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01.12.2016 Umbau im Haus Europa: Brexit und der europäische Immobilienmarkt

Der Schock durch den Ausgang des Brexit-Referendums war groß. Das Pfund verlor gegenüber dem Euro, der britische Immobilienmarkt erlebte einen Abschwung. Viele Investoren sehen den kontinentaleuropäischen und speziell den deutschen Immobilienmarkt als Gewinner der britischen Entscheidung. Heute zeigen sich die Märkte beruhigt – aber noch ist der Brexit nicht vollzogen.

Es gibt zwei Arten von Immobilien-Investoren. Die einen sind langfristig orientiert und schätzen vorhersehbare Entwicklungen und stabile Renditen. Hierzu gehören institutionelle Investoren wie beispielsweise Versicherungen. Die anderen, darunter Private-Equity-Häuser, begrüßen Schwankungen, um aus diesen Gewinne zu erzielen. Der Brexit hat neue Unsicherheit für Immobilieninvestments in Großbritannien gebracht. Hierdurch wurden vor allem langfristige Investoren abgeschreckt. Für alle Anleger außerhalb Großbritanniens stieg aber auch das Wechselkursrisiko, was die negativen Auswirkungen auf den britischen Immobilienmarkt noch verstärkte. Die Immobilienmärkte in Kontinentaleuropa, und insbesondere in Deutschland als größte europäische Volkswirtschaft, profitieren hingegen. Die Nachfrage nach Immobilien und die Investitionen steigen spürbar.

Über Großbritannien kein Zugang mehr zur EU

US-amerikanische Investoren zeigten sich ebenfalls vom Brexit-Votum überrascht und legten kurz danach Immobilienprojekte und -investitionen auf Eis. Inzwischen wurden viele Projekte wieder aufgenommen. Die Unsicherheit ist zwar nicht verschwunden, aber Großbritannien wird auch außerhalb der EU ein wichtiger Markt bleiben. Für das längerfristige Interesse US-amerikanischer Investoren am britischen Immobilienmarkt bleibt jedoch der Makel, dass über das Vereinigte Königreich in Zukunft kein Zugang mehr zur EU besteht. Das Interesse an Immobilien auf der Insel wird daher voraussichtlich sinken. Sollte diese Zurückhaltung von Fundamentaldaten gestützt werden, die auf einen Wirtschaftsabschwung hindeuten, wird sich der Effekt verstärken und den britischen Immobilienmarkt zusätzlich belasten.

Brexit – Full-fat oder light?

Kommt es zu einem harten oder einem weichen Brexit? Das hängt davon ab, ob die EU Großbritannien weiterhin als privilegierten Handelspartner betrachtet oder als „Deserteur“, der die Union in schwierigen Zeiten verlassen will. Einiges spricht dafür, dass die EU kein Rosinenpicken erlauben und gegenüber dem Königreich wenig Zugeständnisse machen wird. Handelshemmnisse werden die Wirtschaft Großbritanniens belasten. Schlechte Fundamentaldaten werden dann den Negativtrend im Immobilienmarkt unterstützen. Langfristig kann eine kluge Politik Großbritanniens diesem Trend entgegenwirken. Kurz- und mittelfristig gibt es jedoch wenig Hoffnung, dass Großbritannien einen wirtschaftlichen Boom erlebt, in dessen Folge auch der Immobilienmarkt wachsen könnte. Derweil wären die Folgen eines harten Brexit für Kontinentaleuropa geringer. Darum wird die EU, verglichen mit UK, zumindest kurz- und mittelfristig als Gewinner aus dem Rennen gehen.

Keine zweite Subprime-Krise

Der Immobilienmarkt wird weltweit von niedrigen Zinsen beeinflusst. Die Brexit-Entscheidung hat auf die Zinsen unmittelbar keine Wirkung. Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA hingegen schon. Hier deutet die solide Wirtschaft auf einen baldigen Anstieg der Zinsen hin. Mit zeitlicher Verzögerung wird Europa bei den Zinsen nachziehen. Die Folge wäre eine Abschwächung des Immobilienmarkts bis hin zu fallenden Preisen. Nicht nur in Deutschland haben wir historisch hohe Preise, so dass einige Marktbeobachter schon von einer Blase sprechen. Die meisten Investoren im hochpreisigen Segment sind langfristig orientiert und haben mit viel Eigenkapital finanziert. Darum wird es selbst bei stärker fallenden Preisen auf den Immobilienmärkten vorwiegend zu Buchverlusten kommen. Eine neue dramatische subprime-ähnliche Krise ist nicht zu erwarten.

(Marktkommentar von Claudius Meyer, Managing Director CR Investment Management)








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