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04.07.2016 Ungebremste Nachfrage am deutschen Investmentmarkt

Nach Angaben von Colliers International wechselten in den ersten sechs Monaten 2016 in Deutschland gelegene Gewerbeimmobilien für 17,8 Milliarden Euro den Besitzer. Damit lag das Transaktionsvolumen zwar 26 Prozent unter dem Ausnahmeergebnis der vergleichbaren Vorjahresperiode, ist aber das zweitstärkste erste Halbjahr seit Beginn der Finanzkrise.

Ignaz Trombello MRICS, Head of Investment bei Colliers International Deutschland: „Insgesamt stellen wir eine Fortsetzung des in den ersten drei Monaten dieses Jahres beobachteten Trends fest: das Ausbleiben von marktbeherrschenden Transaktionen durch ausländische Investoren. Ein solcher Megadeal hat im zweiten Quartal 2015 mit der Übernahme von mehr als 40 Kaufhof-Filialen durch die kanadische Hudson Bay Company für 2,4 Milliarden Euro stattgefunden.“ Auf immerhin rund 680 Millionen Euro belief sich der größte Abschluss im gerade vollendeten Quartal. Der Paketkauf von neun hochpreisigen Hotels besteht zu großen Teilen aus dem erst 2015 von Starwood Capital und Brookfield Properties erworbenen InterHotel-Portfolio und wurde nun an den französischen Investor Foncière des Regions weiterveräußert.

Auch wenn im letzten Quartal weitere Portfoliokäufe im dreistelligen Millionenbereich stattfanden – wie z.B. eines Fachmarktportfolios durch Patrizia im Auftrag deutscher Versicherungen und Pensionskassen für etwa 320 Millionen Euro -, lag der Anteil von Paketverkäufen an den Gesamtinvestments von 29 Prozent deutlich unter dem in 2015 erzielten Niveau von 38 Prozent.

Hinter dem zweitgrößten Deal des Halbjahres, dem zugleich größten Einzelverkauf, stand ebenfalls ein deutscher Investor: Der Frankfurter Bürokomplex IBC ging von der US-amerikanischen RFR Holding an den deutschen Asset- und Fondsmanager GEG German Estate Group zu einem Kaufpreis von rund 400 Millionen Euro über.

Zwei Drittel bzw. 11,2 Milliarden Euro des seit Jahresbeginn registrierten Transaktionsvolumens stammten aus heimischen Kapitalquellen. Susanne Kiese, Head of Research bei Colliers International Deutschland: „Hierzulande hat sich der akute Anlagedruck institutioneller Kapitalsammelstellen wie Versicherungen, Pensionskassen und Offenen Immobilienfonds zur Jahresmitte nochmals erhöht.“ Das anhaltende Niedrigzinsniveau, zusätzlich befeuert durch weitere expansive geldpolitische Maßnahmen der EZB (Kauf von Unternehmensanleihen), hat im Juni erstmals die 10-jährige Bundesanleihe in den negativen Bereich rutschen lassen. Damit bleibt die Immobilie im Vergleich zu anderen risikolosen Anlageformen für konservative Anleger auf der Suche nach einer auskömmlichen Rendite einmal mehr alternativlos. Infolge dessen ist bei Versicherern, die trotz gesenkter Garantieverzinsung bei Neuverträgen von Lebensversicherungen ab 2017 immer noch die Zinsversprechungen aus Altverträgen erwirtschaften müssen, die Immobilienquote auf einen fast zweistelligen Prozentsatz gewachsen – Tendenz steigend. Als limitierender Faktor kristallisiert sich hierbei zunehmend das fehlende Angebot im Core bzw. Core-Plus Segment heraus. Ein „Anlagenotstand“ zeigt sich bei den Anbietern Offener Immobilienfonds, von denen Union Investment und die Deutsche Bank bereits mit einem Annahmestopp von Anlagegeldern reagiert haben.

Insgesamt traten als mit Abstand stärkste Käufergruppen im ersten Halbjahr im Auftrag Dritter tätige Vermögensverwalter (4,3 Milliarden Euro, 24% Prozent) sowie in- und ausländische Offene Immobilien- und Spezialfonds (3,5 Milliarden Euro bzw. 19 Prozent Marktanteil) auf. Auf der Verkäuferseite dominierten erneut Projektentwickler mit einem Marktanteil von 22 Prozent (3,9 Milliarden Euro Transaktionsvolumen). Auch diese Entwicklung ist ein weiteres Indiz für die fortschreitende Angebotsknappheit.

Anlagedruck institutioneller Anleger nimmt an Intensität weiter zu

Diese Gesamtsituation wird sich durch den Brexit sogar noch verstärken. „Nachdem der von vielen Investoren nicht erwartete Austritt der Briten aus der EU nun Gewißheit ist, werden bereits zeitnah die schon in London geplanten Platzierungen von Langfristinvestments zum größten Teil umgeleitet werden. Europas führende Investmentmetropole wird von risiko-aversen Investoren hinsichtlich ihrer politischen und wirtschaftlichen Stabilität erst einmal in Frage gestellt. Deutschland hingegen bleibt angesichts seiner mehrfach erwiesenen Krisenfestigkeit mehr denn je im Fokus. Kurzfristige Verlockungen wie die Mitnahme aktueller Pfundschwäche werden allenfalls einige opportunistische Anleger reizen“, gibt sich Trombello nach jüngsten Sondierungsgesprächen überzeugt. Nicht nur wegen dieses Sondereinflusses ist für den Rest des Jahres auch ein ansteigender Kapitalzufluss aus dem Ausland zu erwarten, dessen Anteil in der ersten Jahreshälfte nur 5,9 Milliarden Euro, also rund ein Drittel des gesamten Transaktionsgeschehens ausmachte (2015: rund 50 Prozent).

Mit einem Abzug britischen Kapitals aus Deutschland, der mit 1,8 Milliarden Euro bzw. 31 Prozent aktuell aktivsten ausländischen Kapitalgebergruppe, ist vorerst nicht zu rechnen. Rund 58 Prozent der Gelder wurden durch Vermögensverwalter allokiert, häufig im Auftrag außereuropäischer Anleger. Diese werden auch weiterhin aufgrund der geringeren Sprachbarrieren und langfristig aufgebauter Geschäftskontakte bevorzugt den Weg über britische Kapitalsammelstellen nehmen.

Kontinuierliche Nachfrageverschiebung zugunsten von Hotel- und Logistikimmobilien

Gestärkt durch die positiven Signale vom Vermietungsmarkt, blieb der Status von Büroimmobilien als beliebtester Anlageklasse mit 7,7 Milliarden Euro Anlagesumme und einem Anteil von 43 Prozent am gesamten Transaktionsvolumen des ersten Halbjahres unangetastet. Kontinuierliche Strukturverschiebungen waren jedoch zwischen den übrigen Nutzungskategorien v.a. als Folge von Angebotsknappheit und erhöhter Risikoneigung festzustellen. Das Transaktionsgeschehen von Einzelhandelsimmobilien, die 18 Prozent des Anlagekapitals auf sich vereinten, wird derzeit von Paketverkäufen im Fachmarktbereich (Discounter, Super- und Baumärkte) statt von großvolumigen Formaten - insbesondere Shopping Centern - außerhalb der Investmentzentren getragen. Daraus sowie dem im vergangenen Jahr getätigten Kaufhof-Deal erklären sich auch der deutliche Marktanteilsrückgang von 20 Prozentpunkten gegenüber der Vergleichsperiode 2015.

Basierend auf dem Eigentümerwechsel des hochpreisigen InterHotel-Portfolios, aber auch den vielversprechenden Rahmenbedingungen des deutschen Tourismusmarktes ist der Anteil von Hotelimmobilien im Berichtszeitraum auf 12 Prozent angewachsen und liegt mit dem Vergleichswert von Logistikimmobilien aktuell gleichauf (beide mit je 2,1 Milliarden Transaktionsvolumen). Letztere sind aufgrund vergleichsweise attraktiver Spitzenrenditen und branchenspezifisch ebenfalls sehr günstiger Wachstumsbedingungen in der Gunst der Anleger weiter gestiegen.

Abnahme des Transaktionsvolumens in den TOP 7 knapp unter Bundestrend

Mit einem Minus von 25 Prozent fällt die Abnahme des Transaktionsvolumens in den TOP 7-Städten im Vorjahresvergleich nur leicht besser als am gesamtdeutschen Markt aus (-26 Prozent). Das liegt zum einen an dem bereits erwähnten Rückgang von Großtransaktionen mangels Angebot in den Investmentzentren. Besonders deutlich bekamen das die Städte Köln (-55 Prozent), Frankfurt (-38 Prozent) und München (-33 Prozent) zu spüren. Zum anderen resultiert daraus der erweiterte Suchradius vor allem heimischer Investoren. Diese diversifizieren ihr Anlageportfolio aufgrund guter Marktkenntnis und über Portfoliokäufe in den Segmenten Einzelhandel, Logistik und Gesundheitsimmobilien zunehmend auch in B- und C-Städte. Lediglich Stuttgart konnte als einziger TOP 7-Standort eine positive Entwicklung (+ 17 Prozent) verbuchen.

Insgesamt beträgt das Umsatzvolumen 9,2 Milliarden Euro über alle TOP-Märkte aufsummiert, das sind circa 52 Prozent des gesamtdeutschen Volumens. Berlin schafft als einziger Standort die 2-Milliarden-Grenze, knapp gefolgt von Hamburg (1,9 Milliarden Euro Anlagesumme) und München (1,8 Milliarden). Köln, das mit einem außergewöhnlich starken Vorjahresergebnis Stuttgart und Düsseldorf übertraf, liegt mit 0,4 Milliarden Umsatz aktuell an Position sieben.

Die Spitzenrenditen haben trotz des hohen Preisniveaus in zahlreichen Märkten nochmals nachgegeben. Mit dem sich fortsetzenden Aufschwung am Vermietungsmarkt und der herrschenden Angebotsknappheit im Premiumsegment ist das Abwärtspotenzial immer noch nicht ganz ausgeschöpft. Neben München, wo die Spitzenrendite bereits bei 3,5 Prozent angesiedelt ist, und Hamburg (3,7 Prozent) wurde im zweiten Quartal auch in Berlin die 4-Prozent-Marke in der Assetklasse Büro unterschritten. Köln markiert unter den Vergleichsstandorten das obere Ende der Renditeskala mit 5 Prozent.

Ausblick: Ungehobene Umsatzpotenziale abseits des Core-Segmentes

„Geht es nach dem von Colliers International Deutschland in aktuellen Verhandlungen identifiziertem Nachfragepotenzial und der am Markt vorhandenen Liquidität, steht dem deutschen Investmentmarkt zum Jahresende ein neuerlicher Transaktionsrekord bevor. Allerdings tritt die an ihre Grenze kommende Produktverfügbarkeit im Core und Core-Plus-Bereich immer deutlicher zutage. Dies erschwert vor allem ausländischen Investoren die Suche nach dem geeigneten Anlageobjekt“, resümiert Trombello. Brexit & Co. befeuern die Situation zusätzlich und treiben die Kaufpreise weiter in die Höhe. Gleichzeitig bietet Deutschland wie kein anderer Immobilienmarkt Europas auch außerhalb der TOP 7-Investmentzentren und der etablierten Assetklassen Büro und Einzelhandel attraktive Alternativen mit überschaubarem Risiko und gesichertem Ertragspotenzial. Gelingt es Verkäufern und Käufern abseits des Premiumsegmentes, sich in der Preisfindung noch mehr aufeinander zuzubewegen, schlummern hier noch weitestgehend ungehobene Umsatzpotenziale.





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