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14.05.2020 Münchener Flächenmangel droht Verschärfung durch Entwicklerkrise

Die Corona-Krise wird voraussichtlich auch langfristig Auswirkungen auf die Flächenversorgung in Deutschland haben, so dass auch im sonst so resilienten München das derzeit knappe Flächenangebot weniger wachsen könnte als bisher geplant. Denn laut Ergebnissen des bundesweiten „JLL-Thermometer“ gehen 67 Prozent von 77 befragten Projektentwicklern davon aus, dass die gegenwärtige Krise die Zahl der Baugesellschaften in Deutschland stark dezimieren wird.

Dr. Gunnar Gombert, Mitglied im JLL Strategy Board Germany und Niederlassungsleiter JLL München: „Das Selbstbild der Entwicklerszene lässt eine starke Marktbereinigung durch Konsolidierung der Branche erwarten. Sollte sich dies bewahrheiten, wird dies in den Big 7 Städten, also auch in München, dafür sorgen, dass sich die Bauaktivitäten deutlich reduzieren.“

Entwickler gehen ebenso davon aus, dass es künftig schwieriger wird, Fremdkapital für Neubauten zu beschaffen. „Wenig Gefahr droht den Bauherren, die über eine solide Kapitaldecke oder ein risikoreduziertes Produkt verfügen. Andere könnten zu frühzeitigen Verkäufen sowie zur Suche nach neuen Kapitalgebern oder Partnerschaften gezwungen werden. Das könnte für gut ausgestattete Investoren außergewöhnliche Möglichkeiten bieten,“ ergänzt Gombert.

Zugleich dürfte es zeitliche Verzögerungen bei laufenden Bauprojekten geben. 59 Prozent der Entwickler rechnen damit, dass sich eigene Bauvorhaben um bis zu sechs Monate verzögern, jeder zehnte Befragte rechnet sogar mit noch längeren Verzögerungen. Das trifft auch den Münchener Büroimmobilienmarkt mit seinem derzeit hohen Bauvolumen von knapp 930.000 m².

Einige Münchener Bauträger und Entwickler berichten von längeren Wertschöpfungsprozessen, auch etwa bei der Baurechtschaffung, Planung oder bei den Bauabläufen. Sie befürchten auch, dass durch diese zeitlichen Verzögerungen Übergabetermine möglicherweise nicht gehalten werden können, so dass empfindliche Vertragsstrafen drohen. „Das betrifft nicht nur spekulative, sondern auch bereits vermietete Entwicklungen. Nutzer müssten möglicherweise kurzfristige Verlängerungen im Bestand oder gar Übergangslösungen kalkulieren. Bei der sogenannten Long-Stop-Problematik könnte ein Einfrieren der Fristen den Entwicklern unter die Arme greifen“, so Gombert.

Am Beispiel Münchens, dem drittgrößten Büromarkt Europas, wird das Ausmaß greifbar: Aktuell liegt die Leerstandsquote bei 2,4 Prozent für das Marktgebiet. Die Innenstadt selbst hat indes kaum verfügbare Flächen. Entlastung ist kaum zu erwarten, da Flächen frühzeitig vergeben sind: In den ersten drei Monaten des Jahres wurden zwar 59.000 m² Bürofläche fertiggestellt, doch waren diese bereits langfristig vergeben. Bislang wurden weitere Fertigstellungen mit insgesamt 290.000 m² für das laufende Jahr prognostiziert – davon nur 14 Prozent verfügbar. Für 2021 und 2022 sind es insgesamt sogar 875.000 m². Entwickler dieser Flächen suchen aber noch für knapp 60 Prozent einen Mieter.

„Auf der einen Seite könnte eine mögliche Entwicklerkrise das Münchener Büroflächenangebot weiter verschärfen, sollten Nachfrage und Bedarf nicht langfristig nachgeben. Auf der anderen Seite ist die derzeitige Entwicklungs-Pipeline allein bis 2022 so gut gefüllt, dass sie für knapp sechs Prozent Büroflächenwachstum im gesamten Münchener Marktgebiet sorgen würde“, sagt Dr. Gunnar Gombert. Die Stimmung im Markt scheint durchwachsen. Durchfinanzierte Projekte mit zukunftsfähigen Lagen werden auch derzeit weiter mit Elan vorangetrieben. Auch die Verdichtung nach oben in Form von Hochhäusern ist weiterhin ein Thema und wird fokussiert.

Jedoch geht derweil rund ein Drittel von 185 befragten Nutzern aus allen Branchen davon aus, dass die Krise Auswirkungen auf ihren Flächenbedarf haben wird. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist kurzfristig ein Rückgang spekulativer Projekte zu erwarten. Nutzer sind aktuell nicht nur zurückhaltender und analysieren das Geschehen, sondern einige beginnen bereits, ihre Flächensituation, etwa durch Untermietverträge oder Flächenrückgaben, zu optimieren“, erklärt Gombert.

Ob es mittelfristig zu einem Gleichgewicht aus reduziertem Flächenbedarf und geringerem Fertigstellungsvolumen kommen oder einer der beiden Faktoren gar überwiegen wird, kann derzeit nicht prognostiziert werden. „Schwierig wird die Lage vor allem für internationale Konzerne, die sich in München ansiedeln oder erweitern möchten, allerdings große, moderne Flächen nur in Projektentwicklungen finden und auf deren Fertigstellung angewiesen sind“, beschreibt Gombert die aktuelle Lage.









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