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19.10.2016 Europäischer Büronutzermarkt bleibt auf Kurs

Die Auswirkungen der Brexit-Entscheidung Großbritanniens auf die kontinentaleuropäischen Vermietungsmärkte sind bislang moderat. Auch wenn in Märkten wie Frankfurt, Paris, Amsterdam und Dublin viel über eine mögliche Zuwanderung britischer Unternehmen geredet wird, ist die Anzahl neuer, aktiv verfolgter Mietanfragen infolge des britischen Votums derzeit begrenzt. In der Tat herrscht allgemein eher eine „Business as usual”-Stimmung, gestützt sicherlich durch das Beschäftigungswachstum und die relativ gute Stimmung, die den Umsatz positiv flankiert.

Trotz Rückgängen in London und Moskau moderater Quartalszuwachs im Mietpreisindex

Der europäische Büro-Mietpreisindex von JLL* hat auch im 3. Quartal noch einmal zugelegt, wenn auch mit einem Plus von 0,5 % deutlich moderater als in den Monaten April bis Ende Juli. Hinter diesem insgesamt eher bescheidenen Zuwachs verbirgt sich ein kräftigeres Wachstum in den meisten Märkten und ein starker Rückgang in London (-4,2 %) und Moskau (-6,3%). Die Entwicklungen in den wichtigen UK-Märkten und Moskau ausgenommen beläuft sich das europäische Mietpreiswachstum über das Quartal auf 1,8%, das höchste seit Mitte 2011. Im Jahresvergleich sind sogar 5,8% zu notieren und damit der stärkste Zuwachs seit 2008.

Während sich in der City von London die Spitzenmieten stabil hielten, mussten sie im Teilmarkt West End über das Quartal einen Rückgang um 4,2 % hinnehmen. Das West End bewegt sich damit zum ersten Mal seit Anfang 2009 im Quadranten „Beschleunigter Mietpreisrückgang”. Es ist davon auszugehen, dass die Effektivmieten in den beiden genannten Teilmärkten aufgrund schwächerer Vermietungsvolumina in den nächsten 18 Monaten unter Druck geraten werden. Leicht gemildert wird der Rückgang durch die niedrige Leerstandsquote.

Von den 24 Index-Städten zeigten neun im Vergleich zum vorangegangenen Quartal einen Mietpreisanstieg. 13 Märkte sind stabil geblieben, ein Rückgang ist allein in London und Moskau zu notieren. Stockholm verzeichnete den größten Zuwachs (6,9%), hier hatte ein Nachfrageschub den Markt für erstklassige Flächen leer gefegt. Paris notierte das fünfte Quartal in Folge ein Wachstum (3,4 % im Quartalsvergleich). Die Mieten im CBD dürften in der französischen Hauptstadt in den nächsten 12 Monaten wegen erwartet starker Vermietungstätigkeit weiter zulegen. Unter den deutschen Big 7 weist Berlin den beachtlichsten Mietpreisanstieg mit 3,9% gegenüber dem Vorquartal auf, wodurch das jährliche Wachstum mit 15,2% auf Rekordhöhe getrieben wurde. Im Jahresvergleich hat die Spitzenmiete in sechs der sieben Immobilienhochburgen zugelegt.

Ein Anhalten der starken Vermietungstätigkeit zusammen mit einem weiter zurückgehenden Angebot dürfte in vielen Märkten Europas für einen Anstieg der Mieten sorgen. 2016 könnte sich das Mietpreiswachstum europaweit durchschnittlich auf ca. 2,5% einpendeln, bevor es sich 2017 - in einigen Märkten moderat abgeschwächt - auf die 1,5 % zubewegt. Dieses Szenario birgt im Falle solide bleibender Nachfrage bei Angebotsmangel für einige Märke Potential weiter nach oben. Berlin und Stockholm etwa bewegten sich in jüngster Zeit entgegen dem Uhrzeigersinn: hohe Nachfragespitzen haben das Mietpreiswachstum innerhalb eines Jahres zweistellig anwachsen lassen, in der schwedischen Hauptstadt sogar um 29,2%.

Büroflächenumsatz schlägt sich wacker

Mit 2,86 m² bewegt sich der europäische Büroflächenumsatz im 3. Quartal 2016 zwischen dem Ergebnis in den ersten drei Monaten (2,7 Mio. m²) und dem Volumen im zweiten Quartal (3 Mio. m²). Damit sind Einbußen von 7 % gegenüber dem letztjährigen Vergleichszeitraum zu registrieren - geschuldet geringeren Aktivitäten in Großbritannien und Spanien. Für das gesamte Dreivierteljahr mit einem Umsatzvolumen von 8,6 Mio. m² bleibt es bei einem leichten Plus von 2% gegenüber dem Vorjahr. Auf den meisten kontinentaleuropäischen Märkten erweisen sich die Fundamentaldaten als relativ stark und größtenteils unverändert.
In Anbetracht außergewöhnlich starker Vergleichszahlen aus 2015 und einigem Gegenwind im ersten Halbjahr 2016 wurde eine schwächere Vermietungstätigkeit in Gesamteuropa während der Monate Juli bis Ende September erwartet. Überraschend gut fiel demgegenüber das Ergebnis aus. Aufgrund eines traditionell starken 4. Quartals könnte der europäische Büroflächenumsatz die 12-Mio.-m²-Marke und damit ein ähnliches Niveau wie 2015 erreichen.

Von den 24 Märkten konnten 11 im dritten Quartal auf Jahressicht zulegen, angeführt von den kleinen Märkten Utrecht (+148 %) und Den Haag (+95 %). Zu den Märkten mit einem deutlichen Plus gehören auch Hamburg (47 %), Mailand (+42%), Prag (+33%), Budapest (+31%) und Amsterdam (30%). Londons Büroflächenmarkt hat sich mit einem Umsatzvolumen von 218.000 m² im 3. Quartal von dem niedrigen Niveau des Vorquartals zwar leicht erholt, liegt aber immer noch unter seinem 10-Jahres-Durchschnitt (-3%). Die Nutzer haben eine abwartende Haltung eingenommen und vielfach ihren Bedarf bis zu klaren Vorgaben in Sachen Brexit erst einmal zurückgestellt. Im Dreivierteljahresvergleich liegt der Büroflächenumsatz um 28% unter dem des Vorjahres.

In Paris ist der Umsatz im 3. Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 5% gestiegen, gegenüber dem deutlich erholten Vorquartal in den Sommermonaten leicht rückläufig (-um 4 %). Nichtsdestotrotz zeigt sich der Büroflächenmarkt in der französischen Hauptstadt tendenziell auf dem Weg zu alter Stärke.
Das Umsatzvolumen der deutschen Big 7 konnte in den ersten drei Quartalen mit 2,86 Mio. m² den entsprechenden Vorjahreswert um 12,5 % übertreffen. Dabei wurde im dritten Quartal die 1-Mio.-m²-Marke getoppt, ein Fakt, der normalerweise dem letzten Quartal im Jahr vorbehalten ist (wie 2000, 2006, 2007 und 2015). Den größten Umsatzzuwachs (Q 1-Q 3) zeigten im Jahresvergleich Stuttgart (+36 %) und Köln (+33 %) – beide durch sehr große Abschlüsse befeuert. Berlin (+19 %) und Frankfurt (+17 %) liegen prozentual fast gleich auf, das Volumen in der Hauptstadt ist allerdings doppelt so hoch wie in der deutschen Bankenmetropole. Mit knapp 700.000 m² ist Berlin Number One unter den Big 7 und übertrifft seinen eigenen 5-Jahresschnitt um 60 %. Hamburgs Büromarkt legte um 14% zu. Einen Rückgang musste nur Düsseldorf (-23 %) hinnehmen.

In den meisten Märkten rückläufige Leerstandsquoten – In London liegt spekulative Projektentwicklungs-Pipeline über 10-Jahres-Durchschnitt

Trotz des Fertigstellungsvolumens von 1 Mio. m² Büroflächen im 3. Quartal – im Dreivierteljahr damit 2,95 Mio. m² - hat sich die aggregierte europäische Leerstandsquote dank überraschend starker Vermietungstätigkeit bei 8,5% eingependelt und liegt damit auf dem niedrigsten Stand seit 2009. Auch wenn im 4. Quartal noch einmal 1,7 Mio. m² fertig gestellte Flächen dazukommen, dürften die Engpässe in vielen Märkten nicht deutlich geringer werden.

Für fünfzehn der 24 Index-Städte konnten im 3. Quartal rückläufige Leerstandsquoten registriert werden. In Westeuropa hielten sich Anstiege in London (+50bp) und Dublin (+170bp) mit geringfügigen Rückgängen in fast allen anderen Städten in etwa die Waage. In Berlin (-50bp), Barcelona (-40bp) und Lyon (-30bp) haben starke Vermietungstätigkeiten die Leerstandsquoten nach unten gedrückt. In Mittel- und Osteuropa kam es in Warschau (-120bp), Prag (-30bp) und Budapest (-30bp) aufgrund starker Dynamik auf Nachfrageseite zu einem Rückgang, Moskau musste einen weiteren Anstieg um 80 Basispunkte auf 16,4% hinnehmen.
In den sieben deutschen Immobilienhochburgen hat sich auch im dritten Quartal das kurzfristig verfügbare Angebot verringert: Der aggregierte Leerstand notiert bei 5,33 Mio. m² und ist im Jahresvergleich um 800.000 m² gesunken. Zum letzten Mal war er Ende 2002 niedriger. Der größte Leerstandsrückgang ist im Jahresvergleich in München (- 306.000 m²) und Berlin (- 218.000 m²) zu beobachten. Zwei Märkte liegen mittlerweile unter 6 % (Berlin, Hamburg) drei weitere unter 5 % (Köln, München und Stuttgart). Bis zum Jahresende wird für die Big 7 ein weiterer leichter Rückgang um 50.000 m² und damit ein Durchsacken der Leerstandsquote unter 6 % erwartet.

Im Nachgang des EU-Referendums steht die Projektentwicklungs-Pipeline in London vor dem Hintergrund voraussichtlich geringerer Nachfrage im Fokus. Die spekulative Projektentwicklungs-Pipeline liegt über dem 10-Jahres-Durchschnitt, in Bezug auf das absolute Niveau ist sie im Vergleich zum zyklischen Höchststand von 2007 (913.000 m²) mit 807.000 m² aber deutlich rückläufig. Den Prognosen nach dürften die Leerstandsquoten 2017-2018 schrittweise zunehmen, aber weiterhin unter dem 10-Jahres-Schnitt (5,9%) bleiben.

Der deutsche Büroflächenmarkt folgt London in seinem Projektentwicklungs-Zyklus mit zunehmenden Fertigstellungen seit 2012. Die 1,22 Mio. m² an Büroflächen, die 2016 in den sieben deutschen Immobilienhochburgen voraussichtlich fertig gestellt werden, entsprechen einem Plus von 29% gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt. Da die meisten Flächen aber nicht-spekulative Vorhaben sind und in 2017 deutlich weniger, nämlich ca. 820.000 m² zur Verfügung gestellt werden, könnte es in vielen Teilmärkten bei einem Angebots-Engpass bleiben. In anderen westeuropäischen Märkten ist die Projektentwicklungstätigkeit weiterhin gering. Nicht zuletzt wegen begrenzter Finanzierung spekulativer Vorhaben (insbesondere in spätzyklischen Märkten) dürfte es dort kurzfristig zu keinem strukturellen Leerstandsanstieg kommen.

* Der Index umfasst die Städte Amsterdam, Barcelona, Berlin, Brüssel, Budapest, Den Haag, Dublin, Düsseldorf, Edinburgh, Frankfurt, Hamburg, London, Luxemburg, Lyon, Madrid, Mailand, Moskau, München, Paris, Prag, Rotterdam, Stockholm, Utrecht und Warschau.





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