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10.11.2015 Wohnen der Zukunft: Eigentum statt Miete, Tradition statt Trends

Die Wohnwünsche junger Menschen sind erstaunlich konservativ: Die sogenannten digitalen Einwohner, die angeblich - anders als ihre Eltern - nicht auf Geld und Status setzen, sondern auf Sinnhaftigkeit und Glück, sind mit Blick auf ihre Wohnträume dann doch wieder fast wie ihre Eltern. Das ergab eine Studie von EY (Ernst & Young) Real Estate. Rund 1.650 Studenten und Berufstätige - im Durchschnitt 27 Jahre alt - gaben Auskunft darüber, wie sie in Zukunft wohnen möchten. Demnach ist Eigentum zur Selbstnutzung besonders gefragt: 90 Prozent der Teilnehmer favorisieren die eigenen vier Wände, ob als Eigentumswohnung oder Einfamilienhaus. Auch Eigentum als Kapitalanlage, in der Regel also die fremdvermiete Eigentumswohnung, spielt eine wichtige Rolle: Rund 70 Prozent sehen hier einen Beitrag zu ihrer Altersvorsorge.

Eigentum und Flexibilität in jungen Jahren - ein Widerspruch?

"Jungen Menschen wird oft zugeschrieben, dass sie sich alle Optionen offenhalten, dass sie sich nur schwerlich festlegen möchten. Der Eigentumsgedanke ist hier auf den ersten Blick ein Widerspruch", sagt Christian Schulz-Wulkow. Er ist Partner bei EY Real Estate in Berlin und hat die Studie verantwortet. Auf den zweiten Blick aber werde klar: Die sogenannte Generation Y ist mit globalen Bedrohungen wie Terrorismus, Finanz- und Staatsschuldenkrisen aufgewachsen. "Die jungen Menschen sind in einer Welt groß geworden, die stark von Veränderung geprägt ist. Der Wunsch nach Sicherheit und Beständigkeit in Form der eigenen vier Wände ist dann doch wieder nachvollziehbar." Oft sei gar von einem Neo-Biedermeier die Rede: dem nostalgischen Rückzug ins eigene Heim.

Traditionelle Werte - ruhig und privat

Dort möchte man am liebsten traditionell mit seinem Partner leben - die Ehe oder die eheähnliche Gemeinschaft sind für insgesamt 90 Prozent der Befragten das bevorzugte Lebensmodell (76 Prozent mit Kindern, 13 Prozent ohne). Das sogenannte Mehrgenerationenwohnen hingegen ist derzeit kein Thema: Nur vier Prozent sehen dies als Option für die Zukunft. "Wie ein roter Faden ziehen sich vermeintlich alte Werte durch die Umfrage", so Schulz-Wulkow. Man wolle eher das Einfamilienhaus und nicht den Wohnturm. Am liebsten möchte man in den Groß- und Mittelstädten leben (49 Prozent). Überschaubarkeit scheint in der globalisierten Welt ein wichtiger Gegenpol zu sein: Idylle in Form von Kleinstädten oder gar ländlichen Regionen ist stärker gefragt (29 Prozent) als der Puls, den die Millionenmetropolen wie Berlin, Hamburg oder München vorgeben - dorthin zieht es nur 22 Prozent. Eine ruhige, private Lage ist eher gewollt als Nähe zum Nachtleben. Bei der Wohnung selbst sind klassische Merkmale wie Balkon und Parkplatz wichtig, ausgefallene Services wie einen Concierge wollen die Befragten hingegen eher nicht.

Smart Home - wenig gefragt
"Auffällig ist, dass auch technische Neuerungen nicht sonderlich im Fokus stehen", so Schulz-Wulkow. Smart Home mit intelligentem Kühlschrank, Haushaltsroboter, Räume für 3-D-Druck oder Wände mit projizierten Oberflächen - all diese Themen seien bereits real oder würden es sehr bald, und all diese Themen seien der Umfrage zufolge nicht sonderlich wichtig. Stattdessen wünschen sich sechs von zehn Befragten eine Diebstahlsicherung.

Realistische Wünsche - aber wie lange noch?

Die Befragten bevorzugen mindestens die gleiche Wohnungsgröße wie die, die sie aus ihrer Kindheit kennen. Verkleinern möchten sich nur sieben Prozent. Neue Wohnungen würden heute größer konzipiert als früher, sodass Angebot und Nachfrage aktuell noch übereinstimmten. Aber: "Flächen, vor allem in den attraktiven Städten, sind knapp, und kleinere, effiziente Grundrisse könnten bald die Norm werden, wenn im größeren Stil noch dringend benötigte Wohnungen geschaffen werden sollen", so Schulz-Wulkow. Die Verdichtung in den Städten werde zunehmen. "Für Einfamilienhäuser wird es in dicht besiedelten Märkten, die unter Druck stehen, kaum noch neue Flächen geben." Der Wohnturm, so schlecht er in der Umfrage abgeschnitten habe, werde dagegen eine Zukunft haben. "Der Wohnturm von heute orientiert sich an internationalen Vorbildern. Er ist luxuriöser und aufwendiger gestaltet als sein Pendant von früher", sagt Schulz-Wulkow.

Nachhaltigkeit boomt

So wenig aktuelle Trends auf Gegenliebe stoßen - ein Trend zumindest scheint Zukunft zu haben: das zunehmende Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Ökologie. Ob eigene Stromerzeugung, beispielsweise über Solarzellen auf dem Dach (83 Prozent), eine hohe Energieeffizienz (88 Prozent) oder Green-Building-Zertifikat (71 Prozent) - junge Menschen wollen umweltbewusst wohnen. Die entsprechenden Angebote sollten hier vorhanden sein. "Die Immobilienwirtschaft legt schon seit Jahren großen Wert auf nachhaltige Gebäude", so Schulz-Wulkow.

Über die Studie

Teilgenommen haben rund 1.650 Studenten und Berufstätige in einem Durchschnittsalter von 27 Jahren. Sie leben gegenwärtig auf 85 Quadratmetern Fläche in einem durchschnittlichen 2,3-Personen-Haushalt. Die Umfrage wurde online im Zeitraum August bis Oktober 2015 durchgeführt. Die Teilnahme war mit einer kleinen Spende von EY Real Estate an die Stiftung Lesen verknüpft.




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