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30.10.2025 EZB dürfte stillhalten: Risiken für Wachstum und Inflation ausgewogen

„Wir erwarten, dass die EZB ihre Geldpolitik auf der kommenden Sitzung unverändert lässt. Ähnlich wie im September deuten die jüngsten Daten darauf hin, dass die Notenbanker derzeit ein gutes Gleichgewicht mit nur begrenzten Inflationsrisiken erreicht haben. Der EZB-Rat wird sich voraussichtlich wieder nicht auf einen künftigen Kurs festlegen und die Datenabhängigkeit betonen. Das deckt sich mit der aktuellen Markterwartung: Die Terminmärkte preisen eine unveränderte Zinspolitik auf absehbare Zeit ein. Der Swap-Satz für September 2026 liegt bei impliziten 1,8 % gegenüber 2,0 % heute, es ist also noch nicht einmal eine vollständige Zinssenkung eingepreist.

Innerhalb des EZB-Rats gibt es weiterhin zwei klar abgegrenzte Lager: Das eine sieht keinen Bedarf, die Geldpolitik bei moderaten Inflationsschwankungen feinzujustieren, während das andere eine proaktivere, konjunkturorientierte Reaktion befürwortet. Für den weiteren Ausblick ist das entscheidend: Wir gehen davon aus, dass die EZB kurzfristig stillhält, sehen aber ausgewogene Risiken sowohl für das Wachstum als auch für die Inflation.

Deutscher Aufschwung bleibt fragil

Der Optimismus in Bezug auf das deutsche Wachstum dürfte im Laufe des Quartals zunehmen, sobald politische Entscheidungsträger und Marktteilnehmer die Wirkung und das Timing der zu Jahresbeginn angekündigten umfangreichen Fiskalpakete neu bewerten. Nach unserer Einschätzung haben die Aktienmärkte bereits viel von diesem Szenario eingepreist, während die staatlichen Ausgaben vermutlich langsamer in der Realwirtschaft ankommen werden als derzeit erwartet. Das dürfte die Wachstumsaussichten für 2026 belasten. Wenn die Mittel jedoch tatsächlich fließen, könnte dies über die Nachfragekanäle leicht inflationär wirken – was die Einschätzung der weiteren Richtung erschwert.

Strukturelle Herausforderungen im Euroraum

Strukturell befindet sich die Eurozone in einer Zwickmühle: Sie steht vor einem weiteren disinflationären Impuls, sieht sich aber zugleich erheblichen Aufwärtsrisiken ausgesetzt – insbesondere im Energiebereich, da die Wintersaison bevorsteht. Die Wachstumsresilienz im Euroraum steht unter Druck. Während die Peripherieländer, vor allem Spanien und Italien, auf vielen Ebenen überdurchschnittlich abschneiden, reicht ihr Gewicht nicht aus, um das Gesamtergebnis auszugleichen, wenn Deutschland und Frankreich mit Wachstumsunsicherheiten kämpfen. Deutschland hat noch einen langen Weg vor sich, um sein angeschlagenes verarbeitendes Gewerbe zu stabilisieren oder neu aufzustellen. Solche strukturellen Probleme lassen sich nicht über Nacht lösen.

Marktausblick: Euro leicht überbewertet, Aktienpositionen reduziert

Frühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex (PMI) deuten auf leichte Wachstumsimpulse hin. Ähnlich wie in den USA erscheinen uns die Zinsniveaus in weiten Teilen des Euroraums angemessen. Wir bevorzugen weiterhin eine Annäherung der Renditen zwischen Peripherie und Kern (Italien/Spanien versus Deutschland), haben jedoch in den vergangenen Monaten unsere Präferenz für eine stärkere Versteilung der Zinsstruktur in Deutschland zurückgenommen.

Wir sehen derzeit mehr Abwärtsrisiken für den Euro, da die Kapitalzuflüsse, die ihm im ersten Quartal 2025 Auftrieb gaben, weitgehend versiegt sind. Der Euro wirkt etwas teurer, als unsere Modelle nahelegen. Entsprechend haben wir in den vergangenen zwei Quartalen unsere Übergewichtung in europäischen Aktienpositionen schrittweise reduziert.

(Matthias Scheiber, Head of Multi-Asset Solutions bei Allspring Global Investments, kommentiert die anstehende Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank)























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