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09.03.2020 Europäische Immobilieninvestoren preisen Klimarisiken noch nicht ein

AEWs neue Erkenntnisse zeigen, dass Investoren beim Kauf von Anlageobjekten Klimarisiken aktuell noch nicht einpreisen – und das gilt auch für den etwa 130 Mrd. Euro im Jahr schweren Markt für Büroimmobilienanlagen. Im Rahmen unserer Untersuchungen haben wir neue Instrumente zur Quantifizierung zweier Klimarisiken für Immobilieninvestoren verwendet: (1) Unmittelbare physische Katastrophen und (2) Transitionsrisiken in Verbindung mit dem Klimaschutz.

Jüngst waren in der Öffentlichkeit vor allem physische Risiken durch Stürme, Hochwasser, Meeresspiegelanstieg, Hitze und Dürren von Interesse. Wobei sich diese in Form von Gebäudestörungen und -schäden äußern. Der damit verbundene Anstieg der Versicherungskosten und der Kosten durch die Anpassung an den Klimawandel könnte sogenannte „gestrandete“ Anlageobjekte zur Folge haben. Diese ließen sich dann bereits kurzfristig weder mehr verkaufen noch vermieten. Und auch wenn die Ergebnisse weniger dringlich erscheinen mögen, zeigen wir im Rahmen unserer Studien auf, wie die Branche angesichts des Transitionsrisikos im Zuge des Klimaschutzes mit einem noch größeren Problem konfrontiert werden könnte. Dies geschieht durch Einbeziehung der Reputation am Markt und der Veralterung von Anlageobjekten aus regulatorischer und technologischer Perspektive.

Im Rahmen unserer Studien untersuchen wir potenzielle Auswirkungen, die ein Verstoß gegen strengere Energieverbrauchstandards und Treibhausgasemission („THG“) mit sich bringen kann. Diese Ziele wurden von der UN und im Rahmen der EU-Gebäuderichtlinie („EPBD“) sowie den neuen objekt- und länderspezifischen Wegstrecken beider Institutionen festgelegt. Trotz möglicher nationaler Umsetzung- und Durchsetzungsverzögerung dieser Vorgaben, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sich bereits zahlreiche Gebäude in allen Sektoren aufgrund von Verstößen gegen diese Klimaziele deutlich vor der UN-Frist im Jahre 2100 nicht mehr verkaufen oder vermieten lassen.

Darüber hinaus kommen unsere Studien zu dem Ergebnis, dass aktuell bestehende grüne Gebäudezertifizierungen keineswegs als Indikatoren für Klimarisiken dienen. Bei der derzeit existierenden Fülle an Gebäudezertifizierungen werden zahlreiche Faktoren berücksichtigt, wobei Energieverbrauch und/oder Emissionsintensität nur geringfügig berücksichtigt werden. Das voraussichtliche Umdenken seitens des Gesetzgebers hin zu einer weiteren Reduzierung der Treibhausgasemissionen könnte zu einem geringeren Interesse von Investoren für grüne Prämien auf hoch zertifizierte Gebäude führen. Stattdessen läge der Fokus zunehmend auf Klimarisikoprämien und der für alle Gebäude erforderlichen Renditen.

Physisches Risiko in Form von Störungen und Schäden

Bei der Analyse vom Klimawandel ausgehender physischer Risiken, hat AEW die von Munich Re, einem der weltweit führenden Rückversicherungsunternehmen, bereitgestellten Klimarisiko-Bewertungen analysiert. Diese Klimabewertungen basieren auf Naturkatastrophenmodellen, die wiederum auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungswerten im Bereich von Versicherungsschäden beruhen. Diese Daten ermöglichen eine Quantifizierung der Auswirkungen von Stürmen, Hochwassern, Meeresspiegelanstieg, Hitzewellen und Dürren auf ein diversifiziertes Musterportfolio bestehend aus nahezu 20.000 Gebäuden in Europa. Anhand der Ergebnisse wird deutlich, dass Grundstücke in den Niederlanden potenziell vom Meeresspiegelanstieg betroffen sind. Diesem Risiko wirkt jedoch ein landesweites Hochwasserschutzsystem entgegen. Sich in unmittelbarer Nähe zu Flüssen befindende Gebiete in Großbritannien und Frankreich gehören bis 2050 zu prognostizierten Hochwasserrisikogebieten. Die erhöhten Versicherungs- und Anpassungskosten werden wahrscheinlich dazu führen, dass sich einige Anlageobjekte auch kurzfristig nicht mehr verkaufen oder vermieten lassen.

Das Transitionsrisiko könnte langfristig ein größeres Problem werden als physische Risiken

Anhand der Daten aus dem Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) kommt AEW zu dem Ergebnis, dass Gebäude in mehreren Sektoren in Europa voraussichtlich gegen künftig strengere Emissionsintensitäts- und Energieverbrauchstandards verstoßen werden, die zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels bis 2100 notwendig sind. Dieses wurde im Rahmen des Pariser Abkommens festgelegt. Zudem ist dieses in den Energieverbrauchsstandards der EU-Gebäuderichtlinie sowie in den von der EU festgelegten immobilien- und länderspezifischen Zielen bezüglich der Treibhausgasintensität detaillierter festgeschrieben. Ohne künftige Maßnahmen besteht die Gefahr, dass Investoren aufgrund einer rückläufigen Nachfrage und/oder strengeren gesetzlichen Standards bereits weit vor 2100 in eine Situation geraten, in der sie ihre dann nicht mehr konformen Gebäude nicht mehr verkaufen oder vermieten können. All das unterstreicht, wie wichtig Anstrengungen zur Zukunftssicherung von Investitionen und Portfolios sind. Da die Emissionsziele von den jeweiligen nationalen Regierungen voraussichtlich erst mit einiger Verzögerung um- und durchgesetzt werden, wird es auch aller Wahrscheinlichkeit nach erst später zu einer Situation führen, in der Gebäude nicht mehr den Standards entsprechen und sich somit nicht mehr verkaufen oder vermieten lassen. Es könnte dennoch sein, dass Investoren und Mieter die globalen Ziele zur Verringerung des Energieverbrauchs und der Treibgasemissionen unabhängig von der jeweiligen nationalen Gesetzeslage erfüllen und dass bereits vor der Durchsetzung strengerer Standards ein sogenanntes „Stranding“-Risiko besteht.

Die Intensität der Treibhausgasemissionen variiert deutlich zwischen den einzelnen europäischen Ländern und Immobilientypen. Unter dem Durchschnitt liegt die Treibhausgasintensität in Frankreich – hier bestehen 70 % des Energienetzes aus Kernkraft – sowie in den nordischen Ländern, in denen der Großteil aus erneuerbaren Energien stammt. Im Gegensatz dazu liegen Polen und Tschechien sowie die Länder des Baltikums über dem europäischen Durchschnitt, was an dem geringeren Anteil erneuerbarer Energiequellen im Energiemix dieser Länder liegt. Somit haben diese Länder beim Erreichen künftiger Emissionsziele deutlich mehr vor sich. Darüber hinaus haben Hotels und Büros aufgrund ihrer Nutzung einen deutlich breiteren CO2-Abdruck, als dies bei europäischen Wohn- und Logistikimmobilien der Fall ist. Im Bereich der Gewerbeimmobilien werden sich nationale Anstrengungen zum Ausbau erneuerbarer Energien jeweils positiv auswirken.

Ein Kommentar von Hans Vrensen, Managing Director, Head of Research & Strategy: „Die jüngsten Schlagzeilen zu Überschwemmungen in Folge von Stürmen und den Buschbränden in Australien haben die Aufmerksamkeit der Medien, Investoren, Behörden und der Öffentlichkeit auf die Themen Umwelt, Soziales und die Frage einer guten Unternehmensführung gelenkt. Im Rahmen unserer Analyse wird das Risiko deutlich, dass sich Immobilien angesichts steigender Versicherungs- und Anpassungskosten bereits kurzfristig nicht mehr verkaufen oder vermieten lassen. Jedoch könnte langfristig gesehen ein Verstoß gegen künftige Energieziele und Ziele bei der Reduktion der Treibhausgasintensität einen noch größeren Einfluss haben, auch wenn wir damit rechnen, dass diese Ziele auf nationaler Ebene erst mit einer gewissen Verzögerung angewandt und durchgesetzt werden. Die Tatsache, dass Investoren dieses Risiko bei Akquisitionen derzeit nicht vollständig berücksichtigen, könnte in Zukunft interessante Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben. Die Branche wird dabei von speziell für den Immobilienmarkt entworfenen Analyse-Tools profitieren, mit denen sich eine präzisere Bepreisung von Gebäuden, die zukünftige Einhaltung strengerer Regeln und eine bessere Anpassung an den Klimawandel sicherstellen lässt.“

Thierry Laquitaine, Head of Social Responsible Investment bei AEW, abschließend: „Unsere Kunden bitten uns zunehmend um Lösungen, mit denen sich diese Fragen bestmöglich analysieren und vorausplanen lassen. Wie kürzlich in Davos zu hören war, wird das Klimarisiko eines der entscheidendsten Risiken für die Branche. Angesichts des derzeitigen Mangels an standardisierten Tools und Analysemethoden zeigt unsere Studie einige mögliche neue Wege für die Zukunft auf. Zur Entwicklung innovativer Tools zur Bewältigung von Transitionsrisiken oder physischen Risiken in Verbindung mit dem Klimawandel und zur Nutzung der mit diesen Risiken verbundenen Chancen in unserem gesamteuropäischen Portfolio arbeiten wir aktiv mit unseren Investorenkunden, Mietern, Experten, zuständigen Behörden und Regierungsstellen zusammen. Wir sind stolz auf unsere langfristig angelegte Zusammenarbeit mit unseren Kunden und unsere gemeinsamen Anstrengungen zur Verringerung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen durch den Einsatz innovativer Technologien, was bereits schon jetzt zu beachtlichen Erfolgen geführt hat. Im Rahmen unserer Studie wird deutlich, wie wichtig eine frühzeitige Beschäftigung mit künftigen Fragen, Innovation und die Zusammenarbeit mit neuen Interessengruppen sind.

(Kommentar von AEW, einer der weltweit größten Asset Manager für Immobilien)





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