Vermögenspreisblasen entstehen und die Politik glaubt, man könnte einfach immer weiter Schulden anhäufen und Geld aus dem Nichts drucken. Doch letztlich schwappt die geschaffene Inflation in die Realwirtschaft, was plötzlich zu stark steigenden Konsumentenpreisen führt und die Fiat-Währungen drastisch abwertet und dabei Sparvermögen vernichtet. Es gibt kein „free lunch“ und was Regierungen über Inflation ausgegeben, müssen Steuerzahler über die Inflationssteuer am Ende des Tages zahlen.

Würden die Aussagen von EZB-Chefin Lagarde oder Kanzler Scholz der Wahrheit entsprechen und allein der Krieg und die gestiegenen Energiepreise die Ursache der Preissteigerungen sein, so müssten die Preise anderer Güter sinken und hohe Preissteigerungsraten wäre mittel- bis langfristig unmöglich. Ohne vorherige Ausweitung der Geldmenge kann es zu keinem Anstieg des allgemeinen Preisniveaus kommen und der Krieg in der Ukraine, sowie die gestiegenen Energiepreise haben mit dem Niedergang des Euros nichts zu tun. Inflation ist und bleibt ein monetäres Phänomen, dessen Schuld bei der eigenen Regierung finden ist.

EZB-Zinsentscheid enttäuscht die Märkte

Im Vorfeld des EZB-Zinsentscheids legte der Euro deutlich zu und konnte über die Parität zum US-Dollar ansteigen. Im gleichen Atemzug fiel der USD-Index auf fast 109 Punkte, womit der US-Dollar seinen Aufwärtstrend und der Euro seinen Abwärtstrend erreicht haben. Der EZB-Zinsentscheid enttäuschte jedoch die Märkte, da die EZB den Satz strich, wonach man bei mehreren kommenden Notenbanksitzungen den Leitzins anheben wolle. Stattdessen will man von Sitzung zu Sitzung entscheiden ob und wie stark man noch den Leitzins anheben wird. Darin sah der Markt ein weiteres frühes Einknicken der EZB und deren Unfähigkeit die Zinsen entsprechend der Inflation steigen zu lassen, ohne die Europäische Union dabei zu gefährden.

Auf der anschließenden Pressekonferenz wies Lagarde darauf hin, dass sich die Wirtschaftstätigkeit im dritten Quartal deutlich verlangsamt haben dürfte und auch für den Rest des Jahres eine deutliche Verlangsamung zu erwarten sei.

Der Euro fiel daraufhin wieder unter die Parität und zurück in seinen Abwärtstrend, womit die Bären jetzt mit neuen Shortposition auf einen erneuten Test des Tiefs bei 0,95 US-Dollar wetten dürften. Der US-Dollar-Index, der zuvor seinen Aufwärtstrend bei 109 getestet hatte, legte am Freitag nach dem EZB-Zinsentscheid wieder zu, was Gold und Silber wieder unter Druck brachte.

Insgesamt enttäuschten Gold und Silber in der letzten Handelswoche, da diese trotz des starken Einbruchs des US-Dollars nicht deutlich zulegen konnten. Sollte der USD-Index nun wieder zur Stärke neigen und Richtung des Hochs bei 104 Punkten laufen, dann droht sich die Streckfolter am Edelmetallmarkt fortzusetzen, die Tiefs erneut getestet werden oder sich zumindest die trendlose Phase noch etwas fortzusetzen, bis ein Pivot in der US-Geldpolitik offen und unmissverständlich kommuniziert wird. Dann sollten Gold und Silber schnell wieder deutlich ansteigen und der Goldpreis im nächsten Jahr sein Allzeithoch erneut anlaufen.

(Auszug aus dem Marktkommentar von Markus Blaschzok, Chefanalyst der SOLIT Gruppe)





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