27.02.2024 Berlin: Hauptstadt der Wohnungssuchenden, Fertigstellungen sinken
Falkquartier in Berlin-Weissensee. Copyright Catella Residentitial Investement Management
In Berlin wurden im Jahr 2023 laut der Prognose von Colliers rund 15.900 neue Wohnungen genehmigt, das ist ein weiterer Rückgang von 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2022: rund 17.000 Wohnungen). 2016 erreichten die Genehmigungen mit rund 25.000 Wohnungen den Höchstwert, seitdem sinken die Zahlen kontinuierlich. Diese Verknappung von neuem Wohnraum führt zu deutlichen Steigerungen bei den Angebotsmieten, sowohl im Bestand als auch im Neubau.
Die durchschnittliche Miete bei Bestandswohnungen ist von 13,90 Euro pro Quadratmeter (Q4 2022) auf 15,90 Euro pro Quadratmeter (Q4 2023) gestiegen. Im Neubau war ein Anstieg von 19,00 Euro pro Quadratmeter (Q4 2022) auf 20,80 Euro pro Quadratmeter (Q4 2023) zu verzeichnen. Dabei gibt es zwischen den einzelnen Bezirken erhebliche Unterschiede in der Mietpreisentwicklung für Bestandswohnungen. Am stärksten waren die Zuwächse 2023 in Mitte (+13,1%), in Lichtenberg (+11,4%) und in Marzahn-Hellersdorf (10,4%). Dagegen sind in Steglitz-Zehlendorf (-2,2%), Neukölln (-4,5%) und in Spandau (+0,1%) die Mieten im Jahresverlauf gefallen oder blieben auf Vorjahresniveau.
Die Angebotsstruktur auf dem Mietwohnungsmarkt lässt laut Colliers einen weiterhin hohen Anteil möblierter und gewerblicher Angebote erkennen. Sonstiges Wohnen – dazu zählen möblierte Wohnungen, Kleinwohnungen / Wohnungen mit ein bis zwei Zimmern gewerblicher Anbieter sowie Co-Living-Angebote – geht gegenüber dem Vorjahr (49,7%) zwar leicht zurück macht aber weiterhin 42,5 Prozent der Wohnungsangebote aus. Die gute Nachricht für alle, die eine klassische Mietwohnung suchen, die Zahl der Angebote für Ein- und Mehrzimmerwohnungen ist gegenüber dem Vorjahr leicht um 8,5 beziehungsweise 6,7 Prozent gestiegen.
Auf dem Markt für Eigentumswohnungen (ETW) gibt es einen leichten Rückgang der Angebotspreise seit 2023. Der Durchschnittspreis für Bestands-ETW ist von rund 5.800 Euro pro Quadratmeter (Q4 2022) auf rund 5.660 Euro pro Quadratmeter (Q4 2023) gesunken. Bei Neubau-ETW ist der Durchschnittspreis im gleichen Zeitraum von rund 8.430 Euro pro Quadratmeter auf rund 8.210 Euro pro Quadratmeter gefallen. Auch bei den Kaufpreisen gab es 2023 zwischen den Bezirken erhebliche Differenzen bei Neubau-ETW. Neukölln verzeichnete den stärksten Anstieg mit 17,7 Prozent, gefolgt von Marzahn-Hellersdorf (7,17%). Die größten Preisrückgänge gab es in den Bezirken Mitte (-9,95%), Spandau (-9,82%) und Charlottenburg-Wilmersdorf (-6,87%).
Was diese Zahlen für die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes und die Wohnungssuchenden bedeuten, darüber diskutierten im Rahmen einer Presserunde Kemal Zeyveli (Regional Manager bei Colliers in Berlin), Sascha Nöske (Vorstandsvorsitzender der STRATEGIS AG), Lars Vandrei (Senior Research bei Catella Residential Investment Management) und Saidah Bojens (Niederlassungsleiterin Berlin und Sachsen bei Instone Real Estate Development GmbH).
Nach Einschätzung von Sascha Nöske sorgt das knappe Angebot an Mietwohnungen letztlich dafür, dass sich die Grenze der Zahlungsbereitschaft bei vielen Wohnungssuchenden nach oben bewegt. Auch Kaltmieten jenseits von 20 Euro je Quadratmeter würden im Neubau insbesondere in den Zentrumslagen von Berlin bezahlt. „Damit wird Eigentum zur Altersvorsorge und ohne das Risiko von Mieterhöhungen wieder stärker als Alternative wahrgenommen", sagt Nöske.
Zugleich unternehmen Anbieter große Anstrengungen, auch weiterhin preisgünstige Mietwohnungen zu schaffen. Grund hierfür sind unter anderem die Nachhaltigkeitsziele institutioneller Investoren. Lars Vandrei sagte: „Wie andernorts auch bemühen wir uns in Berlin, neue Wohnungen zu durchschnittlichen Marktmieten mit möglichst geringen Betriebskosten verfügbar zu machen.“ Beispielhaft hierfür sei das Falkenquartier, das aktuell am Faulen See an der Grenze zwischen Weißensee und Hohenschönhausen entstehe. Die 67 Wohnungen dort werden in Holzhybridbauweise und gemäß den Anforderungen des KfW-40-Standards mit dem Qualitätssiegel ‘Nachhaltige Gebäude’ (NH) des Bundesministeriums des Inneren für Bau und Heimat (BMI) errichtet. Für das Quartier ist eine Sole-Wärmepumpe vorgesehen, die wiederum über PVT-Hybridkollektoren versorgt wird, die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen. Die Photovoltaik-Anlage soll 30 Prozent der Dachflächen des Quartiers nutzen. „Damit wollen wir langfristig den Wunsch nach niedrigen Betriebskosten und bezahlbaren Warmmieten erfüllen", sagte Vandrei.
Die spürbaren Rückgänge bei Umsätzen und Preisen für Eigentumswohnungen und einen daraus folgenden Anstieg der Mietwohnungsnachfrage führt Saidah Bojens auf die Verteuerung der Immobilienfinanzierungen zurück: „Die momentane Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt wird nicht nur durch zu wenig Neubau geprägt, sondern auch durch die erschwerte Finanzierbarkeit beim Kauf von Eigentumswohnungen. Das drängt investitionswillige Haushalte vermehrt in den Mietsektor und treibt dort die Nachfrage und Preise an.“ Angesichts dieser Entwicklung werde der Trend zum Wohnen im Umland voraussichtlich weiter zunehmen, insbesondere bei Familien mit der Möglichkeit zum Homeoffice, die dort ihre Flächenbedürfnisse günstiger realisieren könnten.
Trotz Abwanderung ins Umland wird die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes nach Ansicht der Teilnehmer vor allem durch die Knappheit des Mietangebotes sowie durch die Ausdifferenzierung des Angebotes bestimmt. Kemal Zeyveli sagt: „Der Wohnungsbau bricht drastisch ein. Jetzt ist es das erste Jahr, in dem man die Knappheit deutlich erkennt, nachdem das letzte Jahr noch einiges kaschiert hat. Die realen Auswirkungen des langjährigen Genehmigungsrückgangs werden sich bei den Fertigstellungen erst in den nächsten 2 – 3 Jahren zeigen und eine Besserung ist bislang nicht in Sicht.“
Für die Wiederbelebung des Wohnungsbaus braucht es nach Ansicht von Sascha Nöske vor allem verlässliche Maßnahmen der Politik. „Das aktuelle hin und her lähmt die Branche. Bestes Beispiel ist die Sonder-AfA, die sich in der Vergangenheit als wirksames Instrument erwiesen hat. Sie ist einfach und schnell umsetzbar und wirkt bis zum Verbraucher. Eine zügige Einführung wäre marktpsychologisch ein wichtiges Zeichen, denn sie schafft spürbar Anreize für mehr Investitionen. Allerdings steckt das Gesetzesvorhaben dazu seit November im Vermittlungsausschuss fest."
Da inzwischen der Wohnungsmangel in Berlin – wie auch in den anderen Metropolen – als eines der größten Hemmnisse der wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Entwicklung gilt, sind neben verstärkten Anstrengungen zum Neu- und Bestandsausbau auch Lösungsansätze für ergänzende Angebote gefragt.
„Wir sehen in Berlin eine große Zukunft für flexible Wohnformen”, sagt Lars Vandrei. Daher haben wir beispielsweise das Co-Living-Projekt ‚The Base One‘ in Berlin Pankow erworben. Die rund 300 Apartments dort sind löffelfertig eingerichtet und können für maximal sechs Monate von Neuankömmlingen und Projektarbeitern bezogen werden. Damit tragen wir zur Fluktuationsreserve bei, die Berlin für weiteres wirtschaftliches Wachstum braucht. Denn schon jetzt scheitert die Neubesetzung von Stellen in Berlin häufig daran, dass potenzielle Mitarbeiter in der Stadt keine geeignete Wohnung finden. The Base One ist seit der Eröffnung im vergangenen Frühjahr praktisch durchgehend zu 100% vermietet."
Die durchschnittliche Miete bei Bestandswohnungen ist von 13,90 Euro pro Quadratmeter (Q4 2022) auf 15,90 Euro pro Quadratmeter (Q4 2023) gestiegen. Im Neubau war ein Anstieg von 19,00 Euro pro Quadratmeter (Q4 2022) auf 20,80 Euro pro Quadratmeter (Q4 2023) zu verzeichnen. Dabei gibt es zwischen den einzelnen Bezirken erhebliche Unterschiede in der Mietpreisentwicklung für Bestandswohnungen. Am stärksten waren die Zuwächse 2023 in Mitte (+13,1%), in Lichtenberg (+11,4%) und in Marzahn-Hellersdorf (10,4%). Dagegen sind in Steglitz-Zehlendorf (-2,2%), Neukölln (-4,5%) und in Spandau (+0,1%) die Mieten im Jahresverlauf gefallen oder blieben auf Vorjahresniveau.
Die Angebotsstruktur auf dem Mietwohnungsmarkt lässt laut Colliers einen weiterhin hohen Anteil möblierter und gewerblicher Angebote erkennen. Sonstiges Wohnen – dazu zählen möblierte Wohnungen, Kleinwohnungen / Wohnungen mit ein bis zwei Zimmern gewerblicher Anbieter sowie Co-Living-Angebote – geht gegenüber dem Vorjahr (49,7%) zwar leicht zurück macht aber weiterhin 42,5 Prozent der Wohnungsangebote aus. Die gute Nachricht für alle, die eine klassische Mietwohnung suchen, die Zahl der Angebote für Ein- und Mehrzimmerwohnungen ist gegenüber dem Vorjahr leicht um 8,5 beziehungsweise 6,7 Prozent gestiegen.
Auf dem Markt für Eigentumswohnungen (ETW) gibt es einen leichten Rückgang der Angebotspreise seit 2023. Der Durchschnittspreis für Bestands-ETW ist von rund 5.800 Euro pro Quadratmeter (Q4 2022) auf rund 5.660 Euro pro Quadratmeter (Q4 2023) gesunken. Bei Neubau-ETW ist der Durchschnittspreis im gleichen Zeitraum von rund 8.430 Euro pro Quadratmeter auf rund 8.210 Euro pro Quadratmeter gefallen. Auch bei den Kaufpreisen gab es 2023 zwischen den Bezirken erhebliche Differenzen bei Neubau-ETW. Neukölln verzeichnete den stärksten Anstieg mit 17,7 Prozent, gefolgt von Marzahn-Hellersdorf (7,17%). Die größten Preisrückgänge gab es in den Bezirken Mitte (-9,95%), Spandau (-9,82%) und Charlottenburg-Wilmersdorf (-6,87%).
Was diese Zahlen für die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes und die Wohnungssuchenden bedeuten, darüber diskutierten im Rahmen einer Presserunde Kemal Zeyveli (Regional Manager bei Colliers in Berlin), Sascha Nöske (Vorstandsvorsitzender der STRATEGIS AG), Lars Vandrei (Senior Research bei Catella Residential Investment Management) und Saidah Bojens (Niederlassungsleiterin Berlin und Sachsen bei Instone Real Estate Development GmbH).
Nach Einschätzung von Sascha Nöske sorgt das knappe Angebot an Mietwohnungen letztlich dafür, dass sich die Grenze der Zahlungsbereitschaft bei vielen Wohnungssuchenden nach oben bewegt. Auch Kaltmieten jenseits von 20 Euro je Quadratmeter würden im Neubau insbesondere in den Zentrumslagen von Berlin bezahlt. „Damit wird Eigentum zur Altersvorsorge und ohne das Risiko von Mieterhöhungen wieder stärker als Alternative wahrgenommen", sagt Nöske.
Zugleich unternehmen Anbieter große Anstrengungen, auch weiterhin preisgünstige Mietwohnungen zu schaffen. Grund hierfür sind unter anderem die Nachhaltigkeitsziele institutioneller Investoren. Lars Vandrei sagte: „Wie andernorts auch bemühen wir uns in Berlin, neue Wohnungen zu durchschnittlichen Marktmieten mit möglichst geringen Betriebskosten verfügbar zu machen.“ Beispielhaft hierfür sei das Falkenquartier, das aktuell am Faulen See an der Grenze zwischen Weißensee und Hohenschönhausen entstehe. Die 67 Wohnungen dort werden in Holzhybridbauweise und gemäß den Anforderungen des KfW-40-Standards mit dem Qualitätssiegel ‘Nachhaltige Gebäude’ (NH) des Bundesministeriums des Inneren für Bau und Heimat (BMI) errichtet. Für das Quartier ist eine Sole-Wärmepumpe vorgesehen, die wiederum über PVT-Hybridkollektoren versorgt wird, die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen. Die Photovoltaik-Anlage soll 30 Prozent der Dachflächen des Quartiers nutzen. „Damit wollen wir langfristig den Wunsch nach niedrigen Betriebskosten und bezahlbaren Warmmieten erfüllen", sagte Vandrei.
Die spürbaren Rückgänge bei Umsätzen und Preisen für Eigentumswohnungen und einen daraus folgenden Anstieg der Mietwohnungsnachfrage führt Saidah Bojens auf die Verteuerung der Immobilienfinanzierungen zurück: „Die momentane Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt wird nicht nur durch zu wenig Neubau geprägt, sondern auch durch die erschwerte Finanzierbarkeit beim Kauf von Eigentumswohnungen. Das drängt investitionswillige Haushalte vermehrt in den Mietsektor und treibt dort die Nachfrage und Preise an.“ Angesichts dieser Entwicklung werde der Trend zum Wohnen im Umland voraussichtlich weiter zunehmen, insbesondere bei Familien mit der Möglichkeit zum Homeoffice, die dort ihre Flächenbedürfnisse günstiger realisieren könnten.
Trotz Abwanderung ins Umland wird die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes nach Ansicht der Teilnehmer vor allem durch die Knappheit des Mietangebotes sowie durch die Ausdifferenzierung des Angebotes bestimmt. Kemal Zeyveli sagt: „Der Wohnungsbau bricht drastisch ein. Jetzt ist es das erste Jahr, in dem man die Knappheit deutlich erkennt, nachdem das letzte Jahr noch einiges kaschiert hat. Die realen Auswirkungen des langjährigen Genehmigungsrückgangs werden sich bei den Fertigstellungen erst in den nächsten 2 – 3 Jahren zeigen und eine Besserung ist bislang nicht in Sicht.“
Für die Wiederbelebung des Wohnungsbaus braucht es nach Ansicht von Sascha Nöske vor allem verlässliche Maßnahmen der Politik. „Das aktuelle hin und her lähmt die Branche. Bestes Beispiel ist die Sonder-AfA, die sich in der Vergangenheit als wirksames Instrument erwiesen hat. Sie ist einfach und schnell umsetzbar und wirkt bis zum Verbraucher. Eine zügige Einführung wäre marktpsychologisch ein wichtiges Zeichen, denn sie schafft spürbar Anreize für mehr Investitionen. Allerdings steckt das Gesetzesvorhaben dazu seit November im Vermittlungsausschuss fest."
Da inzwischen der Wohnungsmangel in Berlin – wie auch in den anderen Metropolen – als eines der größten Hemmnisse der wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Entwicklung gilt, sind neben verstärkten Anstrengungen zum Neu- und Bestandsausbau auch Lösungsansätze für ergänzende Angebote gefragt.
„Wir sehen in Berlin eine große Zukunft für flexible Wohnformen”, sagt Lars Vandrei. Daher haben wir beispielsweise das Co-Living-Projekt ‚The Base One‘ in Berlin Pankow erworben. Die rund 300 Apartments dort sind löffelfertig eingerichtet und können für maximal sechs Monate von Neuankömmlingen und Projektarbeitern bezogen werden. Damit tragen wir zur Fluktuationsreserve bei, die Berlin für weiteres wirtschaftliches Wachstum braucht. Denn schon jetzt scheitert die Neubesetzung von Stellen in Berlin häufig daran, dass potenzielle Mitarbeiter in der Stadt keine geeignete Wohnung finden. The Base One ist seit der Eröffnung im vergangenen Frühjahr praktisch durchgehend zu 100% vermietet."