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27.05.2019 Stressszenario Büroobjekte: Was passiert mit den Immobilienwerten?

"Another boring but good year" sagte neulich ein Immobilienmarktexperte auf einer Veranstaltung in London. Damit fasste er die derzeit soliden Rahmenbedingungen in den europäischen Büroimmobilienmärkten zusammen: Die positive Entwicklung der letzten Jahre setzt sich voraussichtlich auch in 2019 weiter fort.

Büromärkte aktuell in sehr solider Verfassung

Die fundamentale Marktsituation ist aktuell, insbesondere auch in den deutschen Büro-Hochburgen, wenig besorgniserregend: Trotz mehrfach nach unten revidierten Prognosen zum Wirtschaftswachstum läuft das Vermietungsgeschäft sehr gut, die Umsätze sind an vielen Standorten hoch und die Mietpreise steigen kontinuierlich seit nunmehr fast 10 Jahren an. In Berlin, München und Stuttgart sind kaum noch größere Flächen erhältlich: Die Leerstände sind auf sehr niedrigem Niveau, die Leerstandsrate bei etwa 2%. Zwar springt die Bautätigkeit für Büroimmobilien in den deutschen Großstädten in diesem und in den nächsten Jahren etwas an, bleibt aber im historischen Vergleich moderat, so dass die Leerstände voraussichtlich nur moderat steigen und an vielen Standorten weiter niedrig bleiben werden.

Dementsprechend hoch ist das Interesse von Seiten der Investoren: 2018 sind in Deutschland rd. 30 Mrd. Euro in Büroimmobilien investiert worden, mit Ausnahme von 2007 (31 Mrd. Euro) so viel wie nie zuvor. Trotz der gesunkenen Ankaufsrenditen und des hohen Preisniveaus ist nicht davon auszugehen, dass sich das Investitionsvolumen kurzfristig deutlich abschwächen wird.

Risiken bestehen – wie immer – dennoch

Die Unsicherheiten entstehen aktuell eher aus politischen Risiken wie dem Brexit oder dem Handelskonflikt zwischen den USA und China heraus, als aus den Immobilienmärkten selbst. Jedes dieser "Risiko-Ereignisse" könnte dämpfend auf die Stimmung der Unternehmen in Deutschland und damit auch auf den Büroimmobilienmarkt wirken. Außerdem könnten steigende Zinsen die Immobilienwerte stark belasten.

Wie verhalten sich die Büroimmobilienwerte in einem Stressszenario?

Sollte, entgegen unserer aktuellen Erwartung, doch eines oder mehrere Risiken "schlagend werden", könnte sich das Marktumfeld für Büroimmobilien ab 2020 ändern. Die potentiellen Auswirkungen können mittels dem statistischen Verfahren einer Regressionsanalyse simuliert werden. Der Einfachheit halber wurde von uns die Entwicklung der Büroimmobilienwerte nur mit den erklärenden variablen Zinsen und Konjunkturentwicklung simuliert.

Abbildung 1 zeigt den historischen Verlauf dieser drei Variablen, dem realen BIP-Wachstum, der Zinsen für 10-jährige Bundesanleihen und der Wertänderungsrendite für Büroimmobilien in Deutschland (Quelle: MSCI Indexdaten; Wertänderungen basieren auf Gutachterwerten für dt. Büroimmobilien - Hinweise: Im Research Newsletter Q4 2017 wurden die Zinssimulationen auf Basis von tatsächlichen Kaufpreisen im Gegensatz zu den hier verwendeten Gutachterwerten durchgeführt).

Ergebnisse der Regressionsanalyse

Auf Basis der Regressionsanalyse kann die Wertänderungsrendite in einem Jahr t durch das Wirtschaftswachstum im gleichen Jahr und den Zins des Vorjahres erklärt werden. Dabei hat der Zins ein negatives Vorzeichen, sprich steigende Zinsen führen zu fallen Bürowerten um umgekehrt.

Erste Ergebnisse wenig beunruhigend: Immobilienwerte bleiben weitgehend stabil

Mit Hilfe des beschriebenen Modells kann nun abgeschätzt werden, welche Wertänderung eintritt, wenn bestimmte Vorgaben (=Stressszenarien) für das künftige Wirtschaftswachstum und die Zinsentwicklung angesetzt werden. Das Basisszenario verwendet die Consensus Prognosen (= Marktmeinung) für das BIP-Wachstum 2019, 2020 und 2021 sowie die Consensus Schätzung der Zinsentwicklung. Im Szenario "Konjunktureinbruch" wird eine leichte Rezession mit realen BIP-Wachstumsraten von -0,8% in 2019 und -1,3% in 2020 unterstellt. Beim Stressszenario "Zinserhöhung" wird ein Anstieg der Rendite 10-jährigen Bundesanleihen in 2019 auf 1,0% und in 2020 auf 2,5% unterstellt. Die BIP-Rate geht gleichzeitig auch etwas zurück.

Alle Szenarien und die berechneten Wertänderungsrenditen sind in Abbildung 2 dargestellt. Im Basisszenario, das von einer Konjunkturverlangsamung und einem leichten Zinsanstieg ausgeht, werden für 2019 bis 2021 weiter steigende, aber von der Wachstumsrate her rückläufige Wertänderungsrenditen für Büroimmobilien prognostiziert. Im Szenario "Konjunktureinbruch" errechnet das Modell eine nur wenig schlechtere Wertentwicklung: Für 2020 und 2021 beträgt die Wertsteigerung jeweils 2,7%. Das niedrige Zinsniveau führt im Modell weiter zu Wertsteigerungen trotz der konjunkturellen Schwächephase. Bei einem Zinsanstieg um rd. 200 Basispunkte bis 2020 dagegen ist für 2021 und ggf. darüber hinaus mit moderat fallenden Immobilienwerten zu rechnen (-0,9%).

Zukünftige Modellerweiterungen und Fazit

Ob die Realität den Modellprognosen entsprechen wird, bleibt - wie immer - abzuwarten. Das Modell kann natürlich um weitere Variablen erweitert werden. Beispielsweise wäre die Hinzunahme des Neuflächenwachstums eine sinnvolle Modellerweiterung. In jedem Fall kann das Modell die Realität nur zu einem bestimmten Teil abbilden. Damit liefert dieses Hinweise auf eine mögliche Entwicklung in einem Stressszenario, die tatsächlichen Ausschläge können aber auch deutlich stärker bzw. schwächer ausfallen.
Mit dem jetzigen Stand der Modellergebnisse bleibt aber festzustellen, dass sich die Büroimmobilienwerte sehr robust bei Stressszenarien verhalten. Sollte, wie vom Markt erwartet, die Nullzinspolitik der EZB in den kommenden Jahren fortdauern, bildet das niedrige Kapitalmarktzinsniveau, dem Modell zufolge, einen Puffer gegen das Risiko fallender Büroimmobilienwerte.

(by: Research der Real I.S. AG)





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