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22.07.2024 Bidens Rückzug: Kein Aufreger für die Kapitalmärkte

Joe Biden ist aus dem US-Präsidentschaftsrennen ausgestiegen. Das gab der 81-jährige amtierende Präsident am Sonntag in einem Brief auf Social-Media bekannt. Im Laufe der Woche will Biden in einer Ansprache an die Wählerinnen und Wähler seine Beweggründe genauer erklären. Bidens historischer Rückzug kam nicht überraschend. Nach seinem desaströsen Auftritt in der ersten TV-Debatte Ende Juni und dem gescheiterten Attentat auf Donald Trump am vorigen Wochenende zeichnete sich dieser Schritt in der letzten Woche immer deutlicher ab. Denn in Anbetracht der schwachen und rückläufigen Zustimmungswerte wurde eine Wiederwahl Bidens am 5. November immer unwahrscheinlicher. In der Folge erhöhten führende Politiker der Demokratischen Partei und einflussreiche Spender, die Bidens Wahlkampf finanzieren, den Druck und forderten einen neuen Präsidentschaftskandidaten. Den entscheidenden Ausschlag dürfte schließlich der bröckelnde Rückhalt des ehemaligen Präsidenten Barack Obama gewesen sein, der bekanntlich ein enges persönliches Verhältnis zu Joe Biden pflegt.

Kamala Harris steht als Kandidatin bereit

In seinem Brief hat Joe Biden die Vize-Präsidentin Kamala Harris als neue Kandidatin vorgeschlagen. Sie kündigte bereits umgehend an, dass sie als Kandidatin bereitsteht, um Donald Trump zu schlagen. Doch zuvor muss Harris erst noch offiziell als Kandidatin der Demokratischen Partei gekürt werden. Dafür dient der Nominierungsparteitag der Demokraten in Chicago vom 19. bis 22. August. Dass Harris diese Hürde erfolgreich nehmen wird, ist höchst wahrscheinlich, aber nicht sicher. Aus den Quoten der Online-Wettbüros lässt sich eine implizite Wahrscheinlichkeit von 80 % ableiten, dass sie sich die Kandidatur sichern kann (Stand: 21. Juli 2024).

Für eine Kandidatur von Harris sprechen die Unterstützung und der Rückhalt, den sie von Seiten demokratischer Parteikollegen und zahlreicher Wahlkampfspender unmittelbar nach Bidens Rückzug erhalten hat. Außerdem kann sie auf die Gelder zugreifen, die bereits für den gemeinsamen Wahlkampf mit Biden gespendet wurden. Die Kandidatin Harris ist aus vielen und guten Gründen die naheliegende Wahl. Ob die Partei mit Harris tatsächlich auch das beste Pferd ins Rennen schickt, darf allerdings bezweifelt werden. Gretchen Whitmer, die derzeitige Gouverneurin von Michigan, gilt vielen Beobachtern als die bessere Kandidatin. Bis zum Nominierungsparteitag der Demokraten im August besteht also noch ein gewisses Maß an Unsicherheit, ob Harris als offizielle Kandidatin gekürt wird. Denn die Delegierten, die ihre Stimme in den Vorwahlen bereits für Biden abgegeben hatten, sind nicht verpflichtet auf dem Parteitag für Harris zu stimmen.

Mit Harris bleibt alles beim Alten

In dem derzeit wahrscheinlichsten Fall wird also Harris die Kandidatur von Biden erben und dessen bisherigen Wahlkampf relativ nahtlos fortführen. An den Inhalten des Wahlprogramms sind keine wesentlichen Änderungen zu erwarten. Als Kandidatin kann Harris einige Attribute vorweisen, deren Defizite Biden als alter weißer Mann zumindest latent nachteilig ausgelegt wurden. Sie ist mit 59 Jahren deutlich jünger, weiblich sowie indisch-jamaikanischer Abstammung. In der Gunst der Wählerinnen und Wähler steht Harris dennoch bloß unwesentlich besser da. Deutlich höhere Siegchancen als Biden kann sie auch nicht vorweisen. Es bleibt also mit Harris alles beim Alten.

Mehr Unsicherheit an den Märkten, mehr aber auch nicht

An den Finanzmärkten erhöht der Rückzug von Biden weniger als vier Monate vor der Wahl die Unsicherheit unter Investoren. Denn unsicher bleibt, wer überhaupt Anfang November als Kandidat oder Kandidatin der Demokraten gegen Donald Trump antreten wird und wie sich die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl auf die Kongresswahlen auswirken wird. Eine klare Stoßrichtung für die Kurse an den Aktien- und Anleihemärkten ergibt sich aus den personellen Veränderungen bei den Demokraten erstmal nicht.

Weil sich die (impliziten) Wahrscheinlichkeiten für die Ausgänge der Präsidentschafts- und Kongresswahlen nach Bidens Rückzug nicht entscheidend verschoben haben, gibt es auch keinen Grund für nennenswerte Kursbewegungen als Reaktion auf die Kapriolen in Washington. Die in den letzten Wochen zu beobachtenden „Trump-Trades“, also solche Positionierungen, die von einem Trump-Sieg profitieren sollten, haben in der Vermögensverwaltung bereits positive Wirkung entfaltet. Deshalb ergeben sich für uns aktuell auch keine unmittelbaren Handlungsbedarfe in der Vermögensverwaltung. Unsere taktische Asset Allokation für Juli hat weiterhin Bestand.

(Quelle: apoBank Finanzmarktkommentar)



























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