08.08.2024 Wir bauen noch zu viel – Ein Blick auf den Bestand lohnt sich
»Wenn wir von Immobilien und Nachhaltigkeit reden, sollten wir unseren Blick weg von Neubauten und mehr auf die Entwicklung von Bestandsimmobilien richten«, findet Frank M. Huber, Chief Executive Officer bei Verifort Capital. In diesem Kommentar erklärt er, warum die Sanierung und Modernisierung von Bestandsimmobilien aus ökonomischen und ökologischen Aspekten oft sinnvoller ist und worauf es zu achten gilt, damit solche Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden können.
Der Neubau bei Büro- und Handelsgebäuden geht zurück: Laut aktueller Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Frühjahr 2024 lag die Zahl der neu gebauten Büroimmobilien im Jahr 2022 so niedrig wie seit 2010 nicht mehr, die Zahl der Fertigstellungen von Handelsimmobilien war 2022 um fast 26 Prozent niedriger als in der Vor-Corona-Zeit. »Und doch bin ich der Meinung: Wir bauen immer noch zu viel neu«, so Huber.
Der Neubau von Immobilien klingt attraktiv: Die jeweiligen Gebäude können ganz nach den eigenen Vorstellungen geplant und errichtet werden, moderne Materialien und Haustechniken versprechen Energieeffizienz und niedrige Nebenkosten.
Neubauprojekte werden gerne mit Begriffen wie »Energiesparend«, »Klimaneutral« oder »Nachhaltig« beworben – dies mag mit Blick auf den laufenden Betrieb der Immobilien zutreffen. »Aber wenn wir den gesamten Lebenszyklus der Objekte betrachten, verschlechtert sich durch den kompletten Bauprozess die Nachhaltigkeitsbilanz der Immobilie doch wieder erheblich«, sagt Huber. Umso mehr, wenn an dem Bauplatz zunächst sogar noch ein Altbau abgerissen werden musste. Neubauprojekte »auf der grünen Wiese« wiederum tragen gezwungenermaßen zur weiteren Flächenversieglung bei: Allein in Deutschland fällt Tag für Tag eine Fläche von fast 78 Fußballfeldern dem Gebäude- und Straßenbau zum Opfer.
Der Blick auf den Bestand lohnt sich
»Ich bin überzeugt: Wenn wir in der Immobilienbranche das Thema Nachhaltigkeit wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir unseren Fokus viel stärker vom Neubau hin zur energetischen Sanierung und Modernisierung von Bestandsimmobilien richten. Natürlich werden auch für die Bestandsentwicklung Roh- und Baustoffe verbraucht, je nach Umfang kommen mehr oder weniger schwere Baumaschinen zum Einsatz – doch die Gebäude selbst sind ja schon da und müssen nicht erst aufwendig errichtet werden«, erklärt Huber. Ausgestattet mit neuen Heiz- und Klimasystemen, moderner Gebäudedämmung und Haustechnik können Bestandsimmobilien heute energiesparend betrieben werden – und kommen ohne den Aufwand aus, der bei der Errichtung eines Neubaus anfallen würde.
Neben den ökologischen Aspekten hat die Entwicklung von Bestandsimmobilien auch handfeste ökonomische Vorteile. Kosten für die Grundstückserschließung oder den Abriss der Altimmobilie fallen weg und ein solches Projekt wird auch für Investoren besser planbar. »In den vergangenen Monaten mussten wir Insolvenzen von Projektentwicklern und Bauträgern beobachten, wodurch es zu zahlreichen Ausfällen von Neubauvorhaben kam. Das Ergebnis: Bauruinen mit ungewisser Zukunft in unseren Städten sowie Wohnungskäufer und Anleger, die möglicherweise vor einem Totalausfall ihrer Investitionen stehen«, sagt Benjamin Schreiber, Head of Transactions bei Verifort Capital. Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen bei Bestandsimmobilien laufen in der Regel deutlich schneller ab als ein Neubau und verringern dementsprechend das Risiko für Investoren: Das jeweilige Objekt wird im Vorfeld im Detail geprüft, die nötigen Maßnahmen genau identifiziert, geplant und vorbereitet, um sie dann zügig umzusetzen. Je nach Umfang der notwendigen Maßnahmen ist dies sogar im laufenden Betrieb der Gebäude möglich, so dass weiterhin etwa Mieteinnahmen für den Cashflow generiert werden können.
Bestandsentwicklung erfordert sorgfältige Prüfung
Bei allen Vorteilen: Natürlich ist eine Bestandsentwicklung nicht in jedem Fall sinnvoll und umsetzbar. Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen in einem vertretbaren wirtschaftlichen Rahmen bleiben, damit das Projekt rentabel bleibt. So könnten beispielsweise schwerwiegende Schäden an der Bausubstanz oder eine stark veraltete Bautechnik dem Vorhaben genauso einen Strich durch die Rechnung machen wie regulatorische oder rechtliche Einschränkungen – der Denkmalschutz lässt grüßen.
Ob sich eine Sanierung und Modernisierung im Einzelfall lohnt, muss entsprechend jeweils individuell geprüft und kalkuliert werden. In welchem konkreten Zustand sind etwa die technischen Gebäudeausstattungen, die Heizungs- und Sanitäranlagen, muss das Dach nachisoliert werden? Welches konkrete Steigerungspotenzial gibt es bei der Energieeffizienz? Und welche Maßnahmen dürfen aus bau- und gegebenenfalls denkmalschutzrechtlichen Aspekten überhaupt umgesetzt werden?
Dennoch: In vielen Fällen sind Sanierungen an Bestandsimmobilien wirtschaftlich umsetzbar und sowohl aus ökonomischen und ökologischen Aspekten sinnvoll – wie auch aus gesellschaftlicher Sicht. »Denn wir können uns nicht fortlaufend über aussterbende Innenstädte beschweren und gleichzeitig reihenweise neue Einkaufscenter am Stadtrand bauen. Stattdessen sollten wir das Potenzial des Immobilienbestands in unseren Städten nutzen, um dort, wo die Menschen sind, moderne und attraktive Orte zum Arbeiten, Einkaufen und Leben zu gestalten«, fordert Schreiber.
Staatliche Unterstützung kann eine wichtige Hilfe sein
»Sowohl für die Attraktivität unserer Innenstädte als auch für das Klima können wir mit energetischen Sanierungen und im Vergleich zu Neubauten ressourcensparenden Modernisierungen von Bestandsimmobilien in der Tat sehr viel erreichen – immerhin trägt die Immobilienbranche hierzulande allein zu rund 15 Prozent der CO2-Emissionen bei. Doch hierbei bedarf es Unterstützung von staatlicher Seite«, so CEO Frank M. Huber. Denn auch wenn der Wille bei Investoren und Eigentümern da ist, in der Praxis stellen hohe Kosten und teure Finanzierungen oft ein Hindernis dar, das vor Sanierungsmaßnahmen zurückschrecken lässt. Staatliche Förderungen, beispielsweise in Form von finanziellen Zuschüssen oder Steuererleichterungen, können deshalb einen wichtigen Teil dazu beitragen, energetische Sanierungen zu erleichtern und so einen großen Schritt Richtung Erreichung der Klimaziele im Immobiliensektor zu machen.
Der Neubau bei Büro- und Handelsgebäuden geht zurück: Laut aktueller Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Frühjahr 2024 lag die Zahl der neu gebauten Büroimmobilien im Jahr 2022 so niedrig wie seit 2010 nicht mehr, die Zahl der Fertigstellungen von Handelsimmobilien war 2022 um fast 26 Prozent niedriger als in der Vor-Corona-Zeit. »Und doch bin ich der Meinung: Wir bauen immer noch zu viel neu«, so Huber.
Der Neubau von Immobilien klingt attraktiv: Die jeweiligen Gebäude können ganz nach den eigenen Vorstellungen geplant und errichtet werden, moderne Materialien und Haustechniken versprechen Energieeffizienz und niedrige Nebenkosten.
Neubauprojekte werden gerne mit Begriffen wie »Energiesparend«, »Klimaneutral« oder »Nachhaltig« beworben – dies mag mit Blick auf den laufenden Betrieb der Immobilien zutreffen. »Aber wenn wir den gesamten Lebenszyklus der Objekte betrachten, verschlechtert sich durch den kompletten Bauprozess die Nachhaltigkeitsbilanz der Immobilie doch wieder erheblich«, sagt Huber. Umso mehr, wenn an dem Bauplatz zunächst sogar noch ein Altbau abgerissen werden musste. Neubauprojekte »auf der grünen Wiese« wiederum tragen gezwungenermaßen zur weiteren Flächenversieglung bei: Allein in Deutschland fällt Tag für Tag eine Fläche von fast 78 Fußballfeldern dem Gebäude- und Straßenbau zum Opfer.
Der Blick auf den Bestand lohnt sich
»Ich bin überzeugt: Wenn wir in der Immobilienbranche das Thema Nachhaltigkeit wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir unseren Fokus viel stärker vom Neubau hin zur energetischen Sanierung und Modernisierung von Bestandsimmobilien richten. Natürlich werden auch für die Bestandsentwicklung Roh- und Baustoffe verbraucht, je nach Umfang kommen mehr oder weniger schwere Baumaschinen zum Einsatz – doch die Gebäude selbst sind ja schon da und müssen nicht erst aufwendig errichtet werden«, erklärt Huber. Ausgestattet mit neuen Heiz- und Klimasystemen, moderner Gebäudedämmung und Haustechnik können Bestandsimmobilien heute energiesparend betrieben werden – und kommen ohne den Aufwand aus, der bei der Errichtung eines Neubaus anfallen würde.
Neben den ökologischen Aspekten hat die Entwicklung von Bestandsimmobilien auch handfeste ökonomische Vorteile. Kosten für die Grundstückserschließung oder den Abriss der Altimmobilie fallen weg und ein solches Projekt wird auch für Investoren besser planbar. »In den vergangenen Monaten mussten wir Insolvenzen von Projektentwicklern und Bauträgern beobachten, wodurch es zu zahlreichen Ausfällen von Neubauvorhaben kam. Das Ergebnis: Bauruinen mit ungewisser Zukunft in unseren Städten sowie Wohnungskäufer und Anleger, die möglicherweise vor einem Totalausfall ihrer Investitionen stehen«, sagt Benjamin Schreiber, Head of Transactions bei Verifort Capital. Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen bei Bestandsimmobilien laufen in der Regel deutlich schneller ab als ein Neubau und verringern dementsprechend das Risiko für Investoren: Das jeweilige Objekt wird im Vorfeld im Detail geprüft, die nötigen Maßnahmen genau identifiziert, geplant und vorbereitet, um sie dann zügig umzusetzen. Je nach Umfang der notwendigen Maßnahmen ist dies sogar im laufenden Betrieb der Gebäude möglich, so dass weiterhin etwa Mieteinnahmen für den Cashflow generiert werden können.
Bestandsentwicklung erfordert sorgfältige Prüfung
Bei allen Vorteilen: Natürlich ist eine Bestandsentwicklung nicht in jedem Fall sinnvoll und umsetzbar. Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen in einem vertretbaren wirtschaftlichen Rahmen bleiben, damit das Projekt rentabel bleibt. So könnten beispielsweise schwerwiegende Schäden an der Bausubstanz oder eine stark veraltete Bautechnik dem Vorhaben genauso einen Strich durch die Rechnung machen wie regulatorische oder rechtliche Einschränkungen – der Denkmalschutz lässt grüßen.
Ob sich eine Sanierung und Modernisierung im Einzelfall lohnt, muss entsprechend jeweils individuell geprüft und kalkuliert werden. In welchem konkreten Zustand sind etwa die technischen Gebäudeausstattungen, die Heizungs- und Sanitäranlagen, muss das Dach nachisoliert werden? Welches konkrete Steigerungspotenzial gibt es bei der Energieeffizienz? Und welche Maßnahmen dürfen aus bau- und gegebenenfalls denkmalschutzrechtlichen Aspekten überhaupt umgesetzt werden?
Dennoch: In vielen Fällen sind Sanierungen an Bestandsimmobilien wirtschaftlich umsetzbar und sowohl aus ökonomischen und ökologischen Aspekten sinnvoll – wie auch aus gesellschaftlicher Sicht. »Denn wir können uns nicht fortlaufend über aussterbende Innenstädte beschweren und gleichzeitig reihenweise neue Einkaufscenter am Stadtrand bauen. Stattdessen sollten wir das Potenzial des Immobilienbestands in unseren Städten nutzen, um dort, wo die Menschen sind, moderne und attraktive Orte zum Arbeiten, Einkaufen und Leben zu gestalten«, fordert Schreiber.
Staatliche Unterstützung kann eine wichtige Hilfe sein
»Sowohl für die Attraktivität unserer Innenstädte als auch für das Klima können wir mit energetischen Sanierungen und im Vergleich zu Neubauten ressourcensparenden Modernisierungen von Bestandsimmobilien in der Tat sehr viel erreichen – immerhin trägt die Immobilienbranche hierzulande allein zu rund 15 Prozent der CO2-Emissionen bei. Doch hierbei bedarf es Unterstützung von staatlicher Seite«, so CEO Frank M. Huber. Denn auch wenn der Wille bei Investoren und Eigentümern da ist, in der Praxis stellen hohe Kosten und teure Finanzierungen oft ein Hindernis dar, das vor Sanierungsmaßnahmen zurückschrecken lässt. Staatliche Förderungen, beispielsweise in Form von finanziellen Zuschüssen oder Steuererleichterungen, können deshalb einen wichtigen Teil dazu beitragen, energetische Sanierungen zu erleichtern und so einen großen Schritt Richtung Erreichung der Klimaziele im Immobiliensektor zu machen.