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01.10.2014 Droht Schleswig-Holstein ein Unternehmens-Kollaps?

Kiel. Dem Gewerbeimmobilien-Markt Schleswig-Holstein bläst ein immer kälter werdender Wind ins Gesicht! Das Problem sind die durchschnittlich viel zu alten Geschäftsbetreiber und die fehlende Aussicht auf geeignete Nachfolger. Schon in zehn Jahren könnten rund 100 Millionen Quadratmeter Gewerbefläche zur Disposition stehen. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Kieler laren consulting real estate GmbH, die auf der aktuellen statistischen Erhebung des Bundes und der Länder basiert.

In Schleswig-Holstein gibt es aktuell 128.373 klein- und mittelständische Firmen, die beeindruckende 99,7 Prozent sämtlicher Unternehmen des Landes ausmachen. Von diesen Betrieben sind ca. 66.000 Geschäftsführer in der Altersgruppe 50 bis 75 Jahre. Allein der Anteil der 50-64-Jährigen beträgt mehr als 48.000 Personen und macht somit 37 Prozent aller Unternehmensleiter im Norden aus. (Quelle: Bürgel Wirtschaftsinformationen).

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer stellte dazu fest, dass 40 Prozent aller älteren Unternehmer (also fast 26.500 Unternehmen) keinen passenden Nachfolger finden und das Geschäft aufgegeben werden muss. Laren-Prokurist Tim Staub: „Die demografische Entwicklung und die Veränderung der Märkte werden einen bedeutenden Einfluss auf den landesweiten Gewerbeimmobilienmarkt haben. Nach den von uns analysierten Zahlen drohen dem Land immense Verluste, denn die betroffenen kleinen und mittelständischen Firmen bilden das Rückgrat der gesamten Wirtschaft und stellen die zentrale Quelle für Arbeitsplätze und Wohlstand her.“

Nach der Untersuchung von laren consulting wären die beiden am stärksten betroffenen Unternehmensarten die mit Grundstücksgrößen von durchschnittlich 2.500 qm (39,7 bis 46,3 Mio. wegbrechender qm) sowie mit zwischen 5000 und10.000 Quadratmetern (33-39,7 Mio. qm). Der theoretische Wert der wegzubrechen drohenden Gewerbeflächen läge unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Gewerbeimmobilienwerts bei rund 15 Milliarden Euro. Allein die Grundstückskaufpreisforderungen dürften bei einem durchschnittlichen Preis von 40 Euro je Quadratmeter immer noch rund vier Milliarden Euro betragen.

Was aber kann man tun, damit dieses Horrorszenario nicht Wirklichkeit wird? Tim Staub: „Eine neue Dimension der Standortentwicklung ist zwingend notwendig. Eigentümer, Politiker und Bürger müssen einen offenen, konstruktiven und zukunftsorientierten Dialog führen, um Milliardenwert als auch Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in der Region zu halten. Es muss ein Umdenken her. Dies gilt besonders für die Baurechtschaffung, für Öffnungszeiten, Sortimentsbeschränkungen und Nutzungsänderungen, aber es bedarf ebenso einer überregionalen Vermarktung und eine rechtzeitige Entwicklung von Marketingstrategien und Nachnutzungskonzepten.“

Welche übergeordnete Aussagekraft ist in dieser Prognose enthalten?

Prof. Dr. Tobias Just, Geschäftsführer und Wissenschaftlicher Leiter der IREBS Immobilienakademie an der Uni Regensburg: „Der demografische Wandel wird alle Berufsgruppen und Hierarchien erfassen. Es wird zu Firmenübernahmen kommen und dadurch werden insbesondere Verwaltungsflächen konsolidiert. Flächeneinsparungen sind damit verknüpft. Solange es für das Kerngeschäft ausreichend Nachfrage und Arbeitskräfte gibt, werden auch die Unternehmen und folglich deren Flächen fortgeführt. Sollte allerdings der demografische Wandel eine Nachbesetzung der Fachkräfte gefährden, lässt sich dies durch Konsolidierung und Firmenübernahmen nicht auffangen; dann ist in der Tat mit Leerständen zu rechnen, und dies wird für Druck auf den Quadratmeterpreis für Gewerbeflächen sorgen. Solange wir durch Zuwanderung und Qualifizierungsmaßnahmen diese Nachfragelücke schließen können, ist dies jedoch darstellbar.“

Abschließend noch einmal Tim Staub von laren consulting: „Wir waren selber über diese theoretischen Zahlen sehr erschrocken und gehen davon aus, dass es in der Realität nicht ganz so drastisch wird. Aber selbst wenn nur zehn Prozent der Flächen auf den Markt kommen, sprechen wir zwar nur über rund 0,063 Prozent der Fläche Schleswig-Holsteins - was gut 925 Fußballfelder sind - das wäre aber immer noch eine gewaltige Menge an Gewerbeimmobilien. Ein solches Überangebot träfe wahrscheinlich auf eine deutlich schwächere Nachfrage. Damit gingen die Preise runter und Werte würden vernichtet.“


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