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06.11.2019 Erbbaurechte im Wohnungsbau: Auf die Konditionen kommt es an

Viele Städte und Gemeinden in Deutschland gehen dazu über, vermehrt Erbbaurechte zu erteilen, anstatt ihre Grundstücke zu verkaufen. Einige vergeben schon seit Jahren ausschließlich Erbbaurechte. Das betrifft nicht nur Selbstnutzer, sondern auch Wohnungsunternehmen. Der Deutsche Erbbaurechtsverband e.V. sagt, welche vertraglichen Stellschrauben es dabei gibt.

„Die wohnungswirtschaftlichen Verbände und Unternehmen reagieren meist abwehrend, wenn sie mit Erbbaurechten konfrontiert werden“, weiß Hans-Christian Biallas, der Präsident des Deutschen Erbbaurechtsverbandes. „Dabei wird oft vergessen: Es kommt auf die Konditionen des jeweiligen Vertrages an. Wenn die stimmen, kann das Erbbaurecht für beide Vertragspartner ein attraktives Produkt sein.“ Die wichtigsten Punkte aus Sicht der Wohnungswirtschaft sind: der Erbbauzins, die Laufzeit und die Regelungen für das Vertragsende. Von ihnen hängt auch ab, wie Banken und Sparkassen eine Erbbaurechtsimmobilie bewerten.

Erbbauzins ist verhandelbar

Wer ein Erbbaurecht erwirbt, kauft kein Grundstück, sondern das Recht, darauf ein Haus zu bauen und zu nutzen. Insofern entfällt der Kaufpreis für das Grundstück. Hierdurch entsteht ein Liquiditätsvorteil für den Käufer. Stattdessen zahlt er einen Erbbauzins. Dieser kann fortlaufend entrichtet werden. Dann wird er üblicherweise entsprechend dem Verbraucherpreisindex angepasst. Alternativ ist häufig eine Einmalzahlung – ohne Indexierung – möglich. Für viele Käufer ist das eine interessante Option.

Die Höhe des Erbbauzinses ist frei verhandelbar. Üblicherweise wird als Grundlage der Bodenwert herangezogen. Eine Studie des deutschen Erbbaurechtsverbands aus dem Jahr 2017 fand heraus, dass der durchschnittliche Erbbauzins für Wohnimmobilien bei jährlich 3,1 Prozent des Bodenwertes liegt. Viele Städte vergeben Erbbaurechte aber aktuell zu einem geringeren Prozentsatz – wie zum Beispiel Hamburg: Dort wurde im Herbst 2019 der Erbbauzins auf 1,7 Prozent pro Jahr gesenkt. Städte und Gemeinden können den Erbbauzins auch nach unten anpassen und sogar auf null senken. Dies findet in der Praxis meist in Verbindung mit einem vorgegebenen Nutzungszweck statt. Beispielsweise ist es möglich, den Erbbauzins an die Miethöhe zu koppeln.

Laufzeit gesetzlich nicht vorgeschrieben

Eine Immobilie stellt immer eine langfristige Investition dar. Deshalb sind lange Laufzeiten notwendig, um einen Anreiz für den Erbbaurechtsnehmer zu schaffen. „Es lohnt sich wirtschaftlich nicht, ein Haus auf einem Grundstück zu bauen, das nach wenigen Jahren an den Eigentümer zurückfällt“, erklärt Hans-Christian Biallas. Üblich sind Laufzeiten zwischen 60 und 99 Jahren. Gesetzliche Vorgaben hierzu gibt es aber nicht. Deshalb sind auch kürzere und längere Zeiträume möglich – bis hin zu ewigen Erbbaurechten, die allerdings sehr selten vorkommen.

Was passiert bei Vertragsende?

In den meisten Fällen haben sowohl der Erbbaurechtsnehmer als auch der Erbbaurechtsgeber ein Interesse daran, ablaufende Erbbaurechte zu verlängern. Wer sich hierauf nicht verlassen möchte, kann Verlängerungsoptionen in den Vertrag aufnehmen und hierfür bereits Konditionen festlegen.

Wenn das Grundstück nach Vertragsablauf doch an den Erbbaurechtsgeber zurückfällt, zahlt dieser meist eine Entschädigung für das darauf stehende Gebäude. Die Höhe dieser Entschädigung ist ebenfalls verhandelbar.

Bewertung durch die Bank

Wie Banken und Sparkassen eine Erbbaurechtsimmobilie bewerten, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Dazu gehören die Höhe der Erbbauzinses, die Laufzeit und die Regelungen für das Vertragsende. „Wenn der Vertrag noch lange läuft oder gute Verlängerungsmöglichkeiten bestehen, bewertet die Bank ein Erbbaurecht fast so wie ein Volleigentum. Dann erhalten Erbbaurechtsnehmer die gleichen Konditionen wie jeder andere“, weiß Hans-Christian Biallas.

„Erbbaurechte sind nicht per se gut oder schlecht“, lautet die Einschätzung von Hans-Christian Biallas. „Es kommt stark darauf an, wie die Verträge gestaltet sind. Hierbei lässt der Gesetzgeber viel Spielraum. Wir plädieren dafür, diesen zu nutzen und die Erbbaurechte so zu gestalten, dass sie allen Beteiligten zugutekommen: Städten und Gemeinden, Wohnungsunternehmen sowie Mieterinnen und Mietern.“







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