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17.11.2014 Konsolidierung im europ. Wealth Management setzt sich weiter fort

Die Branche der Privatbanken in Europa steht vor tiefgreifenden strukturellen Veränderungen: Über neunzig Prozent der leitenden Mitarbeiter europäischer Wealth Manager erwarten eine Konsolidierung – und dies in einer Phase, in der die Hälfte des gesamten Vermögens in Europa an die nächste Generation übergeben werden wird, so das Fazit einer gemeinsame Studie von J.P. Morgan Asset Management und Oliver Wyman mit dem Titel „The Future of European Wealth Management: Imperatives for Success“. Der Report zeigt die derzeit fundamentalen Veränderungen im europäischen Wealth Management auf und nennt wichtige strategische Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg im Private Banking entscheiden. Er basiert auf intensiven Einzelinterviews mit CEOs und leitenden Führungskräften von 23 Privatbanken sowie auf einer Online-Umfrage unter weiteren 136 hochkarätigen Marktteil-nehmern aus 13 europäischen Ländern.

Attraktive Branche im Umbruch

Der Markt der europäischen Privatbanken ist mit 18 Billionen US-Dollar verwaltetem Vermögen immer noch einer der aussichtsreichsten Märkte im Wealth Management. Das Wachstum fällt seit 2010 mit einer jährlichen Rate von 4,3 Prozent deutlich stärker aus als das nominale BIP-Wachstum in Europa und die Eigenkapitalrendite ist mit 13 bis 15 Prozent höher als in anderen Finanzdienstleistungssegmenten. Doch das Wealth Management ist mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, darunter ein sich verschärfender Wettbewerb und veränderte Ansprüche der Kunden. Gleichzeitig ist die Profitabilität im Vergleich zu der Zeit vor der Finanzkrise um rund 20 Prozent gesunken. Treiber dieser Entwicklung sind das veränderte Kapitalmarktumfeld mit historisch niedrigen Zinsen sowie unter anderem die Kosten aufgrund gestiegener Anforderungen durch die Regulierung.

In diesem Kontext identifiziert die Studie bedeutende Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen, für die Wealth Manager sich wappnen müssen, um auch zukünftig erfolgreich bestehen zu können:

- Konsolidierung: Mit 91 Prozent erwartet die große Mehrheit der Befragten strukturelle Veränderungen in der Branche. Rund 85 Prozent gehen davon aus, dass kleinere Anbieter von größeren übernommen werden, 73 Prozent erwarten, dass größere Anbieter sich stärker auf die Kernkompetenzen des Private Banking sowie die fokussierte Betreuung einzelner Kunden-segmente konzentrieren. Dies impliziert wiederum, dass man sich von Teilen des Geschäfts wie der Abwicklung oder auch von Asset Management-Aktivitäten trennt, und stattdessen verstärkt in das Kernsegment „Kundenberatung“ investiert.

- Veränderung der Kundenstruktur: Während durch innovative Industrien insbesondere aus der digitalen Welt ein neuer Typ von Vermögenden mit veränderter Investmentkultur und Betreuungsbedürfnissen sowie höherer Kostensensibilität erwächst, stehen zudem in den nächsten 20 bis 30 Jahren umfangreiche Vererbungen von Vermögen an die nächste Generation an. Diese jüngere Kundengeneration hat signifikant unterschiedlich veränderte Ansprüche an Beratung, wobei das verbindende Element die größere Offenheit für digitale Lösungen ist.

- Digitale (R)Evolution: Die digitalen Technologien vereinfachen den administrativen Kundenkontakt und ermöglichen durch eine Reallokation der Ressourcen eine bessere Kundenbetreuung und ein aktiveres Service-Niveau in der digitalen Welt sowie im persönlichen Austausch. Dabei werden innovative Anbieter, die häufig nicht aus der Finanzindustrie stammen, in der Lage sein, die Verhältnisse am Markt umzuwälzen, wie beispielsweise der inzwischen weltweit viertgrößte Geldmarktfonds der chinesischen Handelsplattform Alibaba eindrucksvoll belegt.

- Regulierung: Die Konzentration der Aufsichtsbehörden auf den Schutz der Kunden und die Stabilität des Finanzsystems schaffen zahlreiche neue und aufwändige Aufgabenbereiche für die Anbieter. Auch sie tragen zur sinkenden Rentabilität bei. Dies eröffnet jedoch auch neue Chancen zur Differenzierung.
„Die derzeit zu beobachtenden Veränderungen in der Branche stellen für die traditionellen Privatbanken eine große Herausforderung dar. Wer zukünftig Erfolg haben will, muss genau verstehen, welche Kräfte derzeit am Werk sind. Darüber hinaus ist eine gezielte Strategie erforderlich, die effektiv umgesetzt werden muss“, so Stefan Jaecklin, Partner und Leiter der Wealth and Asset Management-Practice von Oliver Wyman. Christoph Bergweiler, Deutschlandchef bei J.P. Morgan Asset Management ergänzt: „Eine besondere Herausforderung ist und bleibt es, das in der Finanzkrise verspielte Vertrauen der Anleger wieder zurückzugewinnen. Noch werden 80 Prozent der Investmentprodukte in Kontinentaleuropa von Banken eingesetzt. Zunehmend vertrauen vermögende Kunden jedoch auf unabhängige Anbieter ohne Bezug zu einem Finanzinstitut wie Multi Family Offices, unabhängige Vermögensverwalter oder neu entstehende Anbieter außerhalb der traditionellen Finanzindustrie.“

Strategien für den zukünftigen Erfolg

Für die Privatbanken, die in diesem Spannungsfeld auch zukünftig erfolgreich sein wollen, haben J.P. Morgan Asset Management und Oliver Wyman vier wesentliche strategische Eckpfeiler identifiziert: So gilt es für die traditionellen Anbieter, sich den technologischen Neuerungen nicht zu verschließen. Insbesondere die schnellere Verfügbarkeit von Informationen und die größere Transparenz verbunden mit den Möglichkeiten der Automatisierung spielen ansonsten neuen Wettbewerbern in die Hände. „Erfolg werden am Ende diejenigen haben, denen es gelingt, den digitalen Fortschritt erfolgreich mit den Attributen des traditionellen Private Banking zu verbinden: Stabilität, ein breites Angebot und – an erster Stelle – eine fundierte persönliche Beratung“, so Bergweiler.

Darüber hinaus ist es erforderlich, sowohl die Produktivität der Kundenberater einerseits als auch die operative Effizienz der Administration andererseits zu erhöhen, um dem branchenweiten Trend sinkender Margen entgegenzuwirken. In diesem Kontext haben sich die Privatbanken stolze Wachstumsziele von 9 Prozent für das verwaltete Vermögen und 7 Prozent für die Erlöse auf die Fahnen geschrieben. „Ziel fast aller Befragten ist, weitere Relationship Manager einzustellen, wohingegen die Prozesse im Middle- und Back-Office gestrafft werden sollen. Dies bedeutet auch, operative Aufgaben und Kosten mit Hilfe technischer Lösungen und verstärkter Automatisierung zu reduzieren“, so Jaecklin.

Wealth Manager sollten nicht zuletzt den Fokus auf ihre Beratungsfähigkeiten und den ergebnisorientierten Portfolioaufbau für ihre Kunden – also ihre ureigenste Kernkompetenz – legen. Dabei bietet eine engere Beziehung zwischen den Privatbanken und Asset Managern viel Kooperationspotenzial von der Bereitstellung maßgeschneiderter Investmentlösungen für spezielle Kundenanforderungen bis hin zu strukturellen Innovationen, die Veränderungen in den Branchengepflogenheiten abbilden. „Basierend auf den Studienergebnissen erwarten wir, dass Wealth Manager weniger, aber dafür tiefere Partnerschaften mit Asset Managern eingehen werden. Einige Anbieter arbeiten beispielsweise mit den Anlageverwaltern schon über die Produktebene hinaus zusammen, unter anderem in den Bereichen Kapitalmarktexpertise, Produktkompetenz und gemeinsame Produktentwicklung“, erklärt Bergweiler.


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