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03.08.2017 Immobilienmanagement ist nicht fit für Industrie 4.0

Der Strukturwandel hin zur Digitalisierung in der produzierenden Industrie wird nicht nur die Produkte und Prozesse, sondern insbesondere auch den Bedarf an immobilienwirtschaftlichen Produktionsflächen in den nächsten Jahren massiv verändern: Da brauchen beispielsweise neue, industrie-4.0-taugliche Anlagen mehr oder weniger Platz oder werden vielfältiger genutzt; bis die Digitalisierung eingeführt ist, wird eine zweite Werkshalle benötigt; Lagerflächen können aufgegeben werden oder der Flächenbedarf von Unternehmen verlagert sich von der Produktion in Richtung Büroimmobilien. Besonders betroffen sind die „Hidden Champions“, die heimlichen, oft mittelständischen Weltmarktführer der deutschen Industrie. Sie geraten zunehmend nicht nur unter Digitalisierungszwang, sondern auch unter internationalen Wettbewerbsdruck – mit Auswirkungen auf das betriebliche Immobilienmanagement.

Wie eine hochrangig besetzte Expertendiskussion an der TU Darmstadt zeigte, hängt die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt und des Mittelstands im Besonderen entscheidend davon ab, sich den neuen Flächenanforderungen flexibel anpassen zu können. „Es kommt Bewegung in die Branche“, sagt Professor Andreas Pfnür, Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre der TU Darmstadt. „Ein ,Weiter so‘ im Immobilienmanagement produktionsnaher Flächen wird es nicht geben.“

Die Diskussionsergebnisse fassten Pfnür und sein Mitarbeiter Julian Seger nun in einem Whitepaper zusammen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Umfrage des Fachgebiets Immobilienwirtschaft der TU Darmstadt gezeigt, dass 88 Prozent der befragten immobilienwirtschaftlich einschlägigen Entscheider der Auffassung sind, dass die deutschen Unternehmen immobilienwirtschaftlich für den Strukturwandel nicht gut aufgestellt sind.

Besorgniserregend, so nun der Befund der jüngsten Expertenrunde, sind insbesondere die geringen eigenen immobilienwirtschaftlichen Ressourcen der Unternehmen, um sich diesem Strukturwandel stellen zu können. Es fehlt in zwei Dritteln der produzierenden Unternehmen an Transparenz, Fachwissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Ressourcen, um die Nutzung der Immobilienbestände flexibel den neuen Erfordernissen anpassen zu können.
Angesichts der im internationalen Vergleich sehr hohen Eigentumsquoten ist die Sorge groß, im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. In Deutschland sind 86 Prozent der Produktionsflächen im Eigentum der produzierenden Unternehmen, in den USA dagegen nur 30 Prozent und in Asien gerade noch 20 Prozent.

Die Immobilienverantwortlichen deutscher Unternehmen haben die immobilienwirtschaftlichen Probleme weitgehend erkannt und suchen die Lösung überwiegend im Verkauf ihrer Flächen, so der Befund der Whitepaper-Autoren. Die zukünftig benötigten Flächen könnten dann etwa per „Real Estate as a Service“ im Rahmen eines Komplettlösungsangebots, wie die Unternehmen es aus der IT oder Logistik kennen, bezogen, sprich: zurückgemietet werden.

Allerdings sind derzeit kaum immobilienwirtschaftliche Dienstleister in der Lage, solche Lösungen bereitzustellen, und es fehlt an Investoren, die im Falle von Projektentwicklungen die Rolle des Vermieters übernehmen können. „Trotz des Marktvolumens von 600 Milliarden Euro sind produktionsnahe Immobilien immer noch in der Rolle der Exoten“, so Pfnür. Den produzierenden Unternehmen in Deutschland drohen aufgrund des Engpasses bei flexibel an den Strukturwandel anpassbaren Flächen ernste internationale Wettbewerbsnachteile. „Es ist dringend an der Zeit, dass dieses Thema auf die Agenda von Politik und Top-Management deutscher Unternehmen gelangt, um die nötige immobiliare Infrastruktur für den Strukturwandel zu schaffen“, bilanziert Pfnür.








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