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13.03.2017 Funktioniert Investmentansatz unter den politischen Faktoren noch?

Anleger haben es derzeit nicht leicht: In Europa könnten Populisten die nächsten Wahlen dominieren, Großbritannien hat die EU verlassen und in den USA entsteht ein neuer Trend hin zum Protektionismus. Alles politische Faktoren, die für Unsicherheit bei Investoren sorgen.

Unter solchen Umständen stellt sich die Frage, ob der klassische, globale Investmentansatz noch greift. Sollte man sein Geld nicht lieber gezielt in einzelne Regionen oder Länder investieren, um politische Risiken zu minimieren? Mit anderen Worten: Ist es noch sinnvoll global zu diversifizieren, wenn man weltweite politische Risiken verringern möchte? Ja, es ist sinnvoll – und zwar aus den folgenden Gründen:

1) Politische Börsen haben kurze Beine

Anleger sollten nicht vergessen, dass politische Börsen sprichwörtlich „kurze Beine“ haben. Damit ist gemeint, dass sich politische Ereignisse zumeist nur kurzfristig auf die Börsenkurse auswirken. Natürlich kommt es zu Schwankungen an den Märkten, doch mittel- bis langfristig sind letztlich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten entscheidend. Anleger sollten deshalb nicht auf jede Meldung aus dem Weißen Haus oder auf neueste Wahlumfragen in Europa reagieren. Stattdessen sollte ihre Analyse tiefer ausgelegt sein, langfristige Entwicklungen berücksichtigen und insbesondere das „große Bild“ der globalen Wirtschaft nicht außer Acht lassen. In den meisten Fällen handelt es sich nur um den berüchtigten „Sturm in der Teetasse“, wie die Briten gerne zu sagen pflegen.

Was den Brexit betrifft sollte man bedenken, dass sich die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre nicht von heute auf morgen zurückdrehen lassen. Selbst wenn dies eine politische Kehrtwende bedeutet, so dauert die endgültige Umsetzung voraussichtlich Jahre und die Ergebnisse neuer Handelsvereinbarungen bleiben abzuwarten. Hastiges Umschichten im Portfolio ist deshalb üblicherweise weder von Nöten noch sinnvoll. Dies zeigen nicht zuletzt die in Summe gar positiven Marktentwicklungen im Vereinigten Königreich seit dem Brexit-Votum oder die in der Form sicherlich unerwartete „Trump-Rallye“ in Folge der Wahl des neuen US-Präsidenten.

2) Wir leben in einer hochvernetzten Welt

Zweitens sollte man wissen, dass man sich als Investor sowieso nicht vollständig von internationalen Risiken abschotten kann. Schließlich sind durch die Globalisierung fast alle Länder miteinander verbunden und verwoben – wirtschaftlich wie politisch.

China ist im vergangenen Jahr zum wichtigsten Handelspartner Deutschlands aufgestiegen und deutsche Autobauer hängen stark vom Export nach China ab – um nur ein Beispiel zu nennen. China neigt allerdings auch zu protektionistischen Tendenzen, indem die Politik beispielsweise einheimische Produkte subventioniert. Politische Entscheidungen in China haben somit – wenn auch nur indirekt – Folgen für die deutsche Wirtschaft.

Die Vorstellung, man könne sich durch gezielte Investments in einzelne Länder von den Risiken anderer Länder abschotten, ist eine Illusion. Nahezu kein Land ist heutzutage eine Insel.

3) Politische Ergebnisse immer häufiger „unerwartet“

Der Brexit kam für viele Anleger unerwartet. Genauso kann man die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten – auch wenn seine Umfragewerte nie dramatisch schlecht waren – als „Überraschungssieg des Jahres 2016“ bezeichnen. Sollten dieses Jahr z.B. die Populisten die Wahlen in Frankreich gewinnen, dann wäre dies auch wieder für einige Marktteilnehmer eine negative „Überraschung“, die mit Risiken für die Eurozone behaftet wäre.

Dennoch: Niemand weiß genau, was die Zukunft bringt und wo der nächste politische Brandherd entsteht. Deshalb darf man nicht dem Trugschluss unterliegen, man könne durch weniger Streuung und Konzentration auf einzelne Märkte, die Risiken minimieren.

Ganz im Gegenteil: Durch ein nicht global aufgestelltes Portfolio holt man sich ein unnötiges Klumpenrisiko ins Depot. Eine weltweite Diversifikation über mehrere Länder, Kontinente und Anlageklassen hinweg ist immer noch die beste Versicherung gegen politische Kapriolen einzelner Länder. Denn wer weiß, wo wir die nächste politische Überraschung erleben.

(By: Marcel de Gavarelli, Leiter Fonds Advisory der Laureus AG Privat Finanz)




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