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26.10.2018 Bestellerprinzip nimmt Immobilienkäufern ihren fachkundigen Berater

Bundesjustiz- und Verbraucherministerin Katarina Barley (SPD) legt bezüglich des Bestellerprinzips auch beim Immobilienkauf nach und kündigt eine rasche Einführung an mit der Begründung, „Maklergebühren lassen die Kosten beim Wohnungs- oder Hauskauf explodieren“ (RP online, 25.10.2018).

Unabhängig davon, dass dadurch keine einzige preis- und bedarfsgerechte Neubauwohnung als einzigem Mittel zur überfälligen Schließung der vor allem in den Wachstumskernen seit Jahren eklatanten Angebotslücke bezahlbarer Wohnungen errichtet wird, wird der absolut unrichtige Eindruck erweckt, die Maklerprovision hätte sich erhöht. Tatsächlich sind Bund und 14 der 16 Bundesländer (Ausnahmen Bayern und Sachsen) schon seit Jahren die unrühmlichen Preistreiber bei den Kaufnebenkosten mit wiederholten ungerechtfertigten pauschalen Grunderwerbsteuerhöhungen zum Teil auf bis zu 6,5% des Kaufpreises - Ende offen.

Bestellerprinzip verbraucherschädigend

Vor allem aber sind die fatalen Auswirkungen des einseitig provisionsbelastenden Bestellerprinzips behauptungswidrig keineswegs im Interesse des Verbrauchers (zumal schutzwürdige Verbraucher immer beide Vertragskontrahenten sind), sondern massiv verbraucherschädigend: Die propagierte zukünftig lediglich nur noch einseitige “Bestellung“ des Maklers durch den Verkäufer schafft den klassischen, im BGB und in der Rechtsprechung seit 120 Jahren fest verankerten ehrlichen Makler als fairen Transaktionsbegleiter beider Parteien, denen er jeweils mit Marktkenntnis und Sachkunde die Sorgfalt des ordentlichen Immobilienkaufmanns schuldet und dadurch eine nutzerstiftende Dienstleistung erbringt, ab.

Begünstigung des Verkäufers, Schlechterstellung des Käufers

Hierdurch verliert der Immobilienkäufer schlagartig den Makler als unabhängigen Berater, Dienstleister und markt- und sachkundigen Vertreter seiner Interessen, während der Verkäufer (Besteller) einen zukünftig nur noch allein seine Interessen vertretenden Vertriebler gewinnt. Dieses Modell wäre für den Käufer alles andere als Verbraucherschutz, sondern eine einseitige Begünstigung des Verkäufers bei gleichzeitig massiver Schwächung und Schlechterstellung des Käufers.

Eine flagrantere Beeinträchtigung der legitimen Verbraucherschutzinteressen des Immobilienkäufers ist kaum vorstellbar: Der “Normalkäufer“ erwirbt in seinem Leben - wenn überhaupt - nur wenige zwei, drei Male eine Immobilie. Dabei werden in Summe höhere sechs- oder siebenstellige Beträge kontrahiert, denen in der Regel längere disziplinierte Arbeits-, alsdann im internationalen Vergleich hierzulande vergleichsweise hohe Versteuerungs- und schließlich auch noch Konsumverzichtsprozesse (Sparen statt Ausgeben) vorausgehen. Allein das impliziert, dass es ratsam ist, sich fachlich vor Kaufvertragsabschluss beraten zu lassen. So empfiehlt es sich, schon in der frühen Phase der Objektprüfung die baugenehmigten und schlussabgenommenen Pläne einzusehen und mit der Praxis des Objektes auf evtl. Abweichungen (z.B. nicht genehmigte Aus- und Anbauten, andere Nutzungen, Nichtbeachtung von Bauauflagen etc.) zu überprüfen.

Wer sieht denn nach dem Bestellerprinzip für den Kaufinteressenten die Bauakten ein? Wer beschafft die diversen Behördenbescheide? Wer macht dem Verkäufer den Markt objektiv transparent? Wer klärt ihn über Grundbuch, Baulasten, Altlasten, Erschließungskostenabrechnung etc. auf? Wer erkundet geplante Abbruch-/Neubaumaßnahmen und Umzüge im Quartier? Wer beschafft die immobilienwirtschaftlich einschlägigen Mikro-/Makrodaten?

Das alles machen weder der Notar, noch Internet, noch der zum Vertriebler degenerierte Makler des Verkäufers. Nach dem Bestellerprinzip beauftragt der Verkäufer seinen Vertriebler doch nicht, mögliche Mängel / Nachteile / Risiken seines Verkaufsobjektes, unerledigte behördliche oder/und privatrechtliche Auflagen etc. sorgfältig zu recherchieren und konsequent offenzulegen.

Der in der Regel vergleichsweise sachunkundige Gelegenheitsverbraucher = Immobilienkäufer wiederum ist von diesen komplexen Vorgängen völlig überfordert.
Natürlich kann er sich für diese Dienstleistungen statt eines Maklers z.B. eines Anwaltes oder Architekten oder vereidigten Sachverständigen bedienen - für Stundensätze plus Mehrwertsteuer im dreistelligen Eurobereich. Hinzu kommt: Die hierfür anfallenden Kosten muss der Kaufinteressent in jedem Falle zahlen, also auch, wenn er das Haus / die Wohnung gar nicht erwirbt oder bekommt!

Im in der Praxis typischen Wiederholungsfall - nahezu niemand kauft auf Anhieb das erste besichtigte Objekt - hat der bestenfalls drittberatene Kaufinteressent dann zwar eine ansehnliche Aktenlage zu nicht gekauften Objekten, gleichzeitig indessen aufgrund hierfür nutzlos ausgegebener Stundenhonorare auch ein abgemagertes Konto. Ganz im Gegensatz zur Maklerprovision, denn die wird ja nur im Erfolgsfall, also Zug um Zug mit tatsächlichem Erwerb fällig.

Konsequenz: Kauf “auf Verdacht“

Die Konsequenz für den zukünftig bestellerprinzipgemäß “maklerlosen“ Erwerbsinteressenten ist der Kauf “auf Verdacht“ mit der naiven Annahme, dass schon alles in Ordnung ist, und mit der Folge oftmals böser Überraschungen und möglicher gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die nächste bundesweite Prozesslawine lässt grüßen!

Wenn die Bundesregierung durch das Bestellerprinzip diesen fundamentalen Systemumbruch herbeiführt und zukünftig Immobilienkäufer beratungslos, unsystematisch aufgeklärt und mit einer nur fragmentarischen Dokumentation in den Notarvertrag schickt, dann ist das nicht nur einmalig in Europa. Es entsteht auch ein gigantischer Vermögensschaden für die deutsche Käuferschaft und via Prozesslawine Vertrauensschaden, der dem gesamten Immobilienmarkt massiv schadet.

Zusammen mit der von den Grünen im Bundestag beantragten, den Immobilienkäufern ebenso wenig dienenden Festsetzung der Maklerprovision auf 2% inkl. Mehrwertsteuer lässt sich klar feststellen: Die “Wegbestellung und Wegdeckelung“ des Maklers ist nicht Verbraucherschutz, sie ist tatsächlich untauglich und bedeutet im Ergebnis einen immensen Schaden für die Verbraucher!

(Statement von Dr. Wulff Aengevelt, AENGEVELT IMMOBILIEN GmbH & Co. KG)









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