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24.11.2022 Hohe Preise, höhere Zinsen: Ausweichstrategien beim Immobilienkauf

Der starke Anstieg von Bauzinsen und Lebenshaltungskosten hat viele Immobilieninteressenten kalt erwischt: Der Weg ins eigene Heim ist steiniger als zu Beginn des Jahres. Welche Kompromisse Käufer und Bauherren auf Finanzierungs- und Objektseite eingehen, um an ihr Eigenheimziel zu kommen, zeigen aktuelle Daten des Finanzierungsvermittlers Dr. Klein. Vorstandsvorsitzender Michael Neumann ordnet zudem die Marktlage ein und verrät, an welchen Stellschrauben es sich für die eigenen vier Wände lohnt zu drehen.

Niedrigere Tilgung für eine geringere Rate

Die seit Jahresbeginn stark gestiegenen Bauzinsen ließen auch die Monatsraten für die Immobilienfinanzierung rasant in die Höhe schnellen. Ein Mittel der Wahl, um die monatliche Rate im Zaum zu halten, ist für viele Darlehensnehmer, die Tilgung niedriger anzusetzen. Im Februar lag sie noch auf dem Jahreshöchstwert von 2,78 Prozent und sank seither kontinuierlich auf nunmehr 2,27 Prozent im Oktober. Möglich wird dies auch durch eine größere Flexibilität der Banken bezüglich der Mindesttilgung: Als Reaktion auf die gestiegenen Zinsen erlauben mehrere Kreditinstitute aktuell wieder eine Anfangstilgung von 1 oder 1,5 Prozent. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG, rät jedoch dazu, diese Option nicht zu überreizen und in einem Korridor von 2 bis 3Prozent anfänglicher Tilgung zu bleiben: „Wer niedriger tilgt, zahlt länger das Darlehen ab und hat am Ende der Erstfinanzierung auch eine höhere Restschuld stehen. Sollte es dann zu höheren Zinsen bei der Anschlussfinanzierung kommen, trifft dies härter als bei einem geringen Restbetrag.“

Zinsbindung: kurz und günstig, lang und sicher?

Um das Zinsänderungsrisiko so gering wie möglich zu halten, haben sich Kreditnehmer Anfang des Jahres für eine möglichst lange Zinsbindung entschieden: Im Schnitt betrug die Sollzinsbindung im Februar rund 15 Jahre. In den Folgemonaten ging der Trend dann allerdings zu kürzeren Festschreibungen – rund 14 Jahre im September. Eine weitere Ausweichstrategie, um die Baufinanzierung noch bezahlbar zu machen: Da lange Zinsbindungen meist mit Aufschlägen durch die Banken verbunden sind, zielten die Darlehensnehmer darauf ab, diese Kosten einzusparen. Im Oktober ist nun erstmals wieder eine Aufwärtstendenz zu sehen, die Michael Neumann mit der aktuell „inversen Zinskurve“ erklärt: „Je nach Vergleichszeitraum sind längere Laufzeiten im Moment nicht viel teurer als kürzere Zinsfestschreibungen – teils ist das Gegenteil der Fall: Eine Sollzinsbindung von 20 Jahren kann verglichen mit einer 15-jährigen Bindung sogar günstiger sein.“

Gebraucht statt neu

Nicht nur bei der Finanzierungsstrategie sind Ausweichbewegungen festzustellen: Auch auf der Objektseite zeigt sich eine Umorientierung der Immobilieninteressenten. So geht aktuell besonders deutlich der Neubau zurück. „Wer sein Bauvorhaben ohne größere Verluste noch stoppen kann, der stoppt“, fasst Michael Neumann die Situation zusammen. Lieferengpässe, Facharbeitermangel und zum Teil extrem gestiegene Materialkosten würden Kostenplanungen immer wieder über den Haufen werfen.

„Zurzeit ist Bauen noch einmal deutlich stärker verteuert als Kaufen – und zudem mit großen Unsicherheiten behaftet. Diese Multibelastung wollen viele gerade nicht auf sich nehmen“, ergänzt Neumann. Vom Rückgang betroffen sind sowohl eigene Bauvorhaben – ihr Anteil sinkt von 22 Prozent Anfang des Jahres auf 12 Prozent im Oktober – als auch der Kauf von neu gebauten Immobilien von Bauträgern. Hier reduziert sich der Anteil von 11 auf 4 Prozent der Erstfinanzierungen bei Dr. Klein. Kaufvorhaben machen aktuell 84 Prozent aus, Anfang des Jahres waren es nur 67 Prozent.

Altbau boomt

Während Neubauten gerade weniger nachgefragt sind, macht das derzeitige Marktumfeld ältere Objekte interessanter denn je. Das gilt besonders für Nachkriegshäuser und -wohnungen. Bis zur Jahresmitte wurde nur jedes vierte Darlehen für eine Immobilie aufgenommen, die zwischen 1950 und 1980 gebaut wurde. Dieser Anteil ist im dritten Quartal sprunghaft angestiegen: Aktuell ist jede dritte Immobilie, die den Besitzer wechselt, zwischen 43 und 72 Jahre alt. Auch die Baujahre vor 1950 nehmen in der Käufergunst zu. Laut Dr. Klein-Chef Michael Neumann ist diese Entwicklung nicht einer neuen Nostalgie beim Wohnen geschuldet, sondern ganz profan dem Preis: „Ältere Bestandsimmobilien sind günstiger, weil sie häufig modernisiert werden müssen. Und gerade wenn die Energiebilanz mies ist, haben Käufer aktuell größere Verhandlungsspielräume.“ Die nutzten Interessenten aus, um sich den Wunsch nach den eigenen vier Wänden trotz der schwierigeren Rahmenbedingungen doch noch zu erfüllen. „Auch wenn der Kaufpreis günstig sein mag – zu leichtfertig sollte sich niemand in einen unsanierten Altbau flüchten“, warnt Neumann. Weil notwendige Sanierungen schnell teuer werden können, rät er Käufern dazu, diese Kosten mit in die Finanzierung einzuberechnen.






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