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16.02.2023 Wien: Angebot an Mietwohnungen geht bereits jetzt deutlich zurück

Auf dem Wiener Wohnungsmarkt zeichnen sich heuer bedeutende Änderungen ab: Die Zahl der Fertigstellungen neuer Wohnungen wird aufgrund von Bauverzögerungen 2023 mit ca. 18.200 Einheiten um 2,8 Prozent noch über dem Spitzenwert von 17.700 aus 2022 liegen und der langanhaltende Anstieg bei Eigentumswohnungen ist in eine stabile Preisentwicklung übergegangen. Nachfrageseitig wirken sich die deutlich gestiegenen Zinsen, die wegen der Inflation sinkende Kaufkraft und die generelle wirtschaftliche Verunsicherung dämpfend aus, sodass auf dem Markt – zwar mit etwas niedrigerem Volumen – Angebot und Nachfrage auch künftig weitgehend ausgeglichen sind: Einerseits finden Wohnungssuchende eine breite Palette attraktiver Möglichkeiten, andererseits werden auf den Markt kommende Wohnungen in aller Regel weiterhin sehr rasch verwertet.

Aus diesem Grund ist preislich heuer ein ausgesprochen unspektakuläres Jahr mit weitgehend unveränderten Kaufpreisen, jedoch steigenden Mieten zu erwarten. „Die hohen Errichtungskosten sorgen einerseits dafür, dass es sicher keine Rückgänge bei Kaufpreisen geben wird, die gestiegenen Zinsen und das schwierige wirtschaftliche Umfeld lassen andererseits für den Großteil des Markts aktuell auch keine weiteren Anstiege zu“, erklärt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen. „Für Wohnungssuchende sind Mieten dank der gleichzeig sehr hohen Lohnabschlüsse in der Höhe von durchschnittlich mehr als 7 % real sogar teilweise günstiger geworden.“

Bemerkenswert ist auch eine Verschiebung des Angebots von Mietwohnungen in Richtung Eigentumswohnungen. Reine Entwickler, die ihre Projekte möglichst bis oder bei Fertigstellung verwerten wollen, setzen verstärkt auf den Abverkauf von Eigentumswohnungen statt auf Gesamtverkäufe an institutionelle Investoren, die danach in die Vermietung gelangen. „Fonds, Pensionskassen und Versicherungen sind heuer weniger offensiv, daher ist der Einzelverkauf wieder eine attraktivere Alternative geworden“, so Schunker. „Investoren, die ein langfristiges Bestandsportfolio aufbauen und weiterhin auf Mietobjekte setzen, können aber gerade deswegen mit einer sehr guten Nachfrage rechnen.“ Ausnahme sei hier die BUWOG, wie Andreas Holler, Geschäftsführer der BUWOG Group GmbH, ergänzt: „Als Komplettanbieter am österreichischen Markt setzen wir weiterhin auf eine ausgewogene Mischung aus Eigentums- und Mietwohnungen, um allen Marktanforderungen gerecht zu werden.“

Die schwierigeren Rahmenbedingungen haben bereits in den letzten Monaten des Jahres 2022 zu einigen Verzögerungen bei Neubauprojekten geführt, weshalb der Anstieg gegenüber 2021 letztlich recht moderat ausfiel. Die verzögerten Fertigstellungen aus 2022 werden heuer schlagend, was dazu führen wird, dass nochmals fast genauso viele Wohnungen auf den Markt kommen werden, jedoch geht es ab 2024 steil bergab und 2025 werden voraussichtlich deutlich weniger als 10.000 Einheiten fertiggestellt. „Wenn nicht dringend daran gearbeitet wird, die Rahmenbedingungen für den Wohnbauzu verbessern, wird es in spätestens zwei Jahren einen beachtlichen Nachfrageüberhang geben“, warnt Andreas Holler.

Bis auf weiteres werde der Investmentfokus der Immobilienwirtschaft jedenfalls nicht im Neubau, sondern auf Modernisierung und Verbesserung der Nachhaltigkeit des Bestands liegen. „Das wird große finanzielle und technische Anstrengungen erfordern, aber damit können sich innovative Unternehmen wichtige Wettbewerbsvorteile erarbeiten“, so Holler.

Karina Schunker von EHL ortet besonders großes Innovationspotenzial in der Flexibilisierung von Wohnungsgrundrissen. „Der Homooffice-Boom hat drastisch vor Augen geführt, dass sich Wohnungslayouts veränderten Ansprüchen anpassen sollten. Darum werden nun auch verstärkt Konzepte aus dem Bürobau, mit tragenden Wänden möglichst nur außen und zwischen Erschließungs- und Allgemeinflächen, auch bei Wohnbauten eingesetzt. Ein stärker diversifizierter Wohnungsmix mit mehreren Wohnungstypen in einem Objekt trägt zur nachhaltigen Verwertbarkeit bei, weil Mieter:innen innerhalb des Gebäudes in kleinere oder größere Einheiten wechseln können.“

Betriebskosten steigen um ein Vielfaches stärker als Mieten und Wohnungspreise, Anreize für Klimaschutzmaßnahmen haben höchste Dringlichkeit

Den nominell stabilen und real sinkenden Mieten stehen teilweise dramatisch steigende Betriebskosten gegenüber, was dazu führt, dass die Wohnkosten insgesamt weiter steigen. Dazu tragen in erster Linie die extrem hohen Preise für Gas, Strom und Fernwärme bei, aber auch steigende Netzentgelte und die Kosten kommunaler Dienstleistungen wie Wasserversorgung und Müllabfuhr schlagen sich hier zu Buche.

„Aktuell ist das für Mieter:innen und Wohnungssuchende das mit Abstand größte Problem“, so Holler. „Selbst in Wohnanlagen, in denen etwa durch die Nutzung von Geothermie vorbildliche Energielösungen realisiert wurden, steigen die Betriebskosten empfindlich an.“ Am stärksten betroffen seien aber naturgemäß Altbauten mit ihrem vergleichsweise hohen Energiebedarf und sehr geringem Anteil erneuerbarer Energie.

EHL-Geschäftsführer Michael Ehlmaier ortet daher hier den wichtigsten Ansatzpunkt zur Entlastung von Mieter:innen und Wohnungssuchenden: „Die kurzfristigen Hilfen wie Klimabonus, Energiebonus etc. sind wichtig und richtig, aber es müssen dringend auch mittel- und langfristig wirksame Maßnahmen gesetzt werden, die eine strukturelle Verbesserung bewirken. Dazu gehören gesetzliche Änderungen etwa im Mietrechtsgesetz, die die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen erleichtern, vereinfachte Verfahren und verstärkte Förderungen. Im Vollanwendungsbereich des MRG müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen so weiterentwickelt werden, dass sich die dort besonders wichtigen Investitionen in verbesserte Nachhaltigkeit auch lohnen. Es gibt längst ausgezeichnete Konzepte, bei denen sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen profitieren. Die Politik muss aber endlich handeln.“

Forderung nach verbesserten Finanzierungsbedingungen

Daniel Riedl ist als Vorstandsmitglied der Vonovia SE u.a. für das gesamte BUWOG-Geschäft in Österreich verantwortlich. Er unterstreicht den Handlungsbedarf für Politik und Verwaltung im Bereich Flächenwidmung, Baugenehmigungen und Bauvorschriften: „In den vergangenen Jahren haben niedrige Zinsen und der große Nachholbedarf dafür gesorgt, dass trotzdem ausreichend Wohnraum geschaffen wurde. Unter den geänderten Rahmenbedingungen mit stark gestiegenen Finanzierungskosten, hohen Baupreisen, schwacher Konjunkturentwicklung und sinkendem verfügbaren Einkommen der Bevölkerung werden die hier bestehenden, letztlich massiv kostentreibenden Schwächen hingegen zu einer echten Wohnbaubremse, die dringend zu lösen ist.“

Konkret fordert Riedl eine rasche Lockerung der sogenannten KIM-Verordnung: „Wir sehen weiterhin eine hohe Nachfrage nach Eigentumswohnungen, allerdings ist es für viele unserer potenziellen Käufer:innen derzeit schwierig, die entsprechende Finanzierung aufzubringen. Die aktuelle gesetzliche Situation schreibt eine Reihe an Restriktionen vor, insofern begrüßen wir es sehr, wenn die von den verantwortlichen Gremien kürzlich präsentierten Lösungsvorschläge zeitnah umgesetzt werden, denn das dürfte auch den Markt wieder ankurbeln.“






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