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08.04.2020 Büromarkt: Münchens starker Jahresauftakt unter Corona-Vorbehalt

Verglichen mit den anderen deutschen Big 7 Städten hat München einen respektablen Jahresanfang erlebt. Die Auswirkungen der Corona-Krise spiegeln sich in den Ergebnissen des ersten Quartals bislang kaum. So legte der Investmentmarkt mit einem Gesamttransaktionsvolumen von knapp 1,5 Mrd. Euro nach einem verhaltenen Vorjahr um 123 Prozent zu. Es ist der stärkste Zuwachs unter den Big 7. Die Zahl der Abschlüsse hat sich im Jahresvergleich auf 35 mehr als verdoppelt. Der Bürovermietungsmarkt blieb hingegen moderate 6,2 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis zurück und schloss das Quartal mit einem Flächenumsatz von 184.000 m² ab. Alle Big 7 Städte gaben im Jahresvergleich teils deutlich nach, nur Düsseldorf lag mit minus 3,6 Prozent näher an seinem Vorjahresergebnis als die bayerische Landeshauptstadt.

Dr. Gunnar Gombert, Niederlassungsleiter München und Mitglied im JLL Strategy Board: „Die Folgen der Corona-Krise sind im Alltag der weltweit beliebten Tourismus- und Einkaufsstadt München deutlich spürbar. Wohn-, Büro- und Logistikimmobilienmärkte profitieren hingegen derzeit noch von ihrer hohen Resilienz. Vor der Krise lag die Nachfrage über dem Angebot, wer qualitativ und großflächig anmieten wollte, musste mehrere Jahre Bauzeit in Kauf nehmen. Bei einer Ausweitung der Krise über die aktuellen Szenarien hinaus, wird sich dies ändern. Zugleich wird vieles davon abhängen, wie sich die Wirtschaft weiterentwickelt. Hier kommt München zugute, dass sich in den vergangenen Jahren zukunftsfähige Geschäftsmodelle, wie internationale Technologiekonzerne angesiedelt haben, die gestärkt aus der Krise hervorgehen könnten.“

Investmentmarkt bietet Chancen für Investoren mit viel Eigenkapital

Mit 1,46 Mrd. Euro startet der Münchner Investmentmarkt gut in das Jahr 2020 und liegt mit diesem Ergebnis genau auf dem Fünfjahresschnitt der ersten Quartale. Unter den Big 7 bedeutet dies Rang vier hinter Berlin, Frankfurt und Hamburg.
Mit einem Anteil am Transaktionsvolumen von 39 Prozent hat Büro zwar wieder den Löwenanteil, doch folgt Living mit 31 Prozent in Sichtweite. Auf Rang drei der Nutzungsarten liegt Mischnutzung mit elf Prozent.

„Vermarktungen, die bereits weit fortgeschritten sind, werden strukturiert beendet. Es gab keinen Strömungsabriss und nach einer gewissen Orientierungsphase von rund drei Wochen, gehen die Investoren mittlerweile recht routiniert mit der Situation um. Jedoch wird genauer geprüft“, gibt Andreas Eichwald, Senior Team Leader Office Investment JLL München einen Überblick.

„Einige Akteure wollen zügig wieder investieren und vor allem diejenigen mit einer guten Eigenkapitaldeckung sind jetzt sehr weit vorne dabei“, sagt Eichwald.
Größte Transaktion zum Jahresbeginn war das „Impremium“-Paket, das sich die Deutsche Asset für ca. 300 Mio. Euro sicherte. Dahinter folgt die Allianz, die den Bertelsmann-Sitz für 214 Mio. Euro erwarb. Daneben gab es keine weiteren Großtransaktionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Allerdings gab es im mittleren Segment zwischen Januar und März viele Abschlüsse: Zwölf Transaktionen wurden zwischen 30 und 60 Mio. Euro registriert – im Gesamtwert von mehr als 520 Mio. Euro.

Core-Objekte sind gefragter denn je

„Bei den Topbüroobjekten hat sich das Bieterfeld etwas ausgedünnt. Zuletzt hatten klassische Core-Anleger auch mit Core-plus- und Value-Add-Akteuren konkurrieren müssen. Diese müssen aufgrund gestiegener Fremdkapitalkosten gute Ideen und Konzepte entwickeln, um mithalten zu können. Insbesondere, wenn Vor-Corona-Preise aufgerufen werden“, beschreibt Eichwald. „Nach wie vor gefragt sind Core-Büroobjekte, wo sich der alte Spruch Lage, Lage, Lage erneut bewahrheitet.“ Das bestätigte sich bereits im ersten Quartal, wo 70 Prozent Core gehandelt wurde. Auffällig war aber zugleich auch der Anteil der opportunistischen Transaktionen mit 20 Prozent – dem bundesweit höchsten Wert.

Auf Käuferseite waren im ersten Quartal vor allem Spezialfonds (27 %), Versicherungen (20 %) und Asset/Fonds Manager (18 %) aktiv. Auf Verkäuferseite dominierten hingegen die Asset/Fonds Manager mit 38 Prozent vor Corporates (27 %) und Entwicklern (16 %).
Der Anteil der deutschen Käufer dominierte mit 84 Prozent so hoch wie in keiner anderen Big 7 Stadt in Deutschland. Auf der Verkäuferseite war er mit 86 Prozent sogar noch höher, sodass die Bestände per saldo um 28 Mio. Euro nur marginal reduziert wurden.

„Die Beschaffung von Fremdkapital wird für viele Akteure herausfordernder als bislang. Entsprechend geringer fallen die Margen bei Investoren mit hohen Fremdkapitalquoten aus, wenn zugleich auch noch die Renditen auf ihrem niedrigen Stand verharren“, rechnet Eichwald vor. Vorerst tun sie das, denn die Büro-Spitzenrendite blieb konstant bei 2,80 Prozent. Zugleich geht Andreas Eichwald aber davon aus, dass der Markt im zweiten Halbjahr wieder deutlich Geschwindigkeit aufnehmen wird.

Bürovermietungsmarkt leidet vor allem unter Angebotsmangel

Mit 184.000 m² ist München auch im ersten Quartal 2020 die umsatzstärkste Stadt in Deutschland gewesen. Diese Summe liegt zwar 13 Prozent unter dem Mittelwert der vergangenen fünf Jahre, aber auch ein Prozent über dem Durchschnitt der jüngsten Dekade. Parallel zum leichten Rückgang beim Flächenumsatz ging auf Jahressicht auch die Anzahl der Abschlüsse um acht Prozent auf 172 zurück – weniger hat es in einem ersten Quartal seit zehn Jahren nicht gegeben. Das muss aber nicht zwingend etwas mit Corona zu tun haben, sondern noch stärker mit der sukzessiv schwächer werdenden Angebotsseite.

Fritz Maier-Hartmann, Senior Team Leader Office Leasing JLL München: „Der Büromarkt in München ist nah an der Vollvermietung. Und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Die Nachfrage ist extrem groß und deshalb sind große Nutzer praktisch gezwungen, weiterhin Flächen nachzufragen. Wer jetzt bremst, fällt aus dem System. Deshalb machen vor allem internationale Konzerne, die ihre strategische Expansion auf zehn bis 15 Jahre ausrichten und bereits Großgesuche im Markt haben, aktuell einfach weiter. Es ist absehbar, dass sich Bauvorhaben verzögern werden. Deshalb sind suchende Unternehmen jetzt gefordert. In einem Markt mit sieben Prozent Leerstand und mehr, könnte man abwarten. Nicht aber in München.“

Derzeit liegt die Leerstandsquote bei 2,4 Prozent. Das ist leicht über dem Wert zum Jahreswechsel und hängt mit einem Anstieg der Untermietflächen auf 57.000 m² zusammen. Das ist der höchste Wert seit 2014. „Teilmärkte wie Arabellapark, Innenstadt und Westend haben praktisch keine verfügbaren Flächen. Wer moderne Großflächen sucht, wird hier auf absehbare Zeit nicht fündig werden“, sagt Fritz Maier-Hartmann.

Die beiden größten Anmietungen entfallen auf den Teilmarkt Osten

In den ersten drei Monaten des Jahres gab es zwei Anmietungen im fünfstelligen Bereich: Klarer Spitzenreiter war KPMG mit 31.000 m² im Werksviertel. Erst mit weitem Abstand folgt ein Finanzdienstleister mit knapp 11.000 m² in der „Macherei“. Damit entfallen die beiden größten Abschlüsse auf den Teilmarkt Osten, der mit 18 Abschlüssen mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes beisteuert. Auf Rang drei der größten Deals folgt schließlich die AKKA GmbH mit 7.800 m² in der Taunusstraße im Teilmarkt Norden. Knapp dahinter die Stadt München im Paseo Carré und die M 64 GmbH im Windsor – beide mit jeweils 7.500 m².

Mit Abstand größter Nachfrager waren die unternehmensbezogenen Dienstleister mit 57.000 m² und einem Anteil von knapp 31 Prozent. Weniger als die Hälfte dessen erzielten die zweitplatzierten Banken und Finanzdienstleister mit knapp 28.000 m² vor der öffentlichen Verwaltung mit rund 26.000 m².

Büro-Fertigstellungen kommen nicht auf dem freien Markt an

„Zwar wird in München gebaut, doch kommen die Flächen nicht im Markt an“, bringt Fritz Maier-Hartmann die Lage der Entwicklerseite auf den Punkt. Von den im ersten Quartal fertiggestellten 59.000 m² war kein Quadratmeter mehr verfügbar. Dazu zählten das Qubes mit 23.400 m² im Olympiapark sowie das „M8 – work & create“ mit 16.400 m² im Osten. Die meiste Bürofläche wird derzeit im Osten (247.0
00 m²) und im Norden (224.000 m²) errichtet. Insgesamt sind 930.000 m² im Bau.
Die Bürospitzenmiete liegt konstant bei 41,00 Euro, während die gewichtete Durchschnittsmiete binnen eines Jahres von 19,13 Euro auf 21,50 Euro stieg. „Derzeit muss man abwarten und beobachten, in welchem Tempo sich der Markt weiterentwickelt. Insofern ist eine seriöse Prognose für das Jahresende derzeit nicht möglich“, stellt Fritz Maier-Hartmann fest.

Auch ohne Prognosen ist es aber wichtig, sich konkret mit der Zukunft zu befassen: „Spürbare gesellschaftliche und wirtschaftlichen Auswirkungen durch COVID-19 sind auch in München abzusehen. Lebens- und Arbeitsweisen werden sich verändern, was möglicherweise zu neuen Arbeits- und Lebensmodellen führen kann. COVID-19 könnte sich dann als Katalysator erweisen“, sagt Dr. Gunnar Gombert. Konkret könnte dies bedeuten: Mehr Fernarbeit, Anpassungen im Einzelhandel durch Normalisierung des Online-Handels auch bei Lebensmitteln, De-Globalisierung der Lieferketten, verstärkt nachhaltiges Verhalten und Integration von Technologie bedeuten. „Trotz oder gerade durch COVID-19, werden langfristig Immobilien zu einer noch wichtigere Anlageklasse. Der Münchner Immobilienmarkt besitzt langfristiges und resilientes Wachstumspotenzial, um als internationaler Investitionsstandort für Immobilien zu dienen“, fügt Dr. Gunnar Gombert hinzu.





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