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10.10.2016 Produktmangel im Core-Bereich bremst Einzelhandelsinvestments

Nach Angaben von Colliers International betrug das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Einzelhandelsinvestmentmarkt innerhalb der ersten neun Monate dieses Jahres rund 6,3 Milliarden Euro. Der Anteil am Gesamtvolumen aller in diesem Zeitraum in Gewerbeimmobilien getätigten Investments beläuft sich auf 20 Prozent. Damit hat das Segment binnen eines Quartals zwar etwas an Boden gut gemacht – der Vergleichswert lag im Vorquartal noch bei 18 Prozent. Dennoch bleibt das Ergebnis weit hinter dem Wert des Vorjahres zurück, als das Transaktionsvolumen mit 13 Milliarden Euro gut doppelt so hoch ausfiel und der Marktanteil bei 34 Prozent über dem zehnjährigen Jahresdurchschnitt von 29 Prozent lag.

Getrieben von denselben Faktoren – nämlich steigendem Nachfragedruck bei zunehmender Produktknappheit – folgt die Assetklasse Einzelhandel dem Gesamttrend am deutschen Investmentmarkt, allerdings in sehr viel stärkerer Ausprägung. So lagen die Einbußen beim Transaktionsvolumen bei 49 Prozent statt wie am Gesamtmarkt bei 15 Prozent.

Paketverkäufe, die sich in den ersten drei Quartalen 2015 als Umsatztreiber hervortaten und rund zwei Drittel des Transaktionsvolumens auf sich vereinten, brachten es im laufenden Jahr bis Ende September mit 2,8 Milliarden Euro auf einen Marktanteil von 44 Prozent. Vor allem großvolumige Transfers im höheren dreistelligen Millionenbereich waren deutlich rarer. Thomas Dänzel, Head of Retail Investment bei Colliers International Deutschland: „Wurden im Vergleichszeitraum des Vorjahres sieben Portfolien mit einem jeweiligen Transaktionsvolumen von über 250 Millionen Euro gehandelt, waren es 2016 bislang nur zwei.“ Auch die Einzelvolumina weichen stark voneinander ab: 2015 waren die größten Immobilienpakete das 40 Kaufhof-Filialen umfassende Portfolio mit einem Kaufpreis von 2,4 Milliarden Euro sowie das Corio-Shopping-Center Portfolio mit rund einer Milliarde Euro. Solche außergewöhnlichen Megadeals sind auch deshalb nicht häufig wiederholbar, weil sie an Unternehmensübernahmen geknüpft und damit nicht nur als reiner Immobilienhandel motiviert waren. In den vergangenen neun Monaten war der größte Paketverkauf ein deutschlandweites Fachmarktportfolio, das Patrizia bereits im zweiten Quartal im Auftrag deutscher Sparkassen für 320 Millionen Euro erworben hatte.

In diesen Beispielen spiegelt sich zugleich auch die Verschiebung bei der Käuferklientel wider. Im Vorjahr wurden rund 60 Prozent aller Käufe mit ausländischem Kapital getätigt, aktuell dominieren deutsche Anleger das Investmentgeschehen. Deren Marktanteil liegt bei 72 Prozent bzw. 4,5 Milliarden Euro.

Ausländische Investoren weniger aktiv als im Vorjahr

Susanne Kiese, Head of Research bei Colliers International Deutschland: „In einer Marktsituation, die zunehmend vom Mangel großvolumiger Core- und Core-Plus Produkte in den TOP 7 Märkten geprägt ist, profitieren die heimischen Investoren von einem gewissen ´Heimvorteil´ und besserer Marktkenntnis.“ Sie können bei Kaufangeboten in weniger liquiden und daher auch weniger transparenten B- und C-Standorten schneller reagieren. Das gilt auch für kleinteilige Fach- und Supermarktportfolien, die einen höheren Prüfaufwand mit sich bringen. Angesichts der bereits deutlich gestiegenen Preise scheuen Ausländer erst recht den zunehmenden Sondierungsaufwand. Immer häufiger bekommen daher deutsche Investoren den Zuschlag.

Gerade die unter der Liquiditätsschwemme leidenden Offenen Immobilien- und Spezialfonds sowie Vermögensverwalter, die meist im Auftrag großer institutioneller Anleger auf der Suche nach auskömmlichen Renditen sind, stellen die größten Käufergruppen mit jeweils 1,7 Milliarden Euro Anlagesumme (27 Prozent Marktanteil) dar. Auf der Verkäuferseite stehen ebenfalls Asset- und Fondsmanager auf Platz 1 (1,5 Milliarden Euro bzw. 24 Prozent), gefolgt von Projektentwicklern (1,0 Milliarden Euro bzw. 16 Prozent), bei denen sich Investoren rechtzeitig den Zugriff auf rare Premiumprodukte sichern.

Kleinteilige Fachmarktportfolien dominieren Transaktionsgeschehen

Das Produktangebot determiniert maßgeblich die Verteilung der gehandelten Immobilientypen. Im Gegensatz zum Vorjahr, wo u.a. der marktprägende Corio-Deal den Anteil von Shopping Centern befeuerte, sind es in diesem Jahr vor allem Fachmärkte, ob einzeln oder als Fachmarktzentrum gehandelt, die ganz oben auf der Einkaufsliste der Investoren stehen: 42 Prozent bzw. 2,7 Milliarden Euro flossen in diese Kategorie, zu der v.a. Super- und Baumarkttransaktionen zählen. Auf Platz 2 folgen High-Street-Immobilien (34 Prozent bzw. 2,1 Milliarden Euro), gefolgt von Einkaufszentren (24 Prozent bzw. 1,5 Milliarden Euro).

Eng mit der Nachfragestruktur verknüpft ist auch die räumliche Verteilung der Kapitalströme. In die TOP 7 Märkte floss mit 1,5 Milliarden Euro weniger als ein Viertel aller Anlagegelder. Damit bleibt der Einzelhandel – neben dem Logistiksektor – die am stärksten dezentral gehandelte Assetklasse.

Spitzenrenditen für High-Street-Immobilien zum Teil deutlich unter 4 Prozent

Die Renditen verharren angesichts der starken Nachfrage auf dem niedrigen Niveau der vergangenen Monate. Für Geschäftshäuser in frequentierten 1A-Lagen der TOP 7 werden zumeist Spitzenrenditen von deutlich unter 4 Prozent aufgerufen. München steht mit 3,00 Prozent Bruttoanfangsrendite am unteren Ende der Skala, gefolgt von Frankfurt (3,50 Prozent) und Hamburg (3,60 Prozent). Über 4,00 Prozent bieten aktuell nur noch Düsseldorf (4,10 Prozent) und Köln (4,20 Prozent). Einkaufszentren in den sieben Investmentzentren werden mittlerweile überwiegend unter 5 Prozent gehandelt. Berlin ist mit 3,30 Prozent am teuersten, worin sich der besonders ausgeprägte Investmentboom der Hauptstadt widerspiegelt. Die Mehrzahl der A-Städte bewegt sich in einer Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Fachmärkte bzw. Fachmarktzentren werden zwischen 5,40 und 6,10 Prozent gehandelt.

Ausblick: Nachfragedruck unverändert hoch

Die ausgeprägt konsumentenfreundlichen Rahmenbedingungen im deutschen Einzelhandel – robuste Arbeitsmarktzahlen mit Beschäftigungs- und Lohnwachstum, geringe Sparanreize aufgrund des Niedrigzinsumfelds und niedrige Inflation – werden auch weiterhin den Vermietungsmarkt in diesem Segment beflügeln. Das stärkt das Anlegerinteresse an der Assetklasse zusätzlich „Schon jetzt ist zu beobachten, dass Einzelhandelsimmobilien außerhalb des Core-Segmentes, die an Standorten mit halbwegs guten Fundamentaldaten angeboten werden, in sehr kurzer Zeit veräußert werden. Ginge es rein nach der Nachfrage, wäre das Transaktionsvolumen deutlich steigerbar“, so Dänzel. Dennoch bleibt das Erreichen des Vorjahresniveaus von knapp 16 Milliarden Euro zum Jahresende unrealistisch – in erster Linie wegen der Produktknappheit. Schreibt sich der zwanzigprozentige Anteil am Gesamtinvestmentvolumen, das Ende Dezember auf 45 bis 50 Milliarden Euro geschätzt wird, bis zum Jahresende fort, sind zwischen 9 und 10 Milliarden Euro realistisch. Dieser Wert läge etwas über dem langjährigen Mittel.





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