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09.01.2023 Gewerbeinvestments 2022: Zinswende, Renditewende, Umsatzwende

So fulminant das Investmentjahr 2022 am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt gestartet war, so unspektakulär ging es zu Ende. Im Dezember belief sich das Transaktionsvolumen auf lediglich knapp 3 Mrd. Euro – einen niedrigeren Umsatz zum Abschluss eines Jahres gab es zuletzt im Jahr 2011. Der Gesamtjahresumsatz liegt mit 50,6 Mrd. Euro zwar nur 17 % unter dem des Jahres 2021, allerdings entfallen mehr als 40 % dieses Umsatzes auf das erste Quartal.

Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe, kommentiert das Investmentjahr 2022 wie folgt: „Die zu Jahresbeginn eingeleitete Zinswende hat die Rahmenbedingungen für die Immobilieninvestmentmärkte ab dem Frühjahr vollkommen verändert. Die anfängliche Verunsicherung unter den Marktteilnehmern weicht nun der Erkenntnis, dass diese Zinswende das Marktumfeld nicht nur kurzfristig verändert hat, sondern dass die Rückkehr der Zinsen einen Paradigmenwechsel für die Immobilieninvestmentmärkte bedeuten könnten – zumindest verglichen mit den letzten zehn Jahren“.

Anfangsrenditen mit erneutem Anstieg und weiterhin wenig belastbar

Während die Zinswende weitgehend abgeschlossen sein dürfte, ist die Preiskorrektur an den Immobilienmärkten noch in vollem Gange. Die Spitzenrenditen stiegen im 4. Quartal in allen Segmenten, wobei der Anstieg bei Pflegeheimen am geringsten (+ 10 Bp.) und bei Supermärkten (+ 50 Bp.) am stärksten ausfiel. Nach wie vor beobachtet Savills eine große Spreizung zwischen den Preisvorstellungen der Käufer und jener der Verkäufer und weist deshalb weiterhin Renditespannen aus, die diese Situation reflektieren sollen. „Die abweichenden Preisvorstellungen zwischen Käufer- und Verkäuferseite sind weiterhin ein wesentlicher Grund dafür, dass sowohl viele Käufer als auch Verkäufer noch abwarten“, so Lemli und ergänzt für die Verkäufer: „Angesichts der vielen in den letzten Monaten abgebrochenen oder festgefahrenen Verkaufsprozesse ist die Sorge bei Eigentümern groß, das eigene Objekt mit dem Stigma ‚unverkäuflich‘ zu belasten. Wer dennoch verkaufen will oder muss, tut dies häufig off-market per selektiver Marktansprache eines kleinen Kreises potenzieller Investoren“.

Eigenkapitalstarke Investoren mit gesteigertem Ankaufsvolumen

Die Zurückhaltung vieler Investoren eröffnet Chancen für diejenigen, die von der Zinswende weniger stark betroffen sind und/oder die im intensiven Bieterwettstreit der Vorjahre nicht zum Zuge gekommen sind. Dazu zählen vor allem eigenkapitalstarke Käufer. So zählen Privatinvestoren (inkl. Family Offices) und Staatsfonds zu den wenigen Investorentypen, deren Nettoankaufsvolumen (Ankäufe abzüglich Verkäufe) im vergangenen Jahr über dem jeweiligen Fünf-Jahres-Mittel lag. Beide Gruppen investierten per Saldo mehr als 800 Mio. Euro. Auch für risikoaffine Investoren wird das Marktumfeld attraktiver, insbesondere im Value-Add-Segment. Lemli dazu: „Die meisten institutionellen Core-Investoren gehen im aktuellen Umfeld keine Kompromisse mehr ein und kaufen nur noch Objekte, die frei von Makeln sind. Dadurch wird das Spielfeld für Value-Add-Investoren wieder größer und durch die Zurückhaltung vieler Investoren im aktuellen Umfeld tummeln sich weniger Spieler dort, die um die Objekte konkurrieren. Dass das Neubauvolumen aufgrund gestiegener Zinsen und Baukosten in den nächsten Jahren sinken dürfte, kommt ihnen darüber hinaus zupass“.

Büros bleiben umsatzstärkste Nutzungsart, Industrieimmobilien erobern Rang 2

Der allgemeine Abschwung am Investmentmarkt hat praktisch alle Nutzungsarten erfasst. Einzig gemischt genutzte Immobilien (+ 9 %) sowie Industrie-/Logistikimmobilien (+ 2 %) konnten gegenüber 2021 leichte Umsatzzuwächse verbuchen. Trotz eines Umsatzrückgangs von mehr als einem Viertel blieben Büroimmobilien die mit Abstand umsatzstärkste Nutzungsart (19,9 Mrd. Euro), gefolgt von Industrie-/Logistikimmobilien (9,3 Mrd. Euro) und Handelsimmobilien (8,3 Mrd. Euro). Den größten Umsatzrückgang verzeichneten Entwicklungsgrundstücke (- 43 %) – ein Zeichen dafür, dass Projektentwickler von den veränderten Marktbedingungen besonders stark betroffen sind. Im Projektentwicklungssegment erwartet Savills folglich auch eine steigende Zahl erzwungener Verkäufe.

Verkaufsdruck steigt und sorgt für mehr Angebot – Nachfrage bleibt geringer als vor der Zinswende

Auch bei anderen Eigentümern dürfte der steile Zinsanstieg früher oder später zu einem steigenden Verkaufsdruck oder zumindest -anreiz führen. Insgesamt schätzt Savills die Finanzierungssituation der Eigentümer jedoch als komfortabel ein und rechnet daher abseits des Projektentwicklungssegments nur mit wenigen Notverkäufen. Dennoch gibt es weitere Gründe, die für eine steigende Zahl von Verkäufen sprechen. So dürfte die Abwertung von Aktien und Anleihen bei manchen Investoren dazu geführt haben, dass die Immobilienquote im Portfolio nun zu hoch ist. Das könnte Verkäufe auslösen. Auch durch Mittelabflüsse drohende Liquiditätsengpässe bei offenen Fonds könnten Verkäufe nötig machen. Vor diesem Hintergrund erwartet Savills perspektivisch wieder mehr Angebot. Auch die Nachfrage wird wieder steigen, allerdings nicht auf das Niveau der Jahre vor der Zinswende. Mit einem nennenswerten Anstieg der Transaktionsaktivität ist wohl nicht vor dem Frühjahr zu rechnen – bis dahin dürften auch die Renditen noch steigen. Für das Gesamtjahr geht Savills von einem Umsatz von unter 50 Mrd. Euro aus.







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