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14.11.2016 Große Anzahl von Zielkonflikten in der deutschen Wohnungspolitik

„Die RICS Deutschland fordert beim Thema ´bezahlbares Bauen und Wohnen´ einen breiten öffentlichen Diskurs, da bezahlbarer Wohnungsbau im Konflikt mit anderen, meist durchaus begründeten, gesellschaftspolitischen Zielen steht“, führt Martin Eberhardt FRICS, Vorsitzender des Vorstands der RICS Deutschland aus. „Die bestehenden Hindernisse auf dem Weg zum ´Bezahlbaren Wohnen´ sollten zudem aus einer ganzheitlichen Sicht betrachtet werden, da es vielfache Wirkungszusammenhänge gibt.“

Weltweit wird über das Thema „Affordable Housing“ diskutiert, gestritten, philosophiert. Unter der Überschrift „UNHABITAT“ haben die Vereinten Nationen (UN) die Initiative „For a better urban future“ zusammengefasst und die Immobilienwirtschaft weltweit zur Diskussion und Mitwirkung an Konzepten eingeladen. Die RICS griff das Thema als „global Player“ auf. So entstand unter anderem der „Global Affordable Housing Report: BRICS Plus Mortar“, der von der RICS in Auftrag gegeben und von einem Team der University of St. Andrews, Schottland, erarbeitet wurde.

Über die letzten Jahre wurde „Affordable Housing“ auch in Deutschland von hoher Relevanz. Die ausreichende und kostengünstige Schaffung und Bereitstellung von Wohnraum unterliegt dabei häufig dem Wettstreit mit anderen politischen Zielen. Deshalb ist die Diskussion nicht nur von Fachpolitikern, Lobbyisten, eingesetzten Arbeitsgruppen und Bündnissen, sondern weit darüber hinaus zu führen.

Die RICS in Deutschland hat zahlreiche Zielkonflikte, die sich bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ergeben, untersucht. Die Vielzahl der betroffenen Partikularinteressen macht deutlich, dass eine gesamtgesellschaftliche Diskussion dringend notwendig ist, um die bestehenden Zielkonflikte transparent zu machen und sie in ihrer Tragweite zu verstehen.

Themen wie Bestandserhalt unter Mietpreisbremse, verschärfte Energieeinsparvorschriften, Nachverdichtung, Wohnimmobilienkreditrichtline oder steigende Grunderwerbssteuern können trotz positiver Effekte an anderer Stelle in diesem zentralen Bereich unserer Volkswirtschaft unerwünschte Nebenwirkungen zur Folge haben. Beispiele dafür sind weitere Baukostensteigerungen oder der Verfall von ländlichen Räumen. Daher ist es grundlegend für eine nachhaltige Lösung, die komplexen Zusammenhänge eines heterogenen Marktes zu berücksichtigen. Es bedarf einer ruhigen Hand sowie der Fähigkeit, über mehrere Legislaturperioden hinaus die Wirkung bereits ergriffener Maßnahmen abzuwarten. Für einen langsamen Markt wie die Immobilienwirtschaft, mit Planungszeiten von vielen Jahren, sind kurzfristige Änderungen und Nachjustierungen ein Risiko, da sie zu Unsicherheit und damit verminderter Investitionsbereitschaft führen.

Beispielhaft nennt Martin Eberhardt FRICS, folgende Zielkonflikte:


1. „Eine stärkere Bürgerbeteiligung liegt im öffentlichen Interesse. Sie ist ein hohes demokratisches Gut. International und in Deutschland ist aber zu beobachten, dass Neubaumaßnahmen, wie z.B. auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, nach dem Motto ´not in my backyard´, abgelehnt werden. Dies verhindert die Schaffung von Wohnraum und diskriminiert Wohnraumsuchende und vor allem Bürger, die neu in die Stadt ziehen wollen.“
2. „Ebenfalls im öffentlichen Interesse liegen bezahlbare Mieten. Die Kappung von Mieten fördert allerdings den Wohnungsneubau nicht, sondern dämpft ihn. Letztlich wirkt aber bei starker Nachfrage nur ein großes Angebot an neuem Wohnraum nachhaltig preisdämpfend.“

3. „Der Gesetzgeber hat, um eine hohe Bauqualität zu erreichen und um Verbraucherrechte zu stärken, eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen geschaffen. Dies verhindert auf der anderen Seite eine rasche Umsetzung von Wohnungsbaumaßnahmen und erhöht zudem die Baukosten beträchtlich. Wer, wie in den Niederlanden, die Regelungsdichte abbaut, profitiert von stark sinkenden Baukosten.“

4. „Sinkende Energieverbräuche von Immobilien spielen eine wesentliche Rolle zum Erreichen der CO2-Emissionsziele. Daher engagiert sich die RICS weltweit sehr stark für dieses Thema und fördert globale Standards. Jedoch sind die Energiesparstandards in Deutschland sehr, sehr hoch und belasten besonders das günstige Wohnsegment.“

„Derzeit sind die vielen Einflussfaktoren, die ein kostengünstiges Bauen und Wohnen verhindern, auf diverse Politikfelder, Ministerien, Bund, Länder und Kommunen verteilt, so dass die von uns geforderte gesamtheitliche Betrachtung der Zielkonflikte kaum möglich ist. Im Ergebnis kommt das bezahlbare Bauen und Wohnen in Deutschland nicht voran“, so Eberhardt abschließend. „Bürger, Medien und Politik sind aufgefordert, die im Konflikt stehenden Ziele zu erkennen und im öffentlichen Diskurs sorgsam gegeneinander abzuwägen.“






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