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14.03.2019 Worauf Wohnungsbesitzer bei der Eigentümerversammlung achten

Der Pflichttermin Wohnungseigentümerversammlung wird oftmals als lästig angesehen, dabei werden hier die Geschicke der Eigentümergemeinschaft gelenkt. Ein neuer Anstrich für die Fassade, Unstimmigkeiten in der Gemeinschaft, Veränderung von Verteilerschlüsseln, Unklarheiten bei der Abrechnung – es werden Probleme geklärt, Veränderungen diskutiert und Beschlüsse gefasst. Worauf sollten Wohnungseigentümer dabei achten? Welche Fristen müssen eingehalten werden? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Fristen und Regelungen.

In der ersten Jahreshälfte hat sie Saison: die Eigentümerversammlung. Mindestens einmal im Jahr muss der Verwalter zur nichtöffentlichen Versammlung laden. Sie ist das oberste Verwaltungs- und Beschlussorgan der Eigentümergemeinschaft und von entsprechend großer Bedeutung. Hier entscheiden die Wohnungseigentümer über Wirtschaftsplan und Sonderumlagen, Entlastung des Verwalters, seine Bestellung und Abberufung, Jahresabrechnungen, bauliche Maßnahmen und vieles mehr. Damit die gefassten Beschlüsse tatsächlich Bestandskraft entfalten sind vor, während und nach der Versammlung zahlreiche Aspekte durch die Immobilienverwaltung aber auch von Eigentümern zu beachten.

Einberufung

Mindestens zwei Wochen vor Versammlungstermin lädt der Verwalter die Wohnungseigentümer – so verlangt es das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in § 24 Abs. 4 S. 2. Kürzere Fristen sind nur bei besonderer Dringlichkeit gestattet. Zwingend vorgeschrieben ist dabei die Textform. Sie umfasst aber nicht nur den klassischen Brief sondern auch Einladungen per E-Mail, Fax oder sogar per SMS, wenn der Empfänger dieser Übermittlung zuvor zugestimmt hat. Eigentümer müssen mit der Einladung über Tag, Anfangszeit und Ort sowie die Tagesordnung informiert werden. Klar ersichtlich muss zudem sein, welche Gemeinschaft eingeladen wird und wer die Einladung ausspricht – hier ist neben dem Namen auch die Anschrift des Verwalters erforderlich.
Hilfreich aber nicht gesetzlich vorgeschrieben sind beispielsweise Hinweise auf mögliche Stimmrechtsübertragungen, wenn Eigentümer nicht persönlich teilnehmen können. Zudem kann der Verwalter zu einer unmittelbar anschließenden Wiederholungsversammlung einladen, sofern die erste Versammlung nicht beschlussfähig ist. Eine solche Eventualeinberufung ist allerdings nur dann zulässig, wenn sie in der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich vorgesehen ist.

„Fehler bei der Einberufung der Eigentümerversammlung können dazu führen, dass die gefassten Beschlüsse anfechtbar sind”, weiß Martin Kaßler, Geschäftsführer beim Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV). Wird eine stimmberechtigte Person wie ein Wohnungseigentümer oder Testamentsvollstrecker vorsätzlich durch den Verwalter ausgeschlossen, sind alle auf der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig, wie das Landgericht Dortmund 2015 entschied (Az. 1 S 218/15). Wird allerdings ein Eigentümer versehentlich nicht eingeladen, sind die Beschlüsse nicht automatisch nichtig sondern nur anfechtbar, sofern sich die Nichteinladung auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat.

Der DDIV-Geschäftsführer empfiehlt, dass die Einladung Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan enthalten sollte sowie bei Beschlüssen über bauliche Maßnahmen Kostenvoranschläge. „Liegen beispielsweise wichtige Abrechnungen nicht bei und können daher nicht geprüft werden, sollten Eigentümer vor der Versammlung bei ihrer Verwaltung nachhaken. Denn genehmigt werden sollte nur, was auch nachvollzogen werden kann.”

Tagesordnung

Damit jeder teilnahmeberechtigte Wohnungseigentümer ausreichend Zeit hat, sich über die einzelnen Themen der Versammlung zu informieren oder ggf. bei Nichtteilnahme Weisungen zu erteilen, wie in seinem Namen abgestimmt werden soll, muss die Tagesordnung der Einladung beigefügt sein. Die Tagesordnung erstellt üblicherweise der Verwalter in enger Absprache mit dem Verwaltungsbeirat. Aber auch Wohnungseigentümer können grundsätzlich sinnvolle Tagesordnungspunkte einbringen – sofern sie dies rechtzeitig beim Verwalter beantragen, so dass die zweiwöchige Frist bis zur Versammlung gewahrt bleibt. Ausnahmen gelten auch hier nur bei besonderer Dringlichkeit – beispielsweise wenn eine Reparatur kurzfristig durchgeführt werden muss. Während der Versammlung können zwar unter dem Punkt „Sonstiges” Themen eingebracht werden. „Allerdings eignet sich dieser Tagesordnungspunkt eher für eine erste Diskussion. Denn alle hier gefassten Beschlüsse sind anfechtbar, da sie in der Tagesordnung nicht hinreichend bezeichnet wurden”, erläutert der DDIV-Geschäftsführer.

Beschlussfähigkeit

Den Vorsitz in der Versammlung führt in der Regel der Verwalter. Er prüft die Teilnahmeberechtigung der anwesenden Personen und stellt fest, ob die Versammlung beschlussfähig ist – hierfür muss mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten sein. Die Höhe der einzelnen Anteile ist im Grundbuch eingetragen. Vorsicht ist bei der Beschlussfassung geboten: Wenn Eigentümer während der Versammlung (vorübergehend) den Saal verlassen, ist die Versammlung eventuell nicht mehr beschlussfähig. In einer solchen Situation wäre es sinnvoll, wenn sie dem Versammlungsleiter oder einem Miteigentümer eine (zeitlich begrenzte) Vollmacht erteilen und für die Abstimmung anweisen. Zudem kann die Beschlussfähigkeit entfallen, wenn Eigentümer bei einzelnen Punkten wegen einer Interessenkollision vom Stimmrecht ausgeschlossen werden. Eine solche liegt etwa dann vor, wenn über Abschluss oder Kündigung eines Vertrags zwischen der Gemeinschaft und einem Eigentümer entschieden werden soll.

Als gesetzliches Stimmprinzip gilt in der Regel das Kopfprinzip: Jeder Eigentümer hat eine Stimme unabhängig von der Größe der Wohnung. Das gilt auch dann, wenn er mehrere Wohnungen in der Gemeinschaft besitzt. „Hiervon wird allerdings oft abgewichen”, erläutert Kaßler. „Eigentümer können aus der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ersehen, ob in ihrer Gemeinschaft das Kopf-, Wert- oder Objektprinzip gilt.”

Wie hoch die Zustimmung ausfallen muss, hängt von der Art des Beschlusses ab. Soll die Hausordnung geändert, das Streichen des Treppenhauses beschlossen oder die Betriebskostenverteilung geändert werden, genügt eine einfache Mehrheit. Bei Modernisierungen oder wenn Baukosten abweichend vom üblichen Schlüssel verteilt werden sollen, müssen drei Viertel aller stimmberechtigten Eigentümer zustimmen, die mindestens die Hälfte aller Anteile an der Wohnanlage besitzen – man spricht dann von einer doppelt qualifizierten Mehrheit. Damit hierdurch keine wichtigen Maßnahmen verhindert werden, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Eigentümer für Schäden haftbar gemacht werden können, wenn sie durch Gegenstimme oder Enthaltung eine dringende Sanierung verzögern (Az. V ZR 9/14). Soll beispielsweise das optische Erscheinungsbild eines Mehrfamilienhauses stark verändert werden, müssen sogar alle Eigentümer zustimmen, wie das Amtsgericht Schöneberg entschied (Az. 772 C 91/15).

Protokoll

Damit Diskussionen und Beschlüsse auch von nicht anwesenden und künftigen Eigentümern nachvollzogen werden können, muss der Verwalter ein Protokoll der Versammlung erstellen. Hierin sind neben Beschlussfähigkeit, Beschlüssen und Abstimmungsverhältnis auch Berichte, Erläuterungen und wesentliche Beiträge der Teilnehmer festzuhalten. Unterschrieben wird es vom Verwalter und einem Wohnungseigentümer sowie ggf. dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder seinem Vertreter.

„Eigentümer haben keinen automatischen Anspruch, dass ihnen das Protokoll zugeschickt wird. Eine solche Regelung muss im Verwaltervertrag oder der Gemeinschaftsordnung vereinbart sein”, klärt der DDIV-Geschäftsführer auf. Erstellt und gegebenenfalls versendet werden muss das Protokoll spätestens in der dritten Woche nach der Versammlung. So haben Eigentümer die Möglichkeit vor Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist Einsicht in das Protokoll zu nehmen (§ 46 WEG). Bereits unmittelbar nach der Versammlung muss der Verwalter die gefassten Beschlüsse in die Beschlusssammlung der jeweiligen Eigentümergemeinschaft eintragen.

Erleichterung durch Reform des Wohnungseigentumsgesetzes?

Insbesondere wenn keine komplexen Themen auf der Agenda stehen und nur wenige Tagesordnungspunkte besprochen werden sollen, stehen Aufwand und Nutzen einer Präsenzveranstaltung in keinem stimmigen Verhältnis. Das gilt umso mehr, wenn Eigentümer von auswärts anreisen müssen. „Das WEG ist in seiner derzeitigen Form nicht mehr zeitgemäß. Alternative Versammlungsarten beispielsweise online per Videokonferenz sieht das Gesetz nicht vor – dabei würden sie den zeitlichen Aufwand für alle Beteiligten deutlich senken”, betont Kaßler. Einige Mitgliedsunternehmen der DDIV-Landesverbände haben bereits erfolgreich Online-Versammlungen durchgeführt.

„Sie sind nicht per se unzulässig, aber es fehlt die Rechtssicherheit für Eigentümer und Verwalter. Es ist sehr zu hoffen, dass der Gesetzgeber bei der anstehenden Reform des WEG zeitgemäße und zukunftsorientierte Voraussetzungen schafft. Die technischen Voraussetzungen sind gegeben, die Vorteile nicht von der Hand zu weisen – nur das Gesetz hinkt der heutigen Lebensrealität hinterher.”

Der DDIV setzt sich bereits seit geraumer Zeit für eine umfassende WEG-Reform ein. Denn unklare gesetzliche Regelungen, unnötige Differenzen zwischen Eigentümern und Verwaltungen, Abgrenzungsproblematiken bei Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie knapp 260.000 WEG- und Mietrechtsverfahren jährlich vor Amts- und Landgerichten prägen die Branche. Seit 2012 zeigt der DDIV mit umfassenden Stellungnahmen und wegweisenden Gutachten, der viel beachteten DDIV-DenkWERKSTATT sowie dem öffentlichkeitswirksamen Appell an die Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley den weitreichenden Reformbedarf und praxisnahe Lösungsansätze auf.









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